Monatsarchive: September 2005

30.09.2005 0:49
0 Kommentare »
Allgemein

So viele Leute! Irgendwas muss passiert sein, im letzten Septemberdrittel kommen total viele Leute hier vorbei…

Ich dachte ich schreib bei der Gelegenheit nochmal einen Link zur Einleitung, wo ein paar Artikel stehen, von denen ich aus irgendeinem Grund denke, damit kann man gut anfangen zu lesen…

Zum Anderen dachte ich mir, dass unter diesen vielen Leuten ja sicher welche sind, die interessiert, wie ich das hier alles meine, wie das gehen soll, und dass ich ja auch eigentlich gern erkläre, was ich verstanden zu haben glaube.
Und dachte deswegen daran, wie ich mit einer Freundin sprach, die zwei Männer liebte, und meines Wissens nach immer noch liebt, und die das schwer fand. Und daran, dass ich ihr gesagt habe, was ich auch Powergirl letztens gesagt habe, und was mal echt ganz schön entscheidend ist.

Freies Lieben, so ist mir in letzter Zeit nochmal sehr deutlich geworden, fängt bei einem selber an.
Für Freiheit kann man sich nur allein entscheiden. Man kann Freiheit nicht geschenkt bekommen, man kann nicht darum bitten, man kann sie sich nur nehmen.
Glaube ich.

Und diese Entscheidung hat zuallererst damit zu tun, ob man sich selbst erlaubt, mehrere Menschen zu lieben.
Erst eine ganze Weile später muss man sich Gedanken darüber machen, was der Partner davon hält, wenn es einen gibt, wie man eine Beziehung gestalten will und all das.

Und es ist halt nicht wirklich frei, wenn man die Entscheidung dazu von einem Partner abhängig macht.
“Ich würde ja gern freies Lieben mache, ich liebe auch sehr viel, aber mein Freund will da nicht mitmachen.”
Das finde ich okay. Es muss ja niemand freie Liebe machen. Aber dann sollte man sich das klarmachen: Man ist dann nicht frei. Man ist nicht “unbedingt”. Man hat sich entschieden, der Entscheidung des Partners zu folgen, hat sich mit ihm verbunden.
Das ist okay, das kann sicher unglaublich schön sein, aber das ist in meinen Augen kein freies Lieben.

Dabei geht es erstmal nur um sich selbst.
Was auch so schon schwer genug ist.
Und was auch nicht heißen soll, dass man egoistisch ist – aber die Liebe für andere in sich selbst zuzulassen, das macht man mit sich aus.
So wie es halt auch authentischer scheint, wenn jemand sagt, er sei schwul, wenn er nicht gerade von seiner Freundin verlassen wurde, und der schwule Kumpel klingelt schon an. Das fühlt sich irgendwie richtiger an, wenn man das in sich entscheidet, nicht in Umständen.

Im Übrigen weiß ich auch nicht, warum ich in den letzten Tagen so arg streng bin… komisch…

29.09.2005 21:00
0 Kommentare »
Allgemein

Noch als Nachtrag zu den Gedanken über Minderheiten, vor allem dazu, dass ich wirklich, wirklich, völlig von den Dingen überzeugt bin (daran glaube, wie 3und20 richtig sagt, eben leider nichts weiß – aber ich hab feine Argumente! Glaub ich.).

Ich kann mir beim exklusiven Lieben mittlerweile nicht mal mehr vorstellen, wieso das so sein soll…
Mir fällt keine Antwort ein, die ich auf die Frage hören könnte “Warum fändest du es schlimm, wenn ich deine Freundin küsse?”.
Gut, sicher, dann käme “Weil ich dann eifersüchtig werde”.
Ja, klar.
Und dann?
Warum ist das so schlimm? Wenn meine Liebsten mit 150 auf der Autobahn fahren und Regen einsetzt, dann habe ich Angst. Klar. Wenn meine Liebsten wen anders küssen, dann bin ich eifersüchtig.
Aber wenn sie eben von A nach B oder eben fremde Lippen wollen…
Das geht ja auch wieder vorbei. Irgendwann sind sie wieder in A, dann freue ich mich, irgendwann küssen sie wieder meine Lippen, dann freue ich mich auch. Ich muss dabei an die Idee der Eifersuchtshierarchie denken…

Ich weiß, ich weiß, da bin ich offensichtlich ein bisschen borniert. Aber wenn jemand eine Antwort kennt, die über “Weil ich eifersüchtig wäre” hinausgeht wäre ich sehr gespannt, sie zu hören. Ich verspreche hiermit auch, sie nicht auseinander zu nehmen. Außer ich soll.

