19.11.2005 0:36
0 Kommentare »
Allgemein

Auf der Mailingliste gab es eine Diskussion über die starke Dichotomie von Monoamory und Polyamory (oft auch unfair gegenübergestellt: Monogamie und Polyamory, also einmal Ehe- und einmal Liebeskonzepte), und ich habe dazu was geschrieben, was ich auch hier veröffentlichen will (leicht abgewandelt).
Es löst die Dichotomie ein bisschen auf, und das muss ich erstens mir selber klar machen, aber vor allem mag es auch den einen Leserin oder die andere Leser erhellen.

Durch den ja weitgehend geklärten Konflikt in den letzten Mails, in dem es viel um Poly vs. Mono ging, darum, ob es überhaupt wirklich ein Versus gibt, fiel mir nochmal auf, dass ich das ganze ja (mangels anderem Wort) *freies Lieben* genannt habe.

In gewisser Weise finde ich das immer noch besser als Polyamory, weil es an einer anderen Ebene ansetzt und keine eigene Subkultur einfordert.

Aber mal von vorne. Oder eigentlich von hinten. Naja. Polyamory ist für mich sehr auf der Beziehungsebene. Obwohl die Wortbedeutung nur “Viele Lieben” ist, geht es ja sehr um alternative Beziehungskonzepte, um offene Beziehungen, Dreiecke, fuck buddies, cuddle buddies, Clans, usw. You name it.
All diese Sachen gibt es nicht in Monoamory. Auch auf der Polykonferenz in Hamburg vor einigen Wochen war da eine sehr deutliche Gegenüberstellung:
Mononormativität versus Polyamour.
Einerseits mag ich das, weil bei mir in der Tat eine Unzufriedenheit, oder vielmehr eine Inkompatibilität, mit Monoamory Ausschlag für meine Entwicklung gegeben hat. Das war irgendwie nichts für mich, Ausschließlichkeit, Priviliegien…Ich war heilfroh, als ich endlich erfuhr, dass es eine Alternative gibt (die als Alternative eben dadurch gilt, dass sie ganz anders ist).
Dieser Ideologie konnte ich mich gut anschließen, so innerlich.

Jeder Einschluss von Menschen ist aber ein Ausschluss anderer, jedes “Wir” birgt ein “Die anderen”, und das ist eigentlich nicht so schön.
Kleine Anmerkung: Die Emanzipationsbewegung krankt meiner Meinung nach daran, dass der Sprung nicht gemacht wird zu einer geschlechtsunabhängigen Bemühung von Antisexismus: Die Einschlüsse”Mann” sowie “Frau” sind noch sehr stark und schließen somit das jeweils andere Geschlecht (nehmen wir mal an es sind 2, ist für das Argumentnicht so relevant) aus.

Jetzt zum Hauptpunkt. Auch wenn diese Abkehr von Monoamory, dieses Zuhausesein in Polyamory, sehr schön war:
Freies Lieben trifft eigentlich besser, worum es mir geht.
Und freies Lieben kann es auch in einer bewussten, freiheitlichen Monobeziehung geben. Freies Lieben heißt für mich, dass man sich frei für seine(n) Partner entscheidet. Sich jeden Morgen aufs Neue klarmacht, ob man mit dieser Person gern zusammen ist.
Freies Lieben heißt, dass ich nicht den Anspruch habe, zu besitzen, und ebenso nicht besessen werden will (no offence to BDSM, wie das da läuft versteh ich noch nicht so ganz).
Freies Lieben heißt hinnehmend zu lieben, also nicht darauf zu warten, dass meine Erwartungen erfüllt werden, sondern dass anzunehmen und zu genießen, was geschieht. (Das schließt natürlich Bedürfnisäußerung und*freiwillige* Entscheidung zur Bedürfnisbefriedigung nicht aus, denn freies Lieben ist auch selbstverantwortliches Lieben.)
Freies Lieben heißt, dass niemand einen anderen unterdrückt, zum Beispiel durch Regeln, die nur ein Partner gut findet (Und da werden viele (aber eben nicht alle) Monobeziehungen schwierig, weil die Norm sich als Regel manifestiert, und nicht hinterfragt wird. Sobald sie hinterfragt und allseits bejaht wird, ist jede Regel wieder okay).

Ich könnte mir noch 1 bis 2 Punkte aus den Haarspitzen schütteln, aber der Grundgedanke wird klar, denke ich.
Ich möchte Freies Lieben gern als offeneres Konzept in die Runde werfen, eines auf dass sich Monos und Polys einigen können.
Gut, sicher, es mag auf beiden Seiten (hach, wie ich schon wieder die Dichotomie ausmale… naja) Leute geben, denen das nicht gefällt. “Moment mal, nix da Hinnehmen, ich hab auch Rechte, wir sind doch zusammen” oder eben “Wie jetzt Regeln, ist meine Beziehung ein Fußballverein?”. Klar.
Das Kontinuum der Möglichkeiten ist beliebig erweiterbar.

Aber irgendwo im Zentrum steht ein riesiger Common Ground (das ist linguistisch für Schnittmenge von Konzepten), den es zu begehen gilt, auf dem man sich vielleicht begegnen kann, ohne dass es kracht.
Krach ist nämlich nur manchmal schön.

Let Love Rule!

Kommentieren