11.11.2005 23:56
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Allgemein

Dossie Easton, eine der Autorinnen der “Polyamory-Bibel” (The Ethical Slut), hat auf der Konferenz die Wunderfrage gestellt; so heißt das zumindest bei uns in der Therapie, aber das ist egal. Sie hat jedenfalls (sinngemäß) gefragt

Wenn du entscheiden könntest, wie die Welt läuft, wenn alles so wäre, wie du es gern hättest: Was für eine Art von Beziehung würdest du führen?

Ich lade jeden hier ein, da wirklich mal für 10 Sekunden drüber nachzudenken. Frag dich jetzt: Wie wäre das wohl?

Ich bin nach wie vor nicht fertig mit dieser Überlegung. Die Normen von Zusammenleben sind so stark in mir, dass ich jedesmal an meine Grenzen komme, wenn ich mir das ausmale.

Sicher, ich habe Ideen. Viele. Aber irgendwann kann ich mir nicht mal mehr vorstellen, wie ich eine bestimmte Sache gern handhaben würde, weil sie, naja, so “unvorstellbar” ist, weil sie so neu ist. Da ist einfach ein großer weißer Fleck auf meiner Liebeslandkarte.

Aber das Gute ist: Ich fühle mich bereit für Expeditionen. Und ich bin neugierig. Und es ist mir scheißegal, ob ich Amerika entdecke, obwohl ich Indien suche, ich will weiße Flecken aufdecken.

Ich bin augenblicklich dabei, mich ganz sachte in 2 Frauen neu zu verlieben. Teils bestimmt, weil ich sie schon gut kenne. Teils sicher auch, weil ich gerade das Gefühl habe, sie teilen manche Ansichten, haben auch Lust auf Expeditionen. Aber warum auch immer, da passiert was in mir, und ich genieße es total.
Wie sich da so ganz heimlich ein Gefühl entwickelt, das als Verliebtheit zu benennen ich mich erst seit ein paar Tagen respektive Stunden traue, wie ich dieses Gefühl momentan doch ganz gut genießen kann, eben ohne zu wissen, wohin es geht.
Und wie meine Verliebtheit diesmal irgendwie auch nichts zurück will, sie möchte nur gern anerkannt werden…
Und wie sie, ganz natürlich, ohne dass ich es komisch fände, für 2 Frauen da ist.

In die eine war ich mal verliebt, wusste es, und es klappte nicht, und deswegen war es schlimm. Es gab Hindernisse, über die wir nicht rüberkamen, es gab Schwächen in jedem von uns, die dann zu Schwächen unseres Miteinander wurden. Aber jetzt sind viele dieser Schwächen zu Stärken geworden, und viele der Hürden sind kleiner. Oder wir kennen neue Wege.
In die andere, würde ich mittlerweile sagen, war ich auch mal verliebt. Aber ich wusste es nicht, habe mich viel zu sehr auf das konzentriert, was nicht war, statt auf das schöne Gefühl: Sie war nicht die Frau fürs Leben, sie war nicht die große Erlösung. Vor allem war ich in sie zur Abwechslung nicht unglücklich verliebt, und glücklich verliebt kannte ich nicht.
Das ist damals gescheitert, weil sie mehr wollte als ich. Anstatt die Schnittmenge zu leben, haben wir uns zerstritten.
Jetzt bin ich der, der mehr will, der ein bisschen zur Expedition drängt, die Tropenhelme schon gekauft hat, und jetzt muss ich abwarten, wo die Schnittmenge so ist. Ob es doch nicht die Tropen sind. Aber auch dieses Warten hat, jetzt wo wir darüber gesprochen haben, seinen Platz.

Und ich wünsche mir insgesamt so sehr, dass das Gefühl, dass ich jetzt gerade habe, weitergeht…dass ich es mir weiter erlaube, einfach verliebt zu sein, auch die Ungewissheiten zu ertragen, und dass ich beiden das Gefühl vermitteln kann, was ich jeweils für sie habe, dass das unabhängig voneinander ist und wunderschön. Beide lesen hier, und ich hoffe, hoffe, hoffe, es wird klar.
Ich fühle mich diesmal so viel besser ausgerüstet für… egal was. Die Dinge denen man halt so begegnet, wenn man die Liebe reitet. Und ich bin so gespannt, was man findet.

Vielleicht wäre das meine Antwort auf die Frage von Dossie Easton. Ich hätte Beziehungen, die Expeditionen sind, Safaris, die durch Savannen ziehen, manchmal schwitzen, manchmal dursten, aber eben auch manchmal Elefanten sehen und Löwen. Sich manchmal gegen Geier wehren müssen, die Schilder in ihren Klauen hätten auf denen stünde: “Du bist kein guter Partner” oder “Du bist ganz egal für die Expedition”, aber manchmal an Wasserfällen halten, an denen man kitschigen Sex hätte.
Und manchmal fände man eine schöne Wasserstelle, da würde man ein Häuschen bauen und könnte dorthin zurückkehren. Vielleicht würde man manchmal Menschen auf die Safari einladen. Vielleicht müsste ich damit leben, dass mein Geld nicht regelmäßig für ein Ticket reicht, und ich manchmal zuhause bleiben muss, während andere eine Expedition machen. Das würde schwierig. Dann würden sie Dinge entdecken, die ich auch gern kennen würde, und mir müssen dann die Dias reichen.
Die beiden haben eh schon viel mehr Dias als ich von so manchen Sachen…
Vielleicht zeigen sie mir mal die Schauplätze davon, irgendwann, oder erzählen mir weiter so spannende Geschichten.

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