Ganz früher hießen Ordner noch Verzeichnisse. Es gibt noch einige Phrasologien, die das belegen, sie stammen aus der 12zollmonitorgrauen Anfangszeit, wo gerade die Allgemeinheit begann, Computer zu haben: “Windowsverzeichnis” oder “Stammverzeichnis” sind solche Phrasologien.
Heute heißen die Dinger “Ordner”. Das ist kürzer und suggeriert Ordnung, was eine witzige Idee ist. Seit es Festplatten über 30GB gibt, und seit Computer für mich suchen, sind beide Gründe zur Ordnung hinfällig (“Kein Platz!” und “Ich find nix wieder!”).
Noch mehr heute sind Ordner aber schon wieder uncool, man hat jetzt “Tags”. Wenn mir ein Freund zB per E-Mail ein Jobangebot schickt, muss ich nun nicht mehr überlegen, ob mein E-Mail-Programm das in den Ordner “Freunde” oder “Arbeit” tut, ich klebe einfach beides als Tag drauf, als Etiketten also, und dann wird alles volletikettiert. Wenn ich dann durch meine Ordnung forste, sehe ich diese E-Mail an beiden Stellen, was ja sinnig ist.
Die soziologischen Etiketten, wie zum Beispiel “Beziehung” oder “Freundschaft” sind eigentlich keine Etiketten. Sie sind Ordner.
Man kann ein Dings, ein Sozialdings, immer nur in eine dieser Schubladen stecken, oder muss einen neuen Ordner anlegen und benennen.
Mit etwas bösem Willen würde ich soweit gehen zu sagen, es sind keine Ordner, sondern sogar Verzeichnisse, sind nämlich alt und angestaubt in den meisten Fällen.
Ich hätte statt der Ordner lieber Tags. Da muss ich zwar auch noch Bezeichnungen vergeben, aber es ginge schonmal in die richtige Richtung. Das würde der Farbenprächtigkeit von Zwischenmenschlichkeiten eher gerecht als das 12zollmonitorgraue Grau.