Monatsarchive: August 2006

31.08.2006 23:35
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Spätestens seit der Ausbildung zum Lösungsfokussierten Therapeuten halte ich mich für einen Konstruktivisten und Poststrukturalisten. Zu deutsch: Weder glaube ich, dass unsere Wahrnehmung in irgendeiner stringenten Form mit der Realität zu tun hat, noch glaube ich, dass man mehr erfahren kann, als unsere Wahrnehmung uns so bietet. Mit Wahrnehmung meine ich selbstverständlich auch Geräte wie Geigerzähler, aber auch alle Geräte und Hilfsmittel können nicht beeinflussen, dass wir über eine “wahre” Beschaffenheit der Welt nichts aussagen können, sondern immer nur über das, was wir wahrnehmen oder eben messen.

Photocase: Lichtspiel

Soeben hatte ich mit Paikja und einem gemeinsamen Freund, den ich Hal nennen möchte, eine spannende Diskussion im Zug, in der wir auf 2 wichtige Punkte kamen.

Zum Einen kam primär ich darauf (Hal und Paikja sehen das nicht unbedingt so), dass die Art, die Welt zu sehen, allein von Pragmatik getrieben sein sollte. Wenn es funktional für Hal ist, eine Wahrheit zu suchen: Go ahead! Mir scheint es funktionaler, alles in meine Weltsicht zu integrieren, das mir gefällt, und auszublenden, was mir nicht passt. *In 70 Jahren sind wir alle, alle tot!* Was soll es also.
Das mag an sich schon eine konstruktivistische Sicht sein. Wenn es eh nichts gibt, das für uns zugänglich wäre, warum dann all die Mühe? Ein Realist würde das vielleicht anders sehen.

Der zweite Punkt, auf den wir gemeinsam kamen, ist, dass die Entscheidung, ob man ein Realist oder ein Konstruktivist sein will (oder wo man sich auf diesem Kontinuum einsortiert, was ist schon schwarz oder weiß?), eine sehr persönliche Frage ist, beinahe eine Glaubensfrage. Es ändert nichts, auch hier gibt es keine objektiv korrekte Lösung, weil die Objektivität uns nicht zugänglich ist. Es gibt ja keine Möglichkeit herauszufinden, ob das, was man da analysiert, die eigene Illusion ist, wie Paikja es schön sagt, die eigene Weltsicht, oder eine tatsächliche Welt. Wir können unsere heuristische Qualia nicht abschütteln, wir analysieren nur das, was wir eben analysieren, weil wir an mögliche weitere Dinge nicht drankommen. Sie existieren nicht für uns, ob es sie nun gibt oder nicht.

Photocase: Spherical

Insofern schätze ich die Wissenschaft eher als einen Prozess, der Weltsichten erklärt, und weniger als einen, der Welt erklärt. Ich meine, jetzt mal wirklich. Die Quantentheorie hat unterschiedliche Gesetze für Mikro- und Makrokosmos, und außerdem noch fast unendlich viele richtige Lösungen, die (so sagt die eine Hälfte der Quantentheoretiker) für fast unendlich viele denkbare Universen sprechen. Die Relativitätstheorie besagt (und beweist, soweit ich weiß), dass Zeit abhängig von Geschwindigkeit und Gravitation ist (Zwillingsparadoxon). Das ist doch schon ziemlich nah dran an idiosynkratischer Beliebigkeit von Weltsicht.

Bitte wählen Sie Ihre Illusion jetzt! Die nächsten 2 Irrtümer über die Welt kriegen Sie in Wahrheit eingepackt!

Bilder von Photocase.

30.08.2006 19:14
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Ich habe eine Weile Aikido gemacht, und tatsächlich das Gefühl, gewisse Dinge gelernt zu haben. Aikido hat viel damit zu tun, dass man Energie, die kommt, umlenkt und abgibt, ohne selbst davon getroffen zu werden. Deshalb sind bei den Vorführungen die armen Schweine, die Angreifer spielen, nachher völlig auf, wohingegen der Verteidiger nichtmal besonders schwer atmet. Das ist eine Eigenschaft, mit der er sich ganz hervorragend durch’s Leben gehen lässt, und ich glaube, ich habe dahingehend ein bisschen was gelernt.

