19.05.2005 21:54
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Allgemein

Ich lese jetzt das Buch “Liebe als Passion” von Niklas Luhmann, der ja bekanntermaßen, wenn man es höfllich sagt, ganz schön dicht schreibt. Wenn man es ehrlich sagt, schreibt er ziemlich ätzend.
Und doch, immerhin halte ich Lieben für eine Fertigkeit, die es zu entwickeln gilt, steckt sehr viel drin. Selbst in den Bruchstücken, die sich mir erschließen.

Luhmann begreift die Liebe, glaube ich, als Kommunikationscode, der etwas Unwahrscheinliches wahrscheinlicher macht. Die Form, in der das passiert, und das ist mir für diesen Beitrag wichtig, ist gesellschaftlich determiniert, und hat sich auch gewandelt.

Das leuchtete mir ein. Aus dem therapeutischen Kontext kenne ich ein ähnliches Beispiel, die Trauer. Auch da sind die Codes gesellschaftlich fest, man soll bitte traurig sein und nicht egoistisch, soll ein bisschen weinen und so.
Aber häufig sitzen Leute beim Therapeuten, die noch andere Gefühle haben. Die glücklich sind, weiterzuleben, die den gesellschaftlich nicht anerkannten Gedanken haben “Gut, dass ich nicht gestorben bin”, oder die wütend sind auf den Partner, weil er sie allein lässt. Diese Gefühle gilt es zuzulassen, weil ihre Unterdrückung krank machen kann, am ehesten halt depressiv.

Mit der Liebe* ist es ganz ähnlich. Ich hatte letztens mal wieder ein Gespräch über das freie Lieben, und mir wurde das stets gern genommene und schwer zu entkräftende Argument vor die Nase gehalten, dass man aber halt, wenn man verliebt sei, einfach niemand anders sehen wolle, dass man möglichst viel Zeit mit dem anderen verbringen will, dass Freundschaften für eine Weile in den Hintergrund rücken und man einfach ganz nah sein will.
Aber Luhmann hat, so glaube ich, Recht, wenn er sagt, dass all das eben gesellschaftlich so zu sein hat, und das keine tatsächliche, irgendwie immanente Wahrheit ist, sondern eben Konvention, und dann eben auch Konstruktion.
Da spricht auch erstmal nichts gegen, wenn Liebe ein symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium ist, wie Luhmann sagt, ein Code, macht es Sinn wenn viele Leute den Code gleich benutzen und common ground finden.
Aber es ist eben nicht zwingend wahr. So wie es eigentlich ohnehin keine Wahrheit gibt. Denke ich.

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