25.01.2006 12:41
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Allgemein

Die Zeit interviewt Michael Haneke, Schöpfer von “Die Klavierspielerin” (*schauder* – großartiger Film) und, jetzt in den Kinos, Caché. Haneke macht ungemütliche Filme, und natürlich wird er dafür kritisiert:

“Mir wird immer vorgeworfen, ich würde mit der Moralkeule hantieren. Moralist ist ja inzwischen ein Schimpfwort geworden. Wenn sich jemand Gedanken über etwas macht, dann ist er irgendwie out.”
Michael Haneke

Großartiger Satz… Ich hab selbst oft die Kritik gehört: “J., du denkst zu viel”, und ich wusste immer nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Müsste ich jetzt darüber nachdenken, warum ich soviel nachdenke?
Das ist ein sogenannter Double Bind, glaube ich, ich kann mit der Aussage nichts machen.
“Denk mal nicht an einen blauen Elefanten” ist unmöglich zu befolgen, und auf abstrakterer Ebene ist es mit “Denk mal nicht” ganz genau so.

Später im Interview spricht Haneke über die Gegenseite der Moralisten, nämlich über den unmoralischen Pöbel. Über die Filmauswahl, die es für “Zerstreuungsfilme” gibt, und wie das alle betäubt, und wie unbequeme Filme wie seine halt keinen Markt haben, sondern alle nur mal “abschalten” wollen und dafür die Glotze anschalten. Zerstreuung hat einen Markt.
Die Zeitmitarbeiter fragen dann:

“Wollen Sie damit sagen, dass der Markt das kulturelle Gedächtnis auslöscht?”
“Natürlich. Das ist doch angenehm. Gedächtnis ist immer unangenehm, denn es ist immer mit Anstrengung verbunden”

Wunderbar! Zynisch, aber wunderbar. Damit macht sich Haneke zum Kreuzträger, macht sich und andere moralistische Filmemacher zu unserem Gedächtnis für alles Unangenehme.

“Und, was machen Sie beruflich?”
“Ich erinnere mich an den ganzen Mist.”
Ich meine mich an einen Fantasy- oder SF-Roman erinnern zu können, indem die Bevölkerung selber happyhappy leben kann, weil sich irgendeine bestimmte Kaste über den ganzen Scheiß Gedanken macht… Vielleicht war es Julie E. Czerneda… oder doch Brave New World?, ich weiß nicht mehr. Jedenfalls:
We’re halfway there.

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