30.03.2005 15:48
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Allgemein

Jetzt mal fachlich. Eigentlich bin ich ja ausgebildet worden, mich genau mit solchen Themen wie dem Männerthema auseinanderzusetzen, deswegen will ich das jetzt mal aus einer psychologischen Perspektive betrachten.
Der Gedanke baut auf dieser Spontanthese von mir auf, dass man ein Bild von Erwachsenen ausgebildet hat, als man Erwachsene nicht verstand. Da fand also ein sozialer Vergleich statt, der dann das Selbstkonzept beeinflusst (zumindest eins von vielen möglichen Selbstkonzepten). Das schreit eigentlich nach der folgenden Theorie:

Theorie der sozialen Vergleichsprozesse
Leon Festinger geht davon aus, dass wir unseren Selbstwert aus sozialen Vergleichen ziehen. Wenn wir gut abschneiden, kriegen wir einen hohen Selbstwert, wenn wir schlecht abschneiden, einen niedrigen.
Entscheidend ist also, mit wem man sich vergleicht.

Der Vergleich mit Erwachsenen ist, gerade weil man ja früh damit anfängt, dummerweise immer ein Aufwärtsvergleich (upward comparison). Die sind ja erwachsener als man selber.
Gleichzeitig hat die Dimension “Erwachsensein” irgendwann (bei mir so ab 11 oder so) eine hohe Valenz, es kommt einem also erstrebenswert vor, erwachsen zu sein.
Also vergleichen wir uns auf dieser relevanten Dimension mit Leuten, die darin “besser” sind als wir (besser = höhere Ausprägung des Merkmals).

Unter dem Stichwort “pleasure and pain of upward comparison” kann man sich dann gut vorstellen, dass man halt a) einen schlechten Selbstwert kriegt, weil man sich bei Aufwärtsvergleichen ja nie als gleichwertig mit seinen Vorbildern sehen kann (dafür müsste man sich mit “gleichwertigen” Menschen auf dieser Dimension vergleichen, oder gar abwärts), aber auch b) immer wieder bestärkt, dass Leute, die eine höhere Ausprägung haben, Vorbilder sind. Die Vergleichsdimension wird durch den ständigen Vergleich (und das schlechte Abschneiden) immer wichtiger.
Damit wird das Männerbild zu einer “self-fulfilling prophecy” (wie auch schon für die echte große Liebe mal beschrieben), weil jeder Vergleich, bei dem man selber schlecht aussieht (also nicht so erwachsen), dazu führt, dass die Bewertungsdimension Gewicht bekommt und man sich wieder dort vergleicht.

Fazit: Das ist ärgerlich. Uns bleiben 3 Möglichkeiten.

  1. Die Vergleichsdimension wechseln. Statt “Erwachsensein” vielleicht lieber (wie im GB von B. erwähnt) “guter Mensch sein”. Obwohl das vermutlich das gleiche Problem nach sich ziehen würde…
  2. Sich abwärts vergleichen. Anstatt Indiana Jones und (wie ich gestern für mich bemerkte) Al Pacino zu wählen, um sich zu vergleichen, sollte man gelegentlich auch mal die Jackass Leute oder solcherlei zum Vergleich heranziehen. Dann ist man nämlich plötzlich gutes Mittelfeld…
  3. Mit dem Verlieren leben. So erwachsen wie die Vorbilder wird man nie. Weil sie nur ein Ziel sind. Damit muss man sich vielleicht einfach abfinden, froh sein, dass man nach etwas strebt und das Wachstum suchen (das ist eigentlich Faust. Wenn man nämlich irgendwann zu seinem Status des Erwachsenseins sagt
    Verweile doch, du bist so schön

    dann ist halt Schluss mit Wachstum. Wie Feylamia in ihrem Blog andeutete, als sie schrieb

    Sowieso hat “erwachsen sein” für mich etwas von Stagnation. Das klingt, als würde man aufhören zu wachsen.

PS: Die I/E Frame of Reference Theorie sollte ich nochmal nachlesen, das darf ich nicht vergessen.

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