29.09.2005 19:43
0 Kommentare »
Allgemein

Diesen Satz hat Larry Niven in seinem ersten Ringworld-Roman einem der Protagonisten in den Mund geschrieben, einem “Puppeteer”.
Die Mehrheit ist immer geistig gesund.
Die Puppeteers sind eine Rasse von Feiglingen, zumindest nach menschlichen Maßstäben. Nessus aber, der besagte Protagonist, hat Mut. Er gilt unter seinesgleichen als geisteskrank. Sein menschlicher Begleiter findet das seltsam. Mut ist doch gut! Aber naja:
The majority is always sane.

Ich habe da heute morgen drüber nachgedacht. Dass das stimmt, ist sicher richtig. Häufig gleich normal. Interessant ist aber, dass man sich als Minderheit auch dementsprechend verhält.
Ich kenne das vom Vegetarismus. Ich halte es für ethisch falsch, Tiere zu essen. Die Massentierhaltungs-Diskussion ist davon sogar unabhängig, egal wie ein Tier gehalten wird, ich finde es wirklich falsch.
Würde ich an Gott glauben, würde ich sagen, die Leute, die das machen, kommen in die Hölle.
Nachdem in in den ersten paar Jahren auch versucht habe, Leute vom Vegetarismus zu überzeugen, habe ich es irgendwann gelassen. Gestehe der Mehrheit irgendwie zu, dass sie mehr Recht hat als ich, irgendwie. Und sage jetzt, ethische Entscheidungen muss jeder für sich treffen.
Eigentlich ist das aber Unfug. Es gibt durchaus ethische Grundsätze, die Menschsein ausmachen. Niemandem wehtun. Schwächeren helfen. Aber das ist halt nur verbindlich, wenn die Mehrheit das so sieht. Also schweigt man, wenn die Mehrheit das anders sieht als man selber.

Mit dem freien Lieben, mit polyamory ist es ähnlich. Eigentlich glaube ich daran, bin fest überzeugt, dass Freiheit die Menschen glücklich macht. Dass sie mehr finden werden in der Liebe, wenn sie keine Abhängigkeit dabei haben. Dass es irrsinnig ist, Liebe als Gut zu behandeln, als begrenzte Ressource, die ich nur bestimmten Menschen gebe, und die auch für mich bitte reserviert sein soll.
Ich finde das echt bekloppt.

But the majority is always sane. Darum darf jeder von mir erwarten, dass ich da Respekt habe. Iss Fleisch, liebe exklusiv. Versuche, zu überzeugen, werden schnell als Extremismus ausgelegt, beim Vegetarismus und beim Anders Lieben.
Aber nur in die eine Richtung. Die Mehrheiten dürfen schonmal härter argumentieren. Wir haben doch immer schon Fleisch gegessen. Monogamie ist eben die bessere Überlebensstrategie.
Und für Akzeptanz muss man als Minderheit kämpfen. Schwule und Lesben genau wie Vegetarier genau wie Asexuelle (ganz aktuell) genau wie Polys.

Komisch eigentlich. Respekt finde ich gut, Verschiedenheit finde ich auch gut, aber irgendwie gibt es da ein Ungleichgewicht, wie doll man zu seinen Ansichten stehen darf, je nachdem, ob man viele ist oder wenige.

