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Eifersucht ist dummerweise real. Sie ist zwar nur ein Gewand für Selbstzweifel, Verlassensängste und Neid, aber dennoch sehr real. Man kann sie spüren, und sie nervt. Gerade erlebe ich selber hin und wieder Eifersucht gegenüber Kira, in die ich verliebt bin, und dadurch wächst mein Verständnis für andere Menschen, die eifersüchtig sind.

Gestern im Park mit einem Freund erzählte er davon, dass seine Freundin eifersüchtig wäre auf zwei Begegnungen mit wunderbaren Frauen, die er erlebte, und sie fragte ihn danach, was diese Begegnungen im bedeuten würden.

Ich hasse diese Frage. Die erwartete Antwort ist nämlich: “Gar nichts, Liebling, die Bedeutung ist, besonders im Vergleich zu deiner Bedeutung, absolut nichtig.”

Aber das stimmt nicht, und es ist eine Schande, es so beschreiben zu müssen. Solche Begegnungen sind nämlich heilige Momente, in denen es einem gelingt, sich zu öffnen, mehr die Person zu sein, als die man sich fühlt, es ist ein Treffen zweier Seelen, die miteinander in Schwingung gehen, es macht das Leben intensiv und schön, kurz: Es ist der totale Hammer.

Aber wie gesagt, mein Verständnis für Eifersucht wächst, denn die Frage “Was bedeutet dir diese Frau?” ist ein Code, und die tatsächlich dahinter steckende Frage ist: Was bedeute ICH dir? Es ist ein Missverständnis, wenn man stattdessen auf die gestellte Frage antwortet und sich gezwungen sieht, diese traumhaften Begegnungen herunterzuspielen (und damit die eigene Erfahrung ärmer zu machen).

Vielleicht kennt ihr Situationen, in denen ihr eifersüchtig wart und euch von einer anderen Person bedroht fühltet, und vielleicht habt ihr gefragt, was diese Person bedeutet. Wenn ich erneut in die Situationen gehe, in denen ich das erlebt und gefragt habe, stelle ich ganz klar fest: Linderung brachte immer nur die Antwort auf die Frage: “Was bedeute ich ihr?.

Mit dieser Erkenntnis einher geht für mich eine weitere Einsicht in die Natur von Beziehungen, gerade auch bei in die Natur von offenen Beziehungen, Mehrfachbeziehungen: Eine Beziehung wird zur Beziehung, weil ich mich bemühe, die Bedeutung meines Partners (bzw. meiner Partner) spürbar für ihn (oder sie) zu machen. Das ist meine Verantwortung. Bei allen wunderbaren Erlebnissen, die ich habe, bei allen Bedürfnissen nach Freiheit und der Möglichkeit, meinen Impulsen zu folgen, bleibt das die grundlegende Verantwortung: Emotional beim Partner bleiben (oder zurückkommen), sich selbst und ihm die Bedeutung klarmachen, die er für mein Leben hat.

Natürlich ist gerade auch eine Phase, wo ich viel von Polyamory, freiem lieben und allem in Frage stelle, schlicht weil es so unglaublich schwer ist, und zumindest aktuell tue ich jemandem weh, den ich liebe.

Da tut es dann zwischendurch gut, sowas wie beim Streetgirl zu lesen, die als Prostituierte arbeitet:

Sylvia hatte mich telefonisch bestellt. Sie klang recht sympathisch und wir vereinbarten den Termin. Als ich hinkam, empfing sie mich auch sehr freundlich und entschuldigte sich, weil es noch ein paar Minuten dauern würde. [...]
Etwa eine Viertelstunde später klingelte es und Rainer kam nach Hause. [...] Freundlich begrüßte er mich und meinte anerkennend zu Sylvia, dass sie einen fantastischen Geschmack hätte.
Und 5 Minuten später verschwanden Rainer und ich im Schlafzimmer und Sylvia vor dem Fernseher.
via Streetgirl

Gibt’s also doch, Beziehungen frei von Eifersucht, und Sex frei von Aufladungen.

Gerade kommentierte ich woanders zum Thema “Treue als mögliche Rettung vor der Verlassensangst”. Ein gewisser Feliks schrieb dabei

Außerdem könnte das Konzept der Treue ja dem nachdenkenden herausfindenden Ich entspringen, wie es bewusst mit der Verlassensangst umgehen will. Mir scheint, dass Treue in sehr vielen Fällen genau die Geborgenheit vermittelt, die diese Angst beruhigt.

Das ist schlau, das stimmt nämlich. Feliks schreibt weiterhin, dass dieses Konzept nicht für jeden was ist, auch das stimmt.

Mein Punkt dazu ist unsere Lerngeschichte. Ein Beispiel: Eine meiner frühesten Erinnerungen ist ein animatronischer Bär in einem Freizeitpark, der wurde von roten und gelben Lichtern beleuchtet, machte “KRAHCHCHAOAOCHORORR” und ich hatte schreckliche Angst und lief weinend aus dieser grauenvollen Höhle (Vergnügungspark… pah!).
Angst. Meist irrational, leider dadurch nicht minder schlimm. Deswegen lernt man aber, damit umzugehen. Wenn das Karussell sich zu schnell dreht und mir nicht wohl ist, hätte ich damals geweint, heute warte ich eben die 2 Minuten ab und verlasse dann das Gefährt. Ich kann das mit Abstand betrachten.
Auch mit Wut lernt man das. Während man im Kindergarten den anderen Leuten noch die Bauklötze links und rechts um die Ohren haut, wenn etwas nicht klappt, kann man heute andere Alternativen wählen.

