25.05.2007 12:06
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Allgemein

“Bahnung” oder “Priming” nennt man 2 ähnliche psychische Prozesse, bei denen es darum geht, dass Information in irgendeiner Art voreingenommen verarbeitet wird. Priming ist dabei sehr kurzfristig: Wenn ich bei der Darbietung des Wortes Kiefer einen zahnärztlichen Kontext habe, verstehe ich es anders, als wenn es um Bäume ging.
Bahnung ist, wenn ich mich richtig erinnere, langfristiger