09.10.2005 13:17
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Allgemein

Gestern war ich auf einem Konzert mit vorausgegangener “Diskussionsrunde”. Freunde der Grammatik bemerken sofort die unpassenden Anführungszeichen, aber halt!
Es war nämlich keine Diskussion – im Grunde haben 5 Gleichgesinnte eine Bühne organisiert und über Deutschland geredet, darüber, dass Pop sich stärker nationalisiert, und das man das natürlich nicht mit “hartem” Nationalismus vergleichen könnte, aber wir lassen beides mal so im Raum stehen.
Und wer sich mit dem Begriff der “Nation” arrangiert, arrangiert sich auch mit dem Völkermord. So diese Schiene.

Alles in allem halt dieser Linksdünkel, der so allgemein und diffus ist, dass einem jeder Widerspruch gleich als Faschismus angelastet werden kann.
Ich habe natürlich dennoch widersprochen, ich bin grad in Frankfurt, mich kennt hier eh keiner.

Soweit die unheilige Vorgeschichte.

Eigentlich soll es hier aber um Musik gehen. Mir fällt nämlich oft auf, dass linke Musikfreunde, nein, eigentlich sogar linke “Musikfreunde” mit Musik eigentlich auch ein bisschen faschistisch umgehen.

Halt, Gang zurück. Eins will ich vorwegschicken. Jeder darf Musik genießen wie er mag. Mitsingen ist klasse, Lieder wiedererkennen ist klasse, das ist alles in Ordnung. Man findet sogar hirnphysiologische Reaktionen bei bekannten Melodien, das ist völlig normal.
Ich will nur werben für einen anderen Umgang damit, weil Musik eben mehr ist, zumindest mehr sein kann, als “Hey, cool, das kenn ich” oder “Die CD hab ich” oder sogar “Die CD hatte ich schon ’96″,

Ich meine, da passiert doch was auf der Bühne, bei jeder Musik. Von barockster Mucke zu neudeutschestem Pop, irgendwas geschieht da, hinter jedem Instrument steckt ein Mensch, der dieses Etwas fühlt, sich einschwingt, auf die anderen Menschen und ihre Musik, und jede Musik birgt etwas der Menschen.
Da find ich’s irgendwie befremdlich, wenn dann alle auf dem Boden sitzenbleiben und sich kein bisschen drauf einlassen, dass da gerade was passiert, vielleicht ungewöhnlich, auf jeden Fall aber halt Musik. Musik erzählt manchmal Geschichten, macht Scherze, zeigt Widersprüche in sich, macht Mut, macht traurig, was weiß ich alles…

Aber Nein, wir tanzen nur zu dem, was wir kennen, beginnen zu feiern, wenn Markus Wiebusch nur den nächsten Song ansagt. So viel Jubel kriegt die Vorband nichtmal nach einer Stunde Vorspiel.
Ich meine, da läuft doch was falsch, gerade wenn das so linksalternative (leider, zumindest gestern, nur mittelmäßig reflektierte) Kids sind, die immer Akzeptanz und Offenheit predigen, die dann aber nur für die eine Band, die sie halt kennen, die sie (als CD) besitzen, jubeln.
Das ist doch auch nicht anders, als CDU zu wählen, weil man das eben immer gemacht hat, oder Ausländer scheiße zu finden, weil die früher nicht hier waren, oder dem Kapital nachzulaufen, weil man halt viel davon hat.

Musikfaschisten, hat unsere Schlagzeugerin das mal genannt. Alle wegen der gleichen Band da, der Anführerband, alle durch die Band-Shirts uniformiert, und wehe man sagt was dagegen.
Aber vorher noch Deutschland verrecke in neue Zeilen gießen und Popnationalismus beschwören.

Diskutieren oder Thematisieren hätte ich echt spannend gefunden, Pop ist mächtig, und Nation ist in der Tat wie Gender ein Konstrukt, nicht mehr, aber eine Beschwörung, die nur gutheißt, wer eh schon der gleichen Meinung ist…
das stößt mir übel auf.

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