05.04.2006 23:45
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Allgemein

Nachdem ben_ letztens ein ganz wunderschönes Photo geschossen hat, und ich ja mittlerweile Besitzer eines Palms mit Photofunktion bin, ging ich heute etwas anders zur Arbeit.

Ich nahm, ohne irgendwas zu photographieren, viele der Eindrücke mehr als Motiv wahr, war aufmerksam dafür, ob irgendetwas ein gutes Bild wäre. Dann sind Spiegelungen auf einmal gerahmte Welt, und Ecken sind Kontrast. Schön ist das, hab ich da gedacht, und: So muss ein Photograph die Welt wohl immer sehen.

Ich bin kein Photograph. Ich werde wohl ein bisschen mit meinem Palm knipsen, weil ich Schnappschüsse mag, aber das Auge des Photographen ist mir nicht gegeben.
Ich habe dafür ein bisschen das Ohr des Musikers. Es fällt mir auf, wenn im Fitnessstudio jemand im Takt der (fürchterlichen) Musik seine Turnschuhe auf das Laufband platschen lässt, und gleichzeitig Gewichtsscheiben aus einer anderen Ecke immer auf die 1 klappern. Oder wenn S-Bahn-Kreischen und Autoverkehr zwei Spuren sind. Solche Sachen.

Das ist ein anderer musischer Sinn. Wie schön, die Welt so zu sehen! Wunderbar! “Fake it till you make it” hat mein amerikanischer Ausbilder (Psychotherapie) letzte Woche gesagt – ich glaube, ich würde gern öfter so tun, als hätte ich jene musischen Sinne.

Würde die Welt eben mit dem Auge eines Photographen sehen. Mit der Nase eines Gourmets würde ich riechen, wie die Schokolade des Jungen neben mir sich mit dem chinesischen Geruch des Imbisses dort hinten verbindet, und wie das auch ein Gericht wäre.
Mit dem Gleichgewichtssinn eines Tänzers würde ich spüren, wie der Wind mich bewegen möchte, und meine Zehen mich zurückhebeln.
Mit dem Tastsinn eines Bildhauers würde ich die metallenen Geländer spüren, und die Menschen, die zu berühren mir vergönnt ist, würde in ihren Gliedern Formen erkennen.
Mit dem Temperatursinn eines Pantomimen würde ich spüren, dass just wo der Wind nachlässt, es erst noch einmal kälter unter meiner Jacke wird.

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