Einer meiner Lehrer (übrigens kein mysteriöser Asiat, sondern ein Mann Anfang 40 irgendwo aus dem Kreis Lippe, glaube ich) freute sich irgendwann darüber, dass es immer heißt “Du, ich komme später, ich stecke in so einem blöden Stau”.

Er meinte, er wolle in solchen Situationen den Leuten immer zurufen, dass sie nicht “in einem Stau” stecken.

Du bist der Stau!

Er hat Recht. Niemand der Beteiligten im Stau denkt von sich, er sei es, alle sind nur “drin”. Auch das ist eine Erkenntnis, mit der es sich hervorragend durch’s Leben gehen lässt, das stimmt nämlich öfter. Es gibt so viele Aussagen, die sprachlich eine fehlende Beteiligung suggerieren.

Wir hatten gestern einen schlimmen Streit.
Ich stecke gerade in einer ganz doofen Beziehungskiste.
Ich hab ganz schlimmen Liebeskummer.

Alles Unfug! Du bist der Streit! Du bist die Beziehungskiste! Du bist der Liebeskummer!

Hat viel mit Own your feelings zu tun, mit Verantwortung für sich selbst, aber, und das ist eigentlich das Wichtigste, mit Selbstbestimmtheit. Man ist den allerwenigsten Dingen ausgeliefert. Häufig kann man etwas ändern, und wenn das nicht geht, kann man sie zumindest würdevoller hinnehmen, wenn man weiß, dass man selbst so richtig, richtig Teil davon ist.

Du bist Mensch. Du bist Gott.
Du bist der Stau. Ist doch alles super.

30.08.2006 11:53
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Der Dank-Gedanke lässt sich sogar noch vorverlegen. Eine Freundin von mir fürchtet sich oft, dass es irgendwann weh tun wird, wenn sie sich auf Menschen einlässt. Das kann ich verstehen, aber vor dem Schmerz kommt die Legitimation des Schmerzes, kommt das Gute, dessen Verlust einem nachher, aua, bewusst wird.

Und weil Zeit eh nur eine bekloppte Interpretation eines Universums ist, das zu komplex ist, um es zu begreifen, eine Erfindung der Dreidimensionalität, kann man sich im Grunde schonmal freuen, sobald die Angst kommt. Dann glaubt man wohl dran, dass es gut wird.

30.08.2006 11:50
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Schön, dass du bei mir warst.
Emma in Emmas Glück

Die Geschichte ist sehr schön, ob man gleich einen Film daraus hätte machen müssen, weiß ich nicht so recht. Dennoch wünsche ich mir wirklich sehr, den obigen Satz öfter zu spüren.

Enden tun immer weh, das stand wahrscheinlich in der Jobbeschreibung.
“Gesucht wird: Ein gutes Ende. Wir erwarten: Schmerz, Trauer und eine Portion Sehnsucht nach dem Glück. Wir bieten: Gute Karrierechancen und eine immens hohe Jobsicherheit.”
Aber Enden zeichnen sich dadurch aus, dass vorher etwas war, und wenn das Ende weh tut, war es wohl ganz gut. Darum: Perspektive auf die Zeit vorher und ordentlich Dankbarkeit empfunden.

29.08.2006 19:45
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Ha! Ich rege mich ja oft über den Umgang von Industrie mit Copyright und so auf, finde das albern und was weiß ich nicht.
Jetzt sitze ich mal auf deren Seite. Ein Blog namens Selbstmordparty, das ich ziemlich zufällig fand, benutzt Bilder von mir.
Ist an sich alles easy, immerhin bin ich ja Creative Commons lizensiert, aber ich hab da drin die Klausel, dass man den Namen nennen soll. Das macht der Mensch da aber nicht.

Außerdem verweist er direkt auf meinen Webspace, das ist nochmal was anderes, das klaut ja Traffic, den man im Zweifelsfall extra zahlen muss (außerdem ist es auffällig…).

In jedem Fall habe ich dir Piraterie jetzt umgedreht, und bestimme den Inhalt seine Seite. Insofern bin ich also Neo-Antipirat (der Neo-Pirat ist ja schon er, deswegen Anti). Super.
Das ist witzig. Mal sehen, ob noch was kommt :).

PS: Fairerweise muss ich sagen, dass ich das erste Bild auf der Seite natürlich auch geklaut habe. Ähäm. Aber immerhin hab ich’s heimlich gemacht und bei mir gespeichert. Oder so.

