20.11.2005 19:17
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Allgemein

Primary und Secondary sind Bezeichnungen, um in einer offenen Beziehung die unterschiedlichen Partner zu benennen. Klassischerweise hat man also einen Primary und mehrere Secondaries, und was mit letzteren okay ist, wird gemeinsam mit dem Primary überlegt.
Der Übergang zu Beziehungsnetzen ist dabei fließend, weil auch Beziehungen mit mehr als einem Primary denkbar sind.

Teilweise stört mich die Hierarchie, die da mitschwingt, aber andererseits sind es auch nur Worte. Die können ja nichts dafür.
Und vor allem kann ich mir gerade sehr viel besser vorstellen, Secondary für jemanden zu sein als Primary.

Ich sprach darüber mit Powergirl, was naheliegend ist. Wir finden es beide gerade sehr spannend, wohin wir so reisen, seelisch, amant, aber wohin es auch geht, einen Primary hat sie. Das zu verstehen hat bei mir lange gedauert, aber es ist jetzt eigentlich angekommen. Inwiefern und mit wem sie sich auch immer für Freies Lieben öffnet, es werden sicher eher Secondary Relationships sein.

Im Gespräch sagte ich ihr, dass ich Secondary ohnehin netter finde, denn Primary löst bei mir ganz viele Assoziationen aus, die halt beim bösen Wort mit B auch kommen.
“Oh, ich hab sie gestern gar nicht angerufen, heute muss ich aber” oder “Sie will wohl Sex, hat sie Recht, ist auch mal wieder dran”. Die Normen sind, ich schrieb es schonmal, auch in mir sehr stark, und selbst wenn ich weiß, dass diese Gedanken bescheuert sind, sie kommen. Und ich mag sie nicht.

Deswegen hätte ich viel mehr Lust, “Secondary” zu sein, wenn man das losgelöst von einer Konstellation mit einem Primary überhaupt sagen kann (wenn man es einfach als Namen für eine bestimmte Art von Zwischenmenschlichkeit nimmt, ist die Hierarchie auch weg. Find ich ganz gut.)
Secondary. Dazu hab ich nämlich keine Assoziation, da können auch keine doofen Normen von hinten zuschlagen.

Oder, so sinnierte ich mit Powergirl, ich habe eigentlich auch einen Primary:
Mein Alleinsein.
Im Grunde mag ich es gern.
Ich will es nicht heiraten, ich will noch nichtmal monogam mit meinem Alleinsein sein, aber es ist schon mein Primary, und was mit Secondaries geht, muss ich gemeinsam mit meinem Alleinsein überlegen.
Wir machen dann einen Stuhlkreis und stimmen ab.

Beim Nachdenken über Dossie Easton’s Wunderfrage kam ich darauf: Die Beziehung, die ich (wenn es nur nach mir ginge) gern hätte, wäre nicht besonders eng. Wenn man sich 2 oder 3 Mal die Woche sieht, und es dann schön ist, fände ich es ziemlich super, glaub ich.
Den Rest der Zeit fülle ich allein, oder vielmehr “aus mir selbst”. Da treffe ich mit Freunden, musiziere, chatte, was weiß ich. Aber ich würde sie immer offen haben wollen, diese Zeit.

Ich find’s total, wirklich total super, mir das zu erlauben. Ein bisschen Sorge schwingt trotzdem noch mit, und ich wette bei dem einen oder der anderen Leserin ist auch der Gedanke: Na, der soll mal wieder ordentlich lieben, dann will der 24/7.
Aber ich glaube das nicht. Ich fand das immer ziemlich viel, auch wenn dieses “immer” sich auf nicht allzu viel Erfahrung bezieht.

Tocotronic singen darüber

Du sagst, ich lebe anders jetzt,
in der letzten Zeit.
Du sagst, mein neues Hobby
ist die Einsamkeit.
Tocotronic

Ohne die Bewertung, dass Einsamkeit schlecht ist, würde ich das in Zukunft vielleicht eher grinsend mitsingen…

PS: Schwinger hat einen Antwortbeitrag auf diesen Artikel geschrieben, in dem wir ein bisschen diskutieren, was eigentlich eine Beziehung ist (und wie wichtig der Begriff ist).

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