Es ärgert mich oft, wenn ich nach dem Warum für mein Handeln gefragt werde, und ich hab mir mal genauer angeschaut, warum.
Mir widerfährt das relativ oft:
Du, ich glaub ich hab keine Lust mehr zu spielen. – Wieso das denn?
Ich fahr jetzt. – Och, warum denn?
Wegen heute abend… ich hab leider doch keine Lust, ich muss absagen. – Echt, wie kommt das?
Aber in den meisten Fällen macht diese Nachfrage gar keinen Sinn.
Ich bin das Ende der Kausalkette meines eigenen Handels. Ich bin das sine qua non meiner Entscheidungen. Danach kommt nichts mehr. Danach muss auch gar nichts mehr kommen. Es ist eine ganz verrückte Idee, dass die eigenen Bedürfnisse eine Erklärung brauchen, um anerkannt zu werden. Das führt zu so viel Verwirrung und Leid. Wenn man als Junge auf Jungs steht, und gar nicht weiß warum. Wenn man nicht gern telefoniert. Wenn man keine Erdbeeren mag. Wieso das denn, wieso das denn, wieso das denn? Aber da gibt es kein Wieso, da gibt es nur ein “Ich”, das empfindet.
Kleiner Exkurs: Auch in der Psychologie gibt es Tendenzen, alles erklären zu wollen: Es liegt an der Kindheit, es liegt am Trauma, es liegt an der Lerngeschichte, es liegt am Vater, es liegt am Konflikt, es liegt an den Anderen, es liegt an den Genen. Und das mag als Theorie noch nichtmal uninteressant sein, aber auf individueller Ebene liegt es nicht an irgend etwas, es liegt einfach.
Und ich glaube, es stört mich, weil es eine Norm etabliert. Ganz viele Sachen werden nämlich nicht hinterfragt, und dadurch werden 2 Schubladen aufgemacht: So ist gut, so ist doof und erklärungsbedürftig. Kein Mensch fragt Fragen wie “Echt, ihr seid immer noch verheiratet? Warum das denn?” oder “Wirklich, dir gefällt BDSM nicht? Woran liegt das?”. Und damit ist die Nachfrage “Warum?” eigentlich ein Indikater einer Bewertung: Du bist gerade nicht normal. Du bist komisch. So solltest du nicht sein. Das ist schlecht, was du da empfindest.
Genau dagegen müssen wir uns alle wehren. Die Realität ist nicht gut oder schlecht. Sie ist einfach.
Das gilt, solange wir niemandem weh tun, für jeden einzelnen von uns.