In beiden Fällen hat das damit zu tun, dass die kindlichen Verhaltensweisen, oder sagen wir die ursprünglichen, sehr direkten Verhaltensweisen, nicht erwünscht sind. Niemand mag schreiende Kinder in zentripetalen Fahrgeschäften, niemand mag Bauklötze um die Ohren kriegen. Weder links noch rechts.

Bei Gefühlen wie Eifersucht oder Verlassensangst gibt es weder eine solche Sanktion, noch jemanden, der einem das beibringt. Viele Menschen finden Eifersucht sogar schön (“So sehr liebst du mich?”). Hier werden also die ursprünglichen, sehr direkten Gefühle, verstärkt, und man lernt nie, ob es Alternativen gibt. Oft begegnen mir bei Gefühlen wie Eifersucht oder Verlassensangst sogar genau die umgekehrten Schlussfolgerungen. Das sei doch so ursprünglich und direkt, Kinder hätten das auch, so sei das eben.
Kinder hauen aber auch auf Leute ein, wenn sie wütend sind und laufen auf die Straße, wenn sie sich vor einem Hund erschrecken. Das müssen die dann eben noch lernen*.

Jetzt ist, man mag es schon vorrausgesehen haben, meine Meinung natürlich, dass es solche Alternativen gibt, dass sie schön sind. Man muss sich diesen Gefühlen, zum Beispiel der Eifersucht, halt stellen, so wie man sich damals dem Bären stellen musste oder der Tatsache, dass Timmi auch mal Türmchen bauen wollte. Dann kommen neue Dinge. Das gute an solchen irrationalen Mustern wie Angst, Zorn oder Eifersucht ist nämlich, dass sie flott wieder vergehen, wenn man erstmal merkt, dass das vielleicht etwas übertrieben ist.

Wer nie auf den Turm steigt, wird nie erfahren, wie es ihm damit geht. Seine Angst hindert ihn daran, die Angst loszuwerden. Parasitär.
Mit Eifersucht ist es dasselbe.

Auch oft höre ich übrigens das Argument der Tierwelt, das ist ähnlich. Tiere würden doch auch monogam leben, und die wären auch eifersüchtig, und wir wären doch auch nur bessere Säugetiere.
Tiere beißen aber auch ihre Jungtiere tot, wenn kein Fressen da ist und zwingen die Weibchen zum Sex. Das finden wir dann wieder nicht so cool. Wir haben nämlich, im Unterschied zur Fauna, eine Moral.

PS: Am 13.10.05 habe ich den Gedanken aus diesem Beitrag hier fortgesponnen: Nie verlernt

Warum denn ein Blog, lieb doch wie du willst und lass die Leute in Ruhe.
Naja.
Das hat mehrere Gründe.

1. Mich verstehen die Leute nicht. Das ist scheiße, das fühlt sich nicht gut an, das bedingt nervige Gespräche (für beide Seiten nervig). Vielleicht kann ich in Zukunft einfach sagen “Du, ich hab da was drüber geschrieben, schau doch mal auf meiner Seite vorbei, danke”.
Und an dieser Stelle will ich, um Missverständnissen hier vorzubeugen, gleich deutlich machen, dass ich mit freiem Lieben nicht freies Ficken meine. Das kann dazu gehören, muss aber nicht. Deswegen sage ich auch “freies Lieben” und nicht “freie Liebe”, weil der Begriff so vorgeprägt ist.

2. Ich glaube, dass viel Leid entsteht durch die Vorstellungen von Liebe, die gerade so gelten.
Denn das muss man sich klarmachen. Romantische Liebe ist gerade Mode. Noch vor 100 Jahren war das völlig egal, da ging es um eine gute Partie, die Liebe würde schon kommen.
Und jetzt, wo wir (glücklicherweise) viel Wohlstand und viele Möglichkeiten haben, da ist romantische Liebe scheinbar sehr nah, und wird uns auch nahgebracht, in Musik, in Filmen, in der Erziehung.
Und auch in den Geschichten, die Menschen dann erzählen – weilsie halt die Geschichten erzählen, die sie schön finden, die auch gesellschaftlich anerkannt sind, und schön finden sie jene, die sie halt aus Film und Musik kennen… so geht das dann weiter.
Aber diese sogenannte romantische Liebe macht traurig. Sie macht die Dinge weniger, die einem so widerfahren, obwohl sie so viel sind.
Wenn zum Beispiel eine Beziehung kaputt geht, und es dann heißt, “er war halt nicht der richtige”.
Is doch Quatsch. Für die Zeit, die man hatte, war es doch mindestens genau der richtige.

Und so glaub ich also, dass es Leuten gut tut, wenn sie auch mal andere Gedanken zum Thema Liebe lesen.
Mir tut es immer gut, wenn ich weiß, dass ich nicht allein dastehe mit dieser Meinung. Denn es ist wahrhaftig nicht einfach, sich immer wieder frei zu machen von Klammern, von Eifersucht, von Besitzdenken, aber ich glaube fest daran, dass es richtig ist, und will es halt versuchen.
Ob es klappt weiß ich noch nicht.
Aber klappt denn die romantische Liebe?