PS: Mir scheint, was ich meine, wird im obigen Text nicht komplett deutlich – ich habe soeben mit 3und20 noch lange drüber gequatscht. Quintessenz des Gesprächs ist (wie so oft) ein Mittelweg. Verschiedene Ansichten sind gut, haben mit Freiheit zu tun, und niemand kennt die reine Wahrheit. Aber ein Suchen nach dieser reinen Wahrheit muss nunmal über ein Reiben der unterschiedlichen Wahrheiten aneinander erfolgen, über Diskurs, und da fehlt den Minderheiten vielleicht manchmal der nötige Pfeffer. Vielleicht ist das klarer…

29.09.2005 0:40
0 Kommentare »
Allgemein

Ich wundere mich manchmal eigentlich doch, dass das alles so klappt. Aber wenn das Ziel klar ist, ist der Weg dahin allenfalls lang, aber nicht so recht schwierig. Zumindest ist das oft so.

Zumindest ist das jetzt gerade so mit Powergirl. Verstanden, dass sie sich für ihre Beziehung entschieden hat, dass sie da ganz intensiv liebt, habe ich schon vor einer Weile.
Verstanden, dass ich ihr da viel Erfolg bei wünschen sollte, erst vor kurzem.
Und heute abend konnte ich ihr sogar helfen, dass es ein klein wenig besser läuft zwischen den beiden. Oder erstmal in ihr, der Rest folgte dann aus ihr.

Das ist dann wohl Kompersion, was ich gerade fühle. Oder halt einfach doch Liebe. Weil man dann nichts haben will, nichts nehmen will, und auch nicht, das finde ich kitschtig, unbedingt geben will, man will einfach, dass es dem anderen gut geht.
Wenn man sich da erst drauf einlässt, ist es gar nicht mehr so schwer.

Ich musste zwar erst verstehen, dass sie ein Recht darauf hat, anders zu lieben als ich, aber jetzt geht es ganz gut.

28.09.2005 20:23
0 Kommentare »
Allgemein

Soeben telefonierte ich lange mit Marveille, und unter anderem sprach ich über die ganz vielleicht stattfindende Lesung in Frankfurt. Dass es mich freuen würde, aus dem Blog zu lesen, dass es mich freuen würde, das gemeinsam mit Bandini zu tun, ihn kennenzulernen.

Ich erzählte ihr, dass ich noch nicht so recht wüsste, wie Bandini das so sähe, ich mich nicht so recht des Eindrucks erwehren könnte, er hielte nicht viel vom freien Lieben, fände mich insgesamt eher ein bisschen komisch. Was er ja darf.

Genau aus diesen Gründen, so sagte ich ihr, fände ich es aber total spannend, das zu machen, und eventuell eine Schnittmenge zu finden. Denn Bandini spricht sehr oft über etwas, das ich die “Kleine Liebe” nennen wollen würde.

Die große Liebe ist jedem geläufig. Sie ist diese Riesensache, die uns Hollywood verspricht, und die in manchen Fällen auch wirklich aufgeht, unendlich großes Glück zu zweit, ineinander aufgehen.

Als kleine Liebe möchte ich jene Momente bezeichnen, die einfach geschehen, sogar oft, ständig geschehen, und voller Liebe sind.
Aus der Tür treten und einen Sonnenstrahl abkriegen, das Gesicht dabei verziehen und im Anschluss das Lächeln des unbekannten Menschen sehen, der einen dabei beobachtete.
Mit jemandem im Bett liegen, und die Köpfe aneinander legen, weil es nichts zu sagen gibt.
Ein Kind im Arm halten.
Telephonieren und nachher den Hörer küssen.
Nach einem langen, anstrengenden Tag gemeinsam eine Flasche Wasser leeren, während man immer noch schwitzt.

Neuseeländische Merinoschafe.
Solche Sachen.

Die mag ich sehr, die sind für mich ein großer Teil von freiem Lieben (weil man eben frei ist, all jene Situationen Liebe zu nennen, sie als Liebe zu erfahren, Liebe zu sich, zur Welt, und eben auch zu allen Anwesenden), und solche Sachen beschreibt auch Bandini oft.
Noch öfter beschrieb er sie, als sein Blog noch “Bandinis erste Male” hieß, und er mit ausgesprochen liebevollem Blick Situationen seines Lebens in die Gewänder der Premiere hüllte.

Aber natürlich heißt freies Lieben auch, dass Bandini sich aussuchen darf, mit wem er sein Wochenende verbringt (und ich meine das ohne jeden kritischen Unterton), und dass ich versuche, ohne Erwartungen an diese Sache ranzugehen.
Aber auch jener Abend hätte die Chance, die kleine Liebe zu sein. Ich hätte immer noch Lust.

