22.02.2007 16:27
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Allgemein

Soeben hatte ich eine ergiebige Diskussion über Frauenseminare. Ich bin da immer skeptisch, fühle mich rausgeschmissen und bin unsicher, inwieweit einseitige Förderung zu mehr Gleichberechtigung führen kann. Immerhin tut der Patriarchismus Männern wie Frauen Gewalt an, indem er Rollen festschreibt. Zugegeben: Die Männerrollen sind strukturell betrachtet besser, denn sie sind Machtrollen. Aber der individuelle Mann kann dennoch drunter leiden, und hat sich nicht ausgesucht, in diese Strukturen geboren zu werden. Er ist unfrei, und somit auch Opfer der Rollen. Aus diesem Grund hatte ich schon vor geraumer Zeit mal geschaut, was Männer eigentlich mal für sich tun sollten (und damit immer auch gegen Sexismus, weil sie sich ja auch befreien), und kam auf mehr Selbstbewusstsein bezüglich klassisch männlicher Themen. Sexpositivismus war ein Beispiel.

In der Diskussion ist mir ein weiteres Beispiel aufgefallen.

Frauenseminare an Hochschulen gibt es, weil Frauen anders kommunizieren als Männer. Und in Frauenseminaren gibt es eine Atmosphäre, die Frauen offenbar stützt und stärkt (das sei, so meine Gesprächspartnerin, auch tatsächlich ganz gut untersucht), sodass nachher selbstbewusstere Frauen dabei rauskommen.
Obwohl ich auf einer individuellen Ebene immer noch verärgert bin, wenn ich nicht in schöne Seminare geben kann, streite ich nicht mit der Empirie. Tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass Frauenseminare hilfreich sind, um strukturellen Ungleichheiten, die es ja einfach leider gibt, entgegenzuwirken. Gute Sache also.
Aber mich stören einige Sachen. Beispielsweise und allem anderen voran die implizite “Täter”-Sicht auf Männer.

Strukturell ist es richtig: Männer kommunizieren anders und haben mehr Machtrollen, Frauen sind in Kommunikationen häufig unterprivilegiert. Das ist schlecht. Da ist, strukturell, tatsächlich eine weibliche Opferrolle auszumachen.
In dem Moment, wo aber ein Frauenseminar stattfindet, ist es nicht mehr strukturell, da fühlt sich jeder Mann, der gern mitmachen würde, aber das nicht darf, als Täter.

“Ich mache denen die Kommunikation kaputt, deswegen darf ich nicht mitmachen”.

Dabei will ich gar nicht ausschließen, dass man diese negativen Gefühle evtl. zugunsten der strukturellen Verbesserungen in Kauf nehmen muss, aber gefallen tut es mir nicht. Ich suche noch nach besseren, irgendwie gemeinschaftlicheren Formen, den Sexismus aus den Köpfen zu kriegen. An einer Uni lauter gebildete und meist sozial kompetente Männer, oft durchaus mit Wille zur Rücksichtnahme und Offenheit für kommunikative Themen (zumindest in den sozialen Berufen, und wirtschaftswissenschaftliche Frauenseminare sind eh selten, befürchte ich), jene Menschen also auszuschließen, die schon ordentlich mitemanzipieren, erscheint mir schräg.

Emanzipation geht alle an. Es können nicht immer beide “Lager” versuchen, Vorteile zu erwerben oder Nachteile zu verhindern, “Geschlechterkampf” und der ganze Mist, es muss mal gemeinsam auf Antisexismus hingearbeitet werden, an dem beide Seiten zusammenarbeiten, sodass es am Ende gar nicht mehr “beide Seiten” gibt.

Und damit zurück zum eigentlichen Thema: Wenn Frauenkommunikation (zB in Frauenseminaren) etwas Gutes ist, schwingt dabei mit, dass Männerkommunikation immer Täterkommunikation ist, und damit schlecht. Das führt im Zweifel dazu, dass Männerkommunikation sanktioniert wird. Tatsächlich geschieht das in manchen Psychotherapien. Wer dort nicht über Gefühle redet, gilt schnell als Saboteur seines eigenen Fortschritts. Emotionsbezogene (und somit eher klassich weibliche) Kommunikation ist in, so sollen es alle machen.
Das ist in meinen Augen normativ, und Normativität führt nicht zu Gleichberechtigung, und schon gar nicht zu mehr Freiheit.

Eine Form, hier die “beiden Seiten” zu einen besteht meiner Meinung nach nicht darin, sie getrennt voneinander auf ihre jeweilige Art zu fördern, sondern viel eher darin, voneinander zu lernen. Am Ende leben wir doch in einer Gesellschaft, und werden wohl auch miteinander reden müssen. Ich bin gerne bereit, von Frauen zu lernen, und viele klassisch weibliche Kommunikationsstrategien sind ganz wunderbar.

Es gibt aber durchaus auch männliche Kommunikationsformen, die ich schätze. Musste selber ein bisschen suchen, und zunächst denkt man nur an Lautstärke und Macht, aber das greift zu kurz. Wie ich so oft sage, der Sexismus ist in allen, insofern ist auch mein Männerbild eigentlich zu schlecht.
Eine Sache jedenfalls, die ich an Männern sehr schätze, ist folgende: Sie sehen in jedem Spiel den Ernst, und in jedem Ernst das Spiel. Das habe ich mal irgendwo gelesen, und es gefiel mir sehr. Wenn Männer Fußball bolzen, geht es immer um viel, das ist alles furchtbar wichtig. Geweint wird wegen verschossener Tore. Aber wenn Männer Entscheidungen treffen, sehen sie immer auch das Gezocke. “Risiko, hey, hey”. Ich finde das sympatisch.

Und in männlichen Diskussionen kann es hoch hergehen. Es wird sich im Zweifelsfall öfter unterbrochen, denn ein größerer Redeanteil bedeutet mehr Rechthaben. Das ist wahrscheinlich Quatsch. Aber trotz allem kann die Stimmung immer kurz mal aufbrechen, und ein hervorragendes Argument des Gegenübers wird kurz gewürdigt. Selbst wenn es mir rhetorisch völlig den Boden unter den Füßen nimmt, ein gutes Argument ist ein Kompliment wert, ein guter Spielzug wird sportlich anerkannt. Und selbst nach dem größten Streit kann man am nächsten Tag trotzdem wieder miteinander reden. Gestern halt verloren, meine Güte, du hast besser gespielt, das nächste Mal gewinne ich. Und überhaupt, das Thema ist ja nur ein Thema, und heute geht’s um was Anderes. Männer grollen sich nicht. Zwar geht es irgendwie doch ein bisschen oft um Gewinnen und Verlieren, aber immerhin sind sie oft auch gute Verlierer.

Auch das ist halt “männliche Kommunikation”, und das ist etwas Gutes. Es gibt immer auch Stärken. Und, ja, das ist vor allem Männersache, sich darüber Gedanken zu machen. Aber, wie gesagt, ich halte nichts davon, die Lager immer zu trennen, die man am Ende gleichberechtigt sehen will.
Frauen emanzipieren sich, Männer emanzipieren sich zurück. So wird das nichts. Das muss gemeinsam gehen.

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