05.08.2005 12:11
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Allgemein

Ich hab mir im Urlaub überlegt, dass ich mal die Zitate erläutern könnte, die ich da unten links so einblende.
Immerhin erschließt sich nicht bei allen der Bezug zum Lieben, manche widersprechen sich in gewisser Weise. Also los.

“What’s in the box?”
“Pain”
Frank Herbert, Dune

Den Film Dune kennen viele. Dahinter stecken 6 Bücher, eigentlich 7, wenn der Autor nicht zu früh gestorben wäre, und sie sind brillant. Wirklich unglaublich. Die Hexalogie erstreckt sich über mehrere 1000 Jahre, was ich allein schon cool finde, und das sogenannte Duniverse ist lebendig, kompliziert, politisch und… denkbar. Genau. Alles macht Sinn.

Ich stehe nur bedingt auf Science-Fiction. Gut, ich mag das meiste irgendwie, habe Spaß an Raumschiffballereien und verrückten Ideen, aber nie hat mich etwas so sehr in den Bann gezogen wie Dune von Frank Herbert.

Das besagte Zitat stammt aus dem ersten Buch, in dem Paul Atreides, Sohn des Duke Leto II Atreides, mit der Reverend Mother Gaius Helen Mohiam spricht.
Die Reverend Mother gehört der Bene Gesserit Schwesternschaft an, die ein Zuchtprogramm haben, um die Menschheit nach ihrem Willen zu formen. Sie behaupten, dieses Formen sei essentiell, um den Genpool zu retten, aber es wird nie wirklich klar, ob sie nicht einfach nur machthungrig sind.
Diese Schwesternschaft hat bereits große Macht. Beispielsweise können die “voll entwickelten” Reverend Mothers jeden Muskel ihres Körpers willentlich steuern, können andere durch “Voice”, einer bestimmten Stimmlage, die etwas im Cerebellum anspricht und den Cortex umgeht, manipulieren und auf die Erinnerungen ihrer weiblichen Vorfahren zurückgreifen. Allerdings nur die weiblichen.

Für ihr Zuchtprogramm, und für die Schwesternschaft, züchten sie den Kwisatz Haderach (seit etlichen Jahrhunderten). Dieser kann sowohl die weiblichen wie auch die männlichen Erinnerungen nutzen.

Paul Atreides ist wahrscheinlich dieser Kwisatz Haderach, und um seine Menschlichkeit zu testen, sucht die Reverend Mother ihn auf, und zwingt ihn dazu, seine Hand in eine unscheinbare schwarze Kiste zu legen.

“What’s in the box?”
“Pain”

Wenn Paul die Hand drin lässt, besteht er den Test. Andernfalls stirbt er.
Das Leid ertragen zu können, mit dem Geist, der weiß, dass es nur Schmerz, kein Schaden ist, über den Körper zu triumphieren, der spürt, wie das Fleisch der Hand langsam verbrennt, das ist Menschlichkeit für die Bene Gesserit.
Leben ist leiden, heißt es übrigens bei den Buddhisten.

Mir gefällt diese Szene. Erstens ist sie unheimlich cool. Zweitens hat sie, und deswegen steht sie hier, viel mit dem zu tun, was ich übers Leben denke. “And be hurt some more” beschreibt für mich ja bekanntermaßen sehr gut, was Lieben ausmacht. Dass man sich, obwohl es schlimm sein wird, immer wieder dafür entscheidet.
Und das gilt halt nicht nur fürs Lieben, sondern für alles.
Mensch sein ist anstrengend. Das Leben läuft nie, wie man es haben will. Dem Fleisch (ich verstehe das etwas weiter, nicht nur Körper, sondern auch einfach “uns”) widerfahren Dinge, die wir nicht haben wollen, aber wir haben die Fähigkeit, sie hinzunehmen, und weiter zu machen.
Etwas anderes bleibt uns ohnehin nicht übrig. Wir können die Welt nicht ändern, wie können nur ändern, wie wir die Welt sehen. So wie Paul den Schmerz nicht ändern kann, sondern nur, wie er den Schmerz sieht.

Wenn Zeit nicht linear ist, was ich glaube, dann kann man zu jedem gegebenen Zeitpunkt ohnehin nur zurückschauen und sagen “Gut, dass alles war, wie es war. Sonst wäre ich jetzt nicht ich”.

Und diese Fähigkeit, die natürlich auch mit ein Grund ist, warum ich Therapeut werde, weil ich halt glaube, dass Menschen es schaffen, ihre Hand in die Box zu legen, und den Pain auszuhalten, den das Leben für sie bereithält, diese Fähigkeit der Menschlichkeit, diese große, schlimme Emotion, die da mitschwingt, und die alles drumherum aufwertet (ihr wisst schon, so wie die Nacht auch den Tag aufwertet), die steckt für mich in diesen Worten.

Paul fragt im Anschluss:

“And that’s all there is to it – pain?”
“I observed you in pain, lad. Pain’s merely the axis of the test. [...] Our test is crisis and observation.”

Krise und Beobachtung. Wie sehe ich die Welt, wenn es schlimm ist. Ganz genau das ist der Punkt.

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