29.12.2009 17:13
2 Kommentare »
Allgemein

Es ärgert mich oft, wenn ich nach dem Warum für mein Handeln gefragt werde, und ich hab mir mal genauer angeschaut, warum.

Mir widerfährt das relativ oft:
Du, ich glaub ich hab keine Lust mehr zu spielen. – Wieso das denn?
Ich fahr jetzt. – Och, warum denn?
Wegen heute abend… ich hab leider doch keine Lust, ich muss absagen. – Echt, wie kommt das?

Aber in den meisten Fällen macht diese Nachfrage gar keinen Sinn.
Ich bin das Ende der Kausalkette meines eigenen Handels. Ich bin das sine qua non meiner Entscheidungen. Danach kommt nichts mehr. Danach muss auch gar nichts mehr kommen. Es ist eine ganz verrückte Idee, dass die eigenen Bedürfnisse eine Erklärung brauchen, um anerkannt zu werden. Das führt zu so viel Verwirrung und Leid. Wenn man als Junge auf Jungs steht, und gar nicht weiß warum. Wenn man nicht gern telefoniert. Wenn man keine Erdbeeren mag. Wieso das denn, wieso das denn, wieso das denn? Aber da gibt es kein Wieso, da gibt es nur ein “Ich”, das empfindet.

Kleiner Exkurs: Auch in der Psychologie gibt es Tendenzen, alles erklären zu wollen: Es liegt an der Kindheit, es liegt am Trauma, es liegt an der Lerngeschichte, es liegt am Vater, es liegt am Konflikt, es liegt an den Anderen, es liegt an den Genen. Und das mag als Theorie noch nichtmal uninteressant sein, aber auf individueller Ebene liegt es nicht an irgend etwas, es liegt einfach.

Und ich glaube, es stört mich, weil es eine Norm etabliert. Ganz viele Sachen werden nämlich nicht hinterfragt, und dadurch werden 2 Schubladen aufgemacht: So ist gut, so ist doof und erklärungsbedürftig. Kein Mensch fragt Fragen wie “Echt, ihr seid immer noch verheiratet? Warum das denn?” oder “Wirklich, dir gefällt BDSM nicht? Woran liegt das?”. Und damit ist die Nachfrage “Warum?” eigentlich ein Indikater einer Bewertung: Du bist gerade nicht normal. Du bist komisch. So solltest du nicht sein. Das ist schlecht, was du da empfindest.

Genau dagegen müssen wir uns alle wehren. Die Realität ist nicht gut oder schlecht. Sie ist einfach.

Das gilt, solange wir niemandem weh tun, für jeden einzelnen von uns.

2 Kommentare zu “Die Diktatur des Warum.”

  1. j. sagt:

    Und falls jemand weiß, woher das Zitat mit der Realität kommt, bin ich sehr dankbar, ich weiß es nämlich nicht mehr…

  2. ben_ sagt:

    *kicher*

    Der letzte, wieder einschränkende Satz ist lustig.

    Grundsätzlich bin ich ja geneigt, Dir zuzustimmen. Die Leute reden zuviel, stecken ihne Nase in die Dinge anderer Leute und sind schlich unhöflich. Gerade in diesem Zeiten wird die Höflichkeit immer wichtiger. Dann kann auch jeder machen was er will.

    Aber, erstens, Dein Handeln ist keine Kausalkette. Handeln hat nur Gründe aber keine Ursachen. Das ist vielleich sogar schon der Grund, aus dem die Frage nachdem “Warum” so spannend ist, weil man es nicht erkennen kann.
    Wenn es regnet brauche ich nicht fragen, warum die Straße nass ist. Ich kann es sehen.

    Ich finde aber, die Beispiele, die Du bringst sind sehr unterschiedlich. Inutitiv würde ich bei einer Reihe von denen sagen, dass es legitim ist, nach einem “Warum” zu fragen. Zum Teil auch aus Höflichkeit, zum Teil aus dem Drang, das Gegenüber verstehen zu wollen. Und Deine Verknüpfung von Norm vs. abweichendem Verhalten mit “gut” und “doof”, resp. einer Bewertung, halte ich auch für fahrlässig. Da unterstellst Du dem Fragenden ein Urteil, das er wohlmöglich gar nicht fällt. Denn auch Sein Handeln kennt keine Ursachen sondern nur Gründe, die nicht zwingend mit Folgen verknüpfbar sind.

Kommentieren