12.02.2005 20:11
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Allgemein

Auf der Hinfahrt zu meinem Wochenendausflug hat mich eine Frau mitgenommen, und ein junger Mann ist auch noch mitgefahren.
Wir kamen irgendwann auf’s Thema Sexismus, was ganz interessant wurde. Er war nämlich Soziologe, und zudem mutig genug, auch unbequeme Standpunkte preiszugeben, und sie war lesbisch.
Das bedeutete für sie, dass sie das alles nicht mehr so wichtig findet, weil Männer ihr dadurch nichts aufdrücken können. Das hat zwei hochinteressante Aspekte:

  1. Sexismus geht von Männern aus
  2. Sexismus und Sexualität gehören zusammen

Zu 1: In gewisser Weise stimmt das. Obwohl ich es wichtig finde, dass endlich auch mal Männer beginnen, sich über ihre Rollen Gedanken zu machen, in denen sie genau so festsitzen wie Frauen*, ist an der Seite der Frauen irgendwie mehr zu tun. Andererseits fiel mir dabei auf, dass diese Trennung “Hier emanzipieren sich die Frauen” und “Hier emanzipieren sich jetzt mal die Männer” schon wieder etwas trennt, was eigentlich zusammengehört. Indem man (auch ich) beide Bewegungen trennt, verhindert man schon ganz grundlegend, dass tatsächliche Emanzipation geschehen kann.
Zu 2:Weil die liebe Fahrerin nicht mit Männern schlafen will, erlebt sie keinen Sexismus mehr, oder muss sich zumindest davon nicht beeindrucken lassen. Gewagte These. Zum Einen, so wurde mir gesagt, ist die Lesben-Szene auch ziemlich rigide in ihren Normen, und zum Anderen gefällt mir diese Gleichsetzung von Sexismus und Sexualität nicht.
Wenn ich eine Frau anschaue, die ich schön finde, ist das dann sexistisch? Bin ich nicht eigentlich nur sexuell, nämlich sexuell interessiert? Das fände ich nämlich okay, Menschen sind nunmal sexuell. Ziemlich wesentlich Sache sogar, eigentlich. Das ganze muss halt da aufhören, wo es beginnt, die Frau einzuschränken, ganz klar, aber wie findet man dafür die Normen? Die Gedanken sind frei, finde ich, aber ich will auch niemanden ärgern. Also bin ich unsicher: Darf ich mir, um mal ein Beispiel zu nennen, vorstellen, mit einem Mädchen aus der S-Bahn Sex zu haben? Nur für mich, ohne dass sie mehr bemerkt als vielleicht mein Interesse, die Tatsache, dass ich sie offenbar scharf finde? Darf ich sie scharf finden?
Nach streng feministischen Gesichtspunkten ist das schon sexuelle Belästigung. Mir geht das zu weit. Denn irgendwann wird so die total zu begrüßende Bewegung gegen Sexismus zu einer Bewegung gegen Sex, gegen Lust, bleibt nicht sexistenfeindlich sondern wird männerfeindlich oder lustfeindlich. Und das ist a) nicht besonders schön und b) auf lange Sicht betrachtet auch enorm kontraproduktiv (pun intended).

Nur dass es halt öfter Machtrollen sind, die man vielleicht lieber oder einfacher einnimmt als Untergebenheitsrollen. Wäre ein eigenes Thema…

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