07.03.2006 16:07
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Allgemein

Der oft erwähnte Nacktheitsgedanke hatte sich im Grunde schon mit dem Redesign des Blog angekündigt.
Ein halbnacktes Bild von mir ziert die Titelleiste, und auch wenn ein Teil der Motivation sicherlich durch mehr oder minder schnöden Exhibitionismus erklärbar ist, einen anderen Teil werte ich als unbewusste Entscheidung zu mehr Striptease.

Obwohl, nein Strip-Tease ist ja überhaupt nicht der Witz. Teasing ist ja gar nicht das Ziel, im Gegenteil.
Disclosure, also Offenbarung, Enthüllung, darum geht es, und zwar nicht in der Titelleiste, sondern beim Bloggen an sich. Zumindest zeichnet gute Blogs eine gewisse Authentizität (und ein gewisser Stil) aus.
Ich habe gerade mit großen Interesse bei Bandini gelesen, was ihn mit 14 so umgetrieben und wo er sich so rumgetrieben hat, und dachte “Hey, mann, warum ist das eigentlich interessant? Nicht nur kenn ich den Mann gar nicht, nein, das ist auch noch länger her als ich denken kann, wenn ich richtig einschätze, wie alt der gute jetzt ist”.

Aber es ist wie Warhol sagte:

“In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”
Andy Warhol, 1968

Warhol spielte damit vor allem auf die Macht von Medien in dem Sinne an, was sie mit Menschen machen können. Talkshows und Reality Dokus geben ihm recht, und im Angesicht dieser Änderung hat er einige Jahre später seinen Ausspruch aktualisiert:

Für mich steckt da auch was anderes drin, was Schönes. Denn der Grund dafür, dass die Medien aus beliebigen Menschen eine Berühmtheit machen können, spricht in gewisser Weise nicht nur für die Manipulationsmacht der Medien, sondern auch für die Gleichheit von Berühmtheiten und den normalen Menschen.

Das führt mich zurück zum Gedanken der Nacktheit. Das was nämlich gleich ist, ist eben das, was nackt ist. Heute kriegt man Ruhm dafür, wenn man man selber ist – auch wenn ich die mediale Präsenz in der privaten Welt für schrecklich halte, so gefällt mir doch die Idee, dass Leute Ruhm erlangen, weil sie sich nackt machen, sich als Menschen zeigen.

Oft läuft das andersrum: Warum interessiert es mich, dass Heiner Lauterbach in Indien im Knast saß, weil er Rauschgift schmuggeln wollte? Warum gebe ich irgendetwas darauf, was Musiker über Hungersnöte denken? Warum interessiert mich ihre Nacktheit, warum will ich mehr über sie wissen? Nur weil sie schon berühmt sind, weil mir oft die Gelegenheit geboten wird, sie als Menschen zu sehen. Genau das versuchen ja, mit widerwärtigen Mitteln, aber dennoch, auch Paparazzi: Die Menschen so zu “kriegen”, wie sie wirklich sind.

Und Blogs haben genau diesen Sinn, ohne den ganzen Kokolres von Berühmtheit vorher. Und deswegen lese ich zum Beispiel über Bandinis Jugend, oder was da sonst so ist.
Es ist authentischer Kram. Disclosure. Bei Blogs wie bei Berühmtheiten. Die Menschen öffnen sich, und berühmte Leute haben nunmal oft Mikrophon und Kamera um sich, und dass dabei gelegentlich mal Authentisches rüberkommt, zwischendurch, ist ja klar. Blogger wählen schlicht selbst, wann und womit sie auf Sendung gehen.

Und 15 Minuten dürfte übrigens exakt die Zeit sein, die es dauert, sich bei einem beliebigen Blogdienst anzumelden und dort den ersten Beitrag zu schreiben. Oder ein Nacktbild reinzustellen. Und vielleicht damit berühmt zu werden. Aber auf jeden Fall genügt es, um sich nackt zu machen, im beliebig übertragbaren Sinn.

In 15 minutes everybody will be famous.

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