28.08.2006 19:41
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”Auch Terroristen arbeiten mit Windows”
Kai Hirschmann, “Sicherheitsexperte” (pah) auf tagesschau.de

Tja. Im Grundrauschen des blinden Aktivismus, der jeder Terrorschlagzeile folgt, möchte ich gern anmerken, dass man Windows jetzt am besten verbieten sollte. Oder halt, nein, alle Windowsuser sollten von Zeit zu Zeit dazu gezwungen werden, vor dem Login ein paar Fragen zu beantworten, ob sie denn auch brave Bundesbürger werden.

Herrje, und so ein Scheiß ist ganz oben im Tagesschau-Newsfeed.

27.08.2006 11:35
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Schon in meiner Kindheit tat ich mich schwer mit den Etiketten, ähnlich schwer wie jetzt. Vielleicht war es damals nicht so schlimm, weil von Kindern erwartet wird, dass sie die Welt nicht verstehen.

Irgendwann fragte ich meine Mutter, was Sex sei, und sie erklärte es mit dem üblichen Diskurs von “Das ist etwas sehr Schönes, das zwei Menschen tun, die sich sehr lieben”. Ich schloss schnell, unschuldig und entwaffnend, das wir, also sie und ich, das auch mal tun sollten. Wie sie die Situation rettete, weiß ich nicht mehr.
Später erklärte sie mir, was Liebe ist. Dass man jemanden sehr, sehr mag und nicht will, dass er weg ist. Also kam ich zu dem Schluss, meinen damaligen besten Freund zu lieben, denn alle Kriterien waren erfüllt.

In dem Gespräch mit dem Mädchen, dessen Bekanntschaft bis vor kurzem noch zu jung war, um ihr ein Pseudonym zu geben, das ich nun aber Sina nennen möchte, sprachen wir über den Raum.
Ich sagte, die beiden Extreme sind nicht wahrscheinlich. Wir werden keine innige Beziehung beginnen, denn du bist nicht verliebt und ich fürchte mich. Wir werden uns aber auch nicht nie wieder sehen, denn ich mag dich, und du magst mich auch. Also müssen wir uns irgendwie in diesem Raum einrichten. Dabei, so sagte ich, sei es mir in weiten Teilen egal, ob wir das rote Sofa reinstellen oder nicht. Ich fände es zwar sehr schön, und wir beide sähen klasse darauf aus, aber vielleicht nehmen wir doch erst 2 Rattansessel, oder meinetwegen eine braune Couch. Ohnehin wäre es ja so, dass wir den hinteren Teil des Raumes anfangs vielleicht besser gar nicht einrichten sollten, den Teil hinter der Glaswand.

Wir lachten über die Metapher, und dichteten ein zweites Schlafzimmer für sie und ihren Freund hinzu, Regale, die so gut passen, dass es eine Schande wäre, sie zu ignorieren.

Außerdem, so fand ich, wäre ich, was die Einrichtung betrifft wirklich kulant. Es ist mir egal wie alles steht. Aber was ich wirklich schrecklich finde, ist Raum, der ungenutzt bleibt, der brach liegt, von dem niemand etwas hat, obwohl er wirklich schön geschnitten ist. Und Miete zahlt man ohnehin seit dem ersten Treffen.