27.09.2005 2:05
0 Kommentare »
Allgemein

3und20 überschreibt ihre Einträge momentan immer mit Verben, das finde ich hübsch, und will es ihr heute gleich tun.
Bandini fragt an, ob jemand zur Buchmesse in Frankfurt sein wird, und sondiert Blogtreffen sowie Lesung.

Nun bin ich ja doch recht egozentrisch, wenn ich mal ehrlich bin, stehe gern im Mittelpunkt, tue gern Dinge, bei denen ich das Gefühl habe sie sind wichtig und mag Publikum. Ich spiel ja auch in ner Band, und der geilste Moment war, als wir Vorband für was Größeres waren, ich dann bei dem Größeren stagediven wollte, und auf den Gesichtern der Leute, die mich fangen würden, sah, dass sie mich erkannten. Ich weiß, das grenzt an Profilneurose, aber es war geil!
Ich kann sogar besser rumhängen, wenn noch jemand da ist, weiß aber nicht, ob das der Publikumseffekt ist oder was anderes.

Jedenfalls finde ich es ja ganz dufte, mir vorzustellen ich würde etwas aus dem Blog vorlesen. Einmal aus obigen Profilgründen. Einmal auch, weil es schön wäre, mal öffentlich damit zu sein – meine Geheimhaltung des Blogs bröckelt zwar an allen Ecken und Kanten, aber irgendwie fühlt es sich trotzdem sehr privat an.
Und noch einmal auch, weil so ein Gespräch entstehen kann; nach anfänglichen Bedenken bin ich ja mittlerweile auch sehr froh über die Kommentarfunktion, und so eine Vorleserei ist sicher nochmal mehr Diskussionsgrundlage.

Und zu guter letzt war einfach auch das erste Blogtreffen ziemlich super! Selbst wenn die Lesung nichts wird, wäre ein Blogtreffen cool – und weil es ein Blogtreffen wäre, bei dem sich nicht alle eh schon gegenseitig läsen, wäre es gleichzeitig bestimmt auch Leserei.

Das fände ich schon ganz gut… ich fühl mich doch so gern literat!

25.09.2005 11:51
0 Kommentare »
Allgemein

Eifersucht ist ja bekanntermaßen der Feind. Zumindest wenn man nicht daran glaubt, dass sie ein Liebesbeweis ist (was ich nicht tue, aber mal so gar nicht), ist sie eigentlich blöd und niemand hat was davon.

Dennoch habe ich bei mir selber oft bemerkt, wie ich reagierte auf Freundinnen von mir, die eine Beziehung anfingen. Dann hatte ich immer Angst, dass sich etwas verändert zwischen uns, eine Angst, die erst nachlässt, sobald ich merke wie alles bleibt wie bisher.
Ein bisschen eifersüchtig ist auch das, und ich fand es immer doof. Ich wollte mich doch lieber freuen für besagte Freundinnen. Immerhin hatte ich diese Reaktion von mir bewusst, und konnte so einfach immer abwarten, dass sie vergeht. Zumindest wenn alles so bleibt.

Gestern abend im Bett fiel mir noch eine Alternativerklärung ein, die vielleicht schlau ist. Alternative Erklärungen bieten ja oft nochmal neue Ansatzpunkte zum Verständnis.
Ich habe nämlich überlegt, ob nicht neben der Angst vor Veränderung die Trauer um die verlorenen Optionen eine Rolle spielt.

Gerade gestern hat mich eine Frau besucht, die ich noch nicht besonders lange kenne, wo auf einer gewissen Betrachtungsebene alles offen ist.
Als sie mir erzählte, dass sie jemanden kennengelernt hat, besuchte mich mein altbekanntes Gefühl.
Verliebt bin ich nicht, also bin ich auch nicht zurückgewiesen. Verändern kann sich zwischen uns nicht viel, weil alles noch so neu ist, so viel zum Verändern ist gar nicht da. Aber die Optionen, die wegfallen, sind viele, gerade weil es so neu ist!
Es ist gar nicht so, dass ich die ganze Zeit überlegt hätte, wie ich sie rumkriege oder so Collegefilmzeug, aber jetzt ist diese Option eher weg.
Als wenn man von einem Entscheidungsbaum einen großen Ast mit vielen weiteren Verzweigungen absägt.

