Monatsarchive: September 2009

Ich habe mich mit meinem lieben Freund Clayton getroffen, mit dem mich viel verbindet. Beispielsweise haben wir beide Beziehungen hinter uns, in denen es unseren Partnerinnen und auch uns so vorkam. als hätten Clayton und ich Beziehungen nicht so drauf. Bindung, das merkten wir, fällt uns eher schwer, wir haben schnell das Gefühl, uns zu verbiegen und brauchen viel Freiraum.

Das zumindest ist die dominante Geschichte, die für unser Seelenleben zur Verfügung steht.

Clayton hat jetzt eine gegenteilige Erfahrung gemacht, die ihm zeigte: Wenn die Partnerin mich nicht mehr spürt, muss das nicht daran liegen, dass ich den Kontakt habe abreißen lassen. Es kann auch daran liegen, dass sie den Kontakt verloren hat.

Und da fiel ihm auf, was auch außerhalb dieser ganz speziellen Situation wahr ist: Das ist dann ihr Ding. Es ist ihr Gefühl von allein-gelassen-sein. Dieses Gefühl lässt sie rausfallen, nicht sein Verhalten. Er war gar nicht aus dem Kontakt getreten: Sie hat ihn nicht mehr spüren können. es ist, wenn überhaupt, ihr Versäumnis, oder besser: Ihr Thema (wie Clayton mir per Mail noch schreibt, ist das natürlich nicht trennbar, sondern ist auch ein gemeinsamer Prozess, der zwischen zwei Menschen stattfindet. Essentiell ist vor allem: Es ist nicht mein Versäumnis, nicht meine Schuld).

Damit konnte ich viel anfangen. Ich würde beispielsweise Cullawine nie vorwerfen, sie hätte mich eingeengt oder mir Schuldgefühle gemacht. Ich war es, der Enge und Schuld erlebt hat, und die Beschäftigung damit, warum ich das empfinde, hat mich viel verstehen lassen über mich. Im Grunde ist es nur der umgekehrte Schuh, dass auch ihre Gefühle von verlassen-werden, nicht vertrauen können, eigentlich ihre Gefühle sind (und wie so oft denke ich wieder an den weisen Satz: “Own your feelings“).

Damit löst sich auch ein Teil der Schuld auf, was natürlich gut ist. Nach dieser Variante habe ich kein Bindungsproblem. Clayton hat es so ausgedrückt: Die Basis, auf der wir in Kontakt stehen mit unseren Liebsten ist eben ziemlich freistehend. Unser Vertrauen in die Liebe wird nicht erschüttert, nur weil man sich nicht sieht, sich nicht hört oder so etwas.

Wir haben überhaupt kein Problem, in Kontakt zu sein.

Natürlich (wichtig!) haben wir Probleme, die augenscheinnlich werden, sobald wir in Beziehung treten. Ich beispielsweise habe ein Schuld-/Verantwortungs-Thema. Aber das ist kein Bindungsproblem, das ist ein Schuld-Problem, genau wie es beispielsweise Sicherheits- oder Vertrauensprobleme  gibt, die Menschen dazu bringen, den Kontakt zu verlieren.

Und plötzlich sind alle gleich kaputt. Da begegnet man sich dann plötzlich auf Augenhöhe.

Gelegentlich, eigentlich sogar oft, teilte ich aufregende Nächte mit Menschen, und aus irgendwelchen Gründen gab es Beschränkungen: Ich war in einer Beziehung. Sie war in einer Beziehung. Oder einer von uns war gerade sehr mit sich selbst beschäftigt. Wir waren befreundet. Wir wohnten zusammen. Ganz oft ist irgendwas, wodurch man nicht gänzlich frei ist.

Vorhin fiel mir auf: Es ist weder oft noch gelegentlich, es ist ausnahmslos. Sex unterliegt Beschränkungen, oder besser: Wir legen unserem Sex Beschränkungen auf.

Ich musste daran denken, wie ich nach meinem Studium sehr bewusst entschieden habe: Ab jetzt wird nicht mehr nur “der nächste Schritt” im Lebensllauf abgehakt, jetzt guck ich mal gerade, was ich will. Nicht “nach dem Zivi/ dem Diplom/ der Probezeit bin ich endlich frei” sondern: “Ich bin frei. Genau jetzt.” Aus diesem Geist heraus habe ich mich selbständig gemacht, was viele tollkühn bis dumm fanden, und es war eine der besten Sachen, die ich je gemacht habe.

Beim Sex, ahne ich, wird etwas ähnliches stattfinden. Nicht “bald mal jemand ohne Beziehung/ ohne Komplexe/ wo ich mich sicherer fühle”, sondern “Ich bin frei. Genau jetzt”. Diese ganzen Beschränkungen sind Einengung, Unsicherheit, sind lauter Kram, der einem eben das Leben schwer macht.

Jetzt nur noch trauen.