24.09.2005 12:04
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Allgemein

Gestern abend war ich auf einer Hochzeit. Zwei Menschen gehen einen Bund fürs Leben ein.
Erstmal übrigens sprachlich interessant: Zunächst spricht man von Beziehung, man bezieht sich also aufeinander. Dann heißt es Bund, man bindet sich an den anderen. Sogar ewig.
Manchmal gibt’s am Ende dann noch das Thema Bezüge, da wird dann wieder bezogen, aber eben nicht “sich aufeinander” sondern “Kohle”. Das lassen wir mal außen vor, auch wenn es ein sehr anschaulisches Beispiel für reflexive Verben ist.

Ich muss mir immer Mühe geben, mich wirklich zu freuen. Nein, das klingt dann doch zu hart… Naja, jedenfalls wäre das nichts für mich. In den Staaten ist die Polygamie gerade beim Versuch, eine Gesetzesänderung zu erwirken, damit man mehrere Menschen heiraten kann. Das würde mir ein bisschen mehr gefallen, aber auch nicht so recht.
Das Eheversprechen macht die ganze Sache noch mehr zu einem Vertrag, noch weniger im Jetzt, das wäre nichts für mich.

Aber der Punkt dieses Beitrags soll ein ganz anderer sein, nämlich das Ritual “Hochzeit” an sich.
Ich war jetzt auf zwei Hochzeitsfeiern (bei der ersten war ich sogar Trauzeuge – da sag nochmal jemand, ich wäre nicht offen dafür, dass andere Leute exklusiv lieben wollen), habe mir aber sagen lassen, das sei Standard:
Der Mann hält die Begrüßungsrede. Eine Braut, die aufsteht, die die Gäste mit ein paar Worten begrüßt und das Buffet eröffnet… das sieht man nicht.
Tradition, jaja. Aber auch Sexismus.

Genauso viele der Spiele: Am Schlimmsten dabei schien mir immer der Schleiertanz. Ein paar Leute halten einen Schleier, darunter steht die Braut, und wenn man mit ihr tanzen will, wirft man Geld in den Schleier. Bin ich da der einzige mit der Assoziation “Achso, ja, die gehört jetzt ihrem Mann, wenn ich jetzt was Schönes mit ihr machen will hat das seinen Preis”? Immerhin, bei der einen Hochzeit, wo der Schleiertanz gemacht wurde, konnte man auch den Bräutigam “auslösen”. Ist zwar immer noch gefangen, aber wenigsten gleichberechtigt.
Aber selbst die Spiele der Gäste gehen diesen traditionellen Weg und hauen voll aufs Geschlechterbild: Gestern gab es ein Rollenspiel, eine alternative Kennenlerngeschichte. Der kühne Ritter trifft die schlichte Magd. Er hat den Drachen getötet, wurde aber zu Stein verwandelt, sie ist durch einen Sumpf (Hui!) und über Berge (Ach was!) gekommen, um ihn wieder fleisch zu küssen.
Die Vorführung war übrigens das Geilste, was ich an Amateurdarbietungen so sah, mit Feuer (echtem Feuer) beim Drachen und weiteren special effects, aber diese archaische Scheiße…

Gibt es eigentlich schon Frauen, die Heiratsanträge machen? Immerhin gibt es Frauen, die ihren Namen behalten (und Männer, die ihren abgeben, zB gestern), und das finde ich auch modern, auch wenn ich natürlich gleich schreie “Oh weh! Man muss ein Stück von sich für die Beziehung aufgeben! Das kann doch nicht gut sein!”

Mir ist das komisch. Mir ist aber natürlich sogar eine exklusive, gebundene, lebenslange Liebe fast zuwiderer (hihi) als der unterschwellige Sexismus unter dem Deckmantel der Tradition.
Mir erscheint beides irgendwie wenig zeitgemäß.

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