Mit diesem Gedanken kann man schön spielen, finde ich, er ist sehr offen. Dann will ich gar nicht eine bestimmte Sache (einen Ast), sondern will einfach ein großes, großes Bild (den Baum).

Und man kann das Bild auch andersrum aufzäumen. Mit jeder neuen Entwicklung in jedweder Zwischenmenschlichkeit entscheidet man sich für einen Ast, alle anderen werden ausgeschlossen.
Wenn man sich küsst, zum Beispiel. Danach wird Händchenhalten nie mehr das Gleiche sein. Wenn man Sex hat. Wenn man heiratet.
Es ist doch ein beruhigender Gedanke, dass es vielleicht gar nicht die Entscheidungen sind, die einem vielleicht doch nicht passen, sondern Trauer um all jene anderen Entscheidungsmöglichkeiten, die einem vielleicht auch gefallen hätten.

24.09.2005 19:54
0 Kommentare »
Allgemein

Wenn man sich 3 bis 4 Sekunden Zeit lässt, den Titel zu betonen, klingt er ganz wunderschön.
Neuseeländische Merinoschafe.
Das sagte meine Mitbewohnerin gerade, denn sie hat sich Wolle eben jener neuseeländischen Merinoschafe gekauft, um sich einen Pullover zu stricken.
Das machte sie sehr glücklich.

Sie kam in mein Zimmer, während ich gerade Besuch hatte von einer Freundin, und wir sprachen ohnehin über das Leben, was es bereithält, und wie man die Dinge erkennt, die es bereithält, wie man dankbar dafür ist und sich vorbereiten kann, mehr davon zu sehen.
Mehr Merinoschafe. Mehr Liebe. Die guten Sachen eben.

Oft spüre ich in Menschen die Einstellung ‘Irgendwann wird “es” passieren’. Das große Glück, die richtige Liebe. Das “Es” ist schon klar, nur der Zeitpunkt steht noch nicht fest.
Aber das ist genau falschrum.
Aus dem Gespräch ergab sich ein Satz, der das “Etwas” diffus sein lässt, aber den Zeitpunkt festlegt:
“Irgendetwas passiert jetzt”, this very moment. Überhaupt ist diese englische Art, das zu sagen, allein schon so was: Der very moment. Ein sehrer Moment. In dem irgendetwas genau richtig ist.

Und dieses Etwas gilt es zu sehen. Irgendwas ist immer da. Es müssen keine großen Dinge sein. Für manche reicht die Wolle von neuseeländischen Merinoschafen, für mich reicht zum Beispiel, meiner begeisterten Mitbewohnerin zuzuhören, wie sie von den Schafen spricht, wie sich die Worte um ihre Zunge räkeln, weil sie es nicht eilig haben.
Oder mit geschlossenen Augen Musik hören. Oder mitten am Tag ein schönes Buch lesen. Oder ein “Flirpsch” von Lippen beim Lächeln.
Irgendetwas jetzt, eben. Irgendetwas Schönes jetzt.

24.09.2005 12:42
0 Kommentare »
Allgemein

Gesellschaftstanz ist natürlich auch archaisch, aber andersrum interessant:
Beim Gesellschaftstanz greifen nämlich plötzlich andere Regeln, er gewährt sozusagen Ausnahmen.

In einer Bar wäre es (leider) sehr ungewöhnlich, wenn eine Frau jemanden zu einem Getränk einlädt. Beim Tanz heißt das schlicht Damenwahl. Gut, andererseits, man muss es extra einleiten, damit das geht, damit wäre das auch nicht anders als ne Singleparty… aber was auch noch ungewöhnlich ist, ist das Abklatschen.
Gehen wir wieder in die Bar und stellen uns vor, wir säßen mit der Süßen am Tresen, auf einmal klopft es uns auf die Schulter und es heißt “Verzeihung, ich würde gern übernehmen”.
Beim Tanzen räumt man dann einfach das Feld.

