Vor der Verschmelzung fürchte ich mich immer. Wenn Beziehungen zu nah werden, wenn es nur noch ein Wir gibt, grusele ich mich, und mein Wunsch nach einer Beziehung wird deutlich geringer. Und ich glaube auch wirklich, dass das keine gute Sache ist. Gestern erst im Stern gelesen (was für ein Käseblatt, aber na gut): Paartherapeuten raten dazu, auch mal was mit sich allein zu machen, Geheimnisse zu haben, sich mit anderen Menschen als dem Partner auszutauschen. Dann klappt’s auch nach 10 Jahren noch im Bett (war ja klar, dass der Stern irgendeine Geschichte draus strickt, die ihm erlaubt Brüste aufs Cover zu drucken).
Ich hab auch nie verstanden, wie das passieren kann mit der Verschmelzung. Ich bekomme immer Fluchtreflexe, wenn mich jemand einengt. Aber gestern abend im Bett stand was Schönes im Murakami:
Das Mädchen in Murakamis “Kafka am Strand”
Das kann ich verstehen. Das ist eine Verschmelzung, aber sie leuchtet mir ein. Ich könnte jetzt noch ein bisschen argumentieren, dass es Unterschiede gibt zwischen der Verschmelzung, die ich fürchte, und dieser hier, die mir gefällt, dass erstere deswegen schlecht ist, weil man sich selbst aufgibt, und die zweite gut, weil man gerade nochmal mehr mal selbst ist.
Sie sieht mich direkt an und tastet nach ihrer Haarspange. “Es fühlt sich ganz natürlich an, und wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, ist es ganz leicht.”
Kafka und das Mädchen
Aber die Trennung ist gar nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass ich nach dieser Schilderung eine Art zu verschmelzen zu sehen glaube, die auch mir gefällt. Ich habe irgendwann früher mal geschrieben, dass es so eine Entwicklung gibt, von Offenheit zu Nacktheit zu Berührung zu Verschmelzung, und dass mir das Ende nicht zusagt. Aber vielleicht wird es ja diese andere Art, wo man ganz man selbst bleibt, so wie ich es mit dem Schnee, dem Lachen und der Kälte schon kenne.
Ich glaube, das gefällt mir.