06.04.2005 13:01
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Allgemein

Oh, ich schreibe selten… das nahm ich als Anlass, zu befürchten, mir würde die Liebe nicht begegnen im Moment, aber vielleicht stimmt das nicht.
Interessanterweise hat man ja immer ganz plötzlich ganz viel zu tun, nachdem irgendeine regelmäßige Tätigkeit vorbei ist, wie bei mir jetzt mein Praktikum.

Aber letztens entdeckte ich meine Liebe für die alten Menschen. Ich ging an meinem letzten Arbeitstag durch die U-Bahn Haltestelle, und ein fragiler alter Mann eilte sich, noch die Bahn zu erreichen.
Und irgendwie war das sehr schön, vielleicht, weil aus seinem Gesicht noch der junge Mensch rausschaute, oder weil ich aus sonst irgendeinem Grund in dem Moment sehen konnte, dass dieser Mensch halt auch mal jung war, so jung wie ich gerade zum Beispiel, dass er 2 Stufen auf einmal nahm, dass er Augenflirts in der Bahn hatte, dass er mal Angst vorm Tod hatte.

Und in diesem Moment stellte ich zwei Dinge fest:

  1. Ich bin sehr dankbar für meine Jugend. Sie ist, genau wie ich es bin, vergänglich, und das ist ein Grund mehr, dankbar dafür zu sein. Sie ist ein großes Geschenk
  2. Das Alter ist auch schön. Denn in dem Maße, in dem ich die Jugend in diesem alten Menschen sehen konnte, hat er natürlich all seine Lebenszeit in sich. Da ist ja nicht nur der 24jährige, da ist auch eine Kindheit, da sind sogar vermutlich noch mehr Kindheiten, und irgendwie ist dieser Mensch… erfüllt. ja. Erfüllt von Leben, was zwar vergangen ist, aber nichtsdestotrotz gelebt und real.

Oft sehe ich nur die Fassade, sehe zitternde Parkinson-Hände, sehe Leute, die schon früh in der Bahn aufstehen, um den gefährlichen Weg vom Platz zur Tür noch pünktlich zu schaffen, die fürchten müssen, zu stürzen, weil ihre Knochen schnell brechen.
Aber das reicht nicht.
Da ist mehr. Und zwar viel mehr.

In diesem Moment konnte ich diesen Mann als all das sehen, was er war, ist und sein wird, habe ihn also erkannt, und gleichzeitig war er mir Spiegel für das was ich bin, war und vor allem sein werde, habe also mich selbst in ihm erkannt, und insofern habe ich ihn in diesem Moment geliebt. Schön war das.

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