Oh Mist. Gerade fällt mir auf, dass das natürlich beim klassischen Gesellschaftstanz auch nur die Männer machen können mit dem Abklatschen. Mist. Doch nicht so schön wie ich dachte.

24.09.2005 12:04
0 Kommentare »
Allgemein

Gestern abend war ich auf einer Hochzeit. Zwei Menschen gehen einen Bund fürs Leben ein.
Erstmal übrigens sprachlich interessant: Zunächst spricht man von Beziehung, man bezieht sich also aufeinander. Dann heißt es Bund, man bindet sich an den anderen. Sogar ewig.
Manchmal gibt’s am Ende dann noch das Thema Bezüge, da wird dann wieder bezogen, aber eben nicht “sich aufeinander” sondern “Kohle”. Das lassen wir mal außen vor, auch wenn es ein sehr anschaulisches Beispiel für reflexive Verben ist.

Ich muss mir immer Mühe geben, mich wirklich zu freuen. Nein, das klingt dann doch zu hart… Naja, jedenfalls wäre das nichts für mich. In den Staaten ist die Polygamie gerade beim Versuch, eine Gesetzesänderung zu erwirken, damit man mehrere Menschen heiraten kann. Das würde mir ein bisschen mehr gefallen, aber auch nicht so recht.
Das Eheversprechen macht die ganze Sache noch mehr zu einem Vertrag, noch weniger im Jetzt, das wäre nichts für mich.

Aber der Punkt dieses Beitrags soll ein ganz anderer sein, nämlich das Ritual “Hochzeit” an sich.
Ich war jetzt auf zwei Hochzeitsfeiern (bei der ersten war ich sogar Trauzeuge – da sag nochmal jemand, ich wäre nicht offen dafür, dass andere Leute exklusiv lieben wollen), habe mir aber sagen lassen, das sei Standard:
Der Mann hält die Begrüßungsrede. Eine Braut, die aufsteht, die die Gäste mit ein paar Worten begrüßt und das Buffet eröffnet… das sieht man nicht.
Tradition, jaja. Aber auch Sexismus.

Genauso viele der Spiele: Am Schlimmsten dabei schien mir immer der Schleiertanz. Ein paar Leute halten einen Schleier, darunter steht die Braut, und wenn man mit ihr tanzen will, wirft man Geld in den Schleier. Bin ich da der einzige mit der Assoziation “Achso, ja, die gehört jetzt ihrem Mann, wenn ich jetzt was Schönes mit ihr machen will hat das seinen Preis”? Immerhin, bei der einen Hochzeit, wo der Schleiertanz gemacht wurde, konnte man auch den Bräutigam “auslösen”. Ist zwar immer noch gefangen, aber wenigsten gleichberechtigt.
Aber selbst die Spiele der Gäste gehen diesen traditionellen Weg und hauen voll aufs Geschlechterbild: Gestern gab es ein Rollenspiel, eine alternative Kennenlerngeschichte. Der kühne Ritter trifft die schlichte Magd. Er hat den Drachen getötet, wurde aber zu Stein verwandelt, sie ist durch einen Sumpf (Hui!) und über Berge (Ach was!) gekommen, um ihn wieder fleisch zu küssen.
Die Vorführung war übrigens das Geilste, was ich an Amateurdarbietungen so sah, mit Feuer (echtem Feuer) beim Drachen und weiteren special effects, aber diese archaische Scheiße…

Gibt es eigentlich schon Frauen, die Heiratsanträge machen? Immerhin gibt es Frauen, die ihren Namen behalten (und Männer, die ihren abgeben, zB gestern), und das finde ich auch modern, auch wenn ich natürlich gleich schreie “Oh weh! Man muss ein Stück von sich für die Beziehung aufgeben! Das kann doch nicht gut sein!”

Mir ist das komisch. Mir ist aber natürlich sogar eine exklusive, gebundene, lebenslange Liebe fast zuwiderer (hihi) als der unterschwellige Sexismus unter dem Deckmantel der Tradition.
Mir erscheint beides irgendwie wenig zeitgemäß.