14.09.2005 14:08
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Allgemein

Ich lese gerade Murakami (“Gefährliche Geliebte”), und wie schon geschrieben finde ich ihn nicht ganz so toll, wie scheinbar sonst alle Welt.

Aber er schreibt etwas am Anfang des Buches, das zu Zerpflücken sich lohnt. Er schreibt über eine Schulliebe, die stets etwas Besonderes bleiben sollte:

Lange Zeit nahm sie einen besonderen Platz in meinem Herzen ein. Ich hielt diesen besonderen Platz nur für sie frei, wie einen ruhigen Ecktisch in einem Restaurant, mit einem “Reserviert”-Schildchen darauf.
Haruki Murakami, Gefährliche Geliebte

Soso… Reserviert. Das Bild fand ich bedenklich und bedenkenswert. Man stelle sich vor, die Restaurantbesitzer würden das machen.

“Dieser Tisch dort ist für die Frau meines Lebens reserviert. Dort vorne sitzen meine Freunde, die ich noch von früher kenne. Hier, an der Theke, will ich zwei Plätze für Geschäftskontakte freihalten. Und da hinten in der dunklen Ecke darf ich nicht vergessen, immer Raum für ein, zwei Affären zu haben, man weiß ja nie”.

Und gelegentlich würden Gäste kommen. Von draußen haben sie Licht brennen sehen, sie schauten durch die Fenster hinein, und sie mochten, was sie sahen. Vielleicht hat auch das hübsche Schild, was der Wirt draußen angebracht hat, ein bisschen geholfen.
Jedenfalls kommen die Leute rein und wollen mit dem Wirt etwas trinken, vielleicht sogar etwas essen, und sie sind offen für Vorschläge bezüglich des Menüs. Sie setzen sich.

“Nein, Verzeihung, da können sie nicht sitzen!”
“Wieso das denn nicht? Das ist ein sehr schöner Platz hier…”
“Tut mir leid, da ist reserviert.”
“Ja? Aber hören Sie, es ist schon spät, heute kommt sicher niemand mehr… Wir wollen ja nur etwas trinken.”
“Nein, wirklich, das geht nicht. Tut mir sehr leid.”
“Hm. Und dort vorn, in der dunklen Ecke?”
“Oh. Ähm. Naja, eventuell… obwohl, nein, das geht leider auch nicht. Ist auch reserviert.”
“Auch reserviert? Hm. Ach, wissen Sie, das wird mir zu doof. Gegenüber war, glaub ich, auch noch Licht.”

Mal ganz abgesehen davon, dass die Metapher hinkt, weil es eben nicht nur einen Tisch am Fenster gibt, sondern so viele, wie man gerne hinstellen möchte (poly und so – ich verstehe, wie mir gerade bescheinigt wurde, Haurucki eh immer miss), möchte ich aufrufen, die “Reserviert”-Schildchen wegzutun. Und sich über Gäste zu freuen. Sonst muss man bald Insolvenz anmelden.

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