Gerade kommentierte ich woanders zum Thema “Treue als mögliche Rettung vor der Verlassensangst”. Ein gewisser Feliks schrieb dabei

Außerdem könnte das Konzept der Treue ja dem nachdenkenden herausfindenden Ich entspringen, wie es bewusst mit der Verlassensangst umgehen will. Mir scheint, dass Treue in sehr vielen Fällen genau die Geborgenheit vermittelt, die diese Angst beruhigt.

Das ist schlau, das stimmt nämlich. Feliks schreibt weiterhin, dass dieses Konzept nicht für jeden was ist, auch das stimmt.

Mein Punkt dazu ist unsere Lerngeschichte. Ein Beispiel: Eine meiner frühesten Erinnerungen ist ein animatronischer Bär in einem Freizeitpark, der wurde von roten und gelben Lichtern beleuchtet, machte “KRAHCHCHAOAOCHORORR” und ich hatte schreckliche Angst und lief weinend aus dieser grauenvollen Höhle (Vergnügungspark… pah!).
Angst. Meist irrational, leider dadurch nicht minder schlimm. Deswegen lernt man aber, damit umzugehen. Wenn das Karussell sich zu schnell dreht und mir nicht wohl ist, hätte ich damals geweint, heute warte ich eben die 2 Minuten ab und verlasse dann das Gefährt. Ich kann das mit Abstand betrachten.
Auch mit Wut lernt man das. Während man im Kindergarten den anderen Leuten noch die Bauklötze links und rechts um die Ohren haut, wenn etwas nicht klappt, kann man heute andere Alternativen wählen.

In beiden Fällen hat das damit zu tun, dass die kindlichen Verhaltensweisen, oder sagen wir die ursprünglichen, sehr direkten Verhaltensweisen, nicht erwünscht sind. Niemand mag schreiende Kinder in zentripetalen Fahrgeschäften, niemand mag Bauklötze um die Ohren kriegen. Weder links noch rechts.

Bei Gefühlen wie Eifersucht oder Verlassensangst gibt es weder eine solche Sanktion, noch jemanden, der einem das beibringt. Viele Menschen finden Eifersucht sogar schön (“So sehr liebst du mich?”). Hier werden also die ursprünglichen, sehr direkten Gefühle, verstärkt, und man lernt nie, ob es Alternativen gibt. Oft begegnen mir bei Gefühlen wie Eifersucht oder Verlassensangst sogar genau die umgekehrten Schlussfolgerungen. Das sei doch so ursprünglich und direkt, Kinder hätten das auch, so sei das eben.
Kinder hauen aber auch auf Leute ein, wenn sie wütend sind und laufen auf die Straße, wenn sie sich vor einem Hund erschrecken. Das müssen die dann eben noch lernen*.

Jetzt ist, man mag es schon vorrausgesehen haben, meine Meinung natürlich, dass es solche Alternativen gibt, dass sie schön sind. Man muss sich diesen Gefühlen, zum Beispiel der Eifersucht, halt stellen, so wie man sich damals dem Bären stellen musste oder der Tatsache, dass Timmi auch mal Türmchen bauen wollte. Dann kommen neue Dinge. Das gute an solchen irrationalen Mustern wie Angst, Zorn oder Eifersucht ist nämlich, dass sie flott wieder vergehen, wenn man erstmal merkt, dass das vielleicht etwas übertrieben ist.

Wer nie auf den Turm steigt, wird nie erfahren, wie es ihm damit geht. Seine Angst hindert ihn daran, die Angst loszuwerden. Parasitär.
Mit Eifersucht ist es dasselbe.

Auch oft höre ich übrigens das Argument der Tierwelt, das ist ähnlich. Tiere würden doch auch monogam leben, und die wären auch eifersüchtig, und wir wären doch auch nur bessere Säugetiere.
Tiere beißen aber auch ihre Jungtiere tot, wenn kein Fressen da ist und zwingen die Weibchen zum Sex. Das finden wir dann wieder nicht so cool. Wir haben nämlich, im Unterschied zur Fauna, eine Moral.

PS: Am 13.10.05 habe ich den Gedanken aus diesem Beitrag hier fortgesponnen: Nie verlernt

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