26.08.2006 12:15
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Eine Sache, die mir außerdem auffällt, ist, dass ich meinen Unwillen zur Lüge, zum Verstellen, zu Masken, konsequenter als früher dazu führen lasse, all das nicht zu tun. Im Gespräch mit dem Mädchen, dessen Bekanntschaft noch zu kurz für ein Pseudonm ist, sagte sie irgendwann, sie sei nicht dabei, sich zu verlieben. Einerseits erwartete ich das bereits, aber andererseits erwartete ich auch das Gegenteil und war enttäuscht. Ich saß dann da und wog die Rollen ab. Wollte ich weiter der unkomplizerte Liebhaber sein, Carpe Diem und all das, eine Rolle, für die mich das Mädchen schon gelobt hat. “Du machst das gut”, sagte sie einige Tage nach unserer Nacht, als ich ihr meine Ansicht erklärte, das jetzt nur Gutes passieren könne.
Oder wollte ich vielleicht doch argumentieren, mit den ganzen alten Sätzen wie “Aber kurz bevor wir eingeschlafen sind!” oder “Aber der Kuss!”.
Ich brauchte sicherlich 5 bis 10 Minuten, in denen ich erstmal nur merkte, dass ich verletzt bin, keinen Hunger mehr hatte, und teilweise gern allein gewesen wäre, teilweise auch nicht, und nach Ablauf dieser Zeit hatte ich mich glücklicherweise entschieden, einfach drauf zu scheißen. Ich mag nicht verschweigen, dass ich das Gefühl gerade Verliebtheit nennen würde, selbst wenn ich weiß, dass ich das Wort schnell verwende und vielleicht Menschen erschrecke. Ich mag nicht vortäuschen, mir ginge es nicht so nah, weil ich ja so unabhängig bin und Dinge nicht größer werden lassen will als sie sind, oder vielleicht auch größer als sie mir handhabbar erscheinen.
Auf all das wollte ich scheißen. Einfach mal sagen, was los ist, und wenn es die Dinge komplizierter macht… naja. Dann sind die Dinge wohl komplizierter. Das hat auch viel mit Nacktem Lieben zu tun, nämlich vor sich selbst die Feigenblätter fallen zu lassen.
Das hat gutgetan. Wirklich gut. Und ich bilde mir ein, dass auch diese Entscheidung jetzt besser zu treffen war, weil ich mir mittlerweile viel viel mehr erlaube. Der größte Nutzen des Wegfalls von Etiketten, ist, das ich mich mehr auszuprobieren traue. Wenn ich in mir ein Fläschchen finde, auf dem “Drink me!” steht, dann mag ich nicht mehr überlegen, ob es wohl schmeckt oder zum Menü passt. Wenn es im Regal gerade vorn steht, wird es getrunken. Vielleicht wachse ich ja daran.

25.08.2006 18:30
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So, ich bin jetzt auch bei Feedburner. Bitte die Links updaten – merci!

RSS Feed.

25.08.2006 13:44
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Ich bin, und ich bin das bekanntermaßen oft und schnell, mal wieder verliebt. Wie mir das gleichermaßen oft passiert, hat das Mädchen, in das ich mich verliebt glaube, einen Freund. Das schreckt mich eigentlich wenig, im Grunde wäre ich ja ohnehin lieber Secondary, und diesmal ist der Freund sogar bedeutend liberaler, oder vielleicht einfach reifer, da älter, und nachdem ihm das Mädchen, das ich noch nicht lange genug kenne, um ihm ein Pseudonym zu geben, von der gemeinsamen schön verbrachten Nacht erzählt hatte, trafen wir uns zweimal zu dritt, und beide Treffen schienen mir unbelastet.
Was mich durchaus mehr schreckt, ist, dass ich zwar verliebt bin, mich also dabei bin in sie zu verlieben, sie aber leider nicht. Das ist für mich nicht neu, ich kann mitsingen wie bei einem Lied, das man eigentlich nicht gut findet, aber, weil es so oft lief, naja, dann singt man es eben mit.
Auf der Suche nach dem, was mich daran verletzte, denn das tat es dummerweise (eine Suche, auf der sie mich netterweise begleitete), fand ich eigentlich nicht viel. Einzig der mögliche Ausgang, dass das, was wir bereits haben, aufhören könnte, ängstigte mich, aber eigentlich war ich sicher, dass es etwas Gutes wird, weil wir uns mögen und bedachte Menschen sind.

In dem Zusammenhang, und es ist wichtig, ist mir nochmal aufgefallen, was Verliebtheit für mich bedeutet. Es bedeutet nämlich gerade nicht “mehr wollen”, sondern im Gegenteil, genau das besonders zu schätzen, was gerade da ist, auf dem gleichen Weg im gleichen Tempo weiterzugehen und mal zu schauen, wo man ankommt. Nicht beschleunigen, nicht die Richtung ändern.

Und genau deswegen ist es auch übrigens zum Einen nicht bedrohlich, wenn ich in jemanden veliebt bin, und auch für mich nicht ganz so schlimm, wenn meine Verliebtheit nicht erwidert wird. Es sind ja nur Worte, und ich zücke meines bereitwilliger als andere Menschen. Solange es weitergeht, wird alles gut, denn die Vorraussetzungen sind es meist auch. Nur nichts ändern. Und nicht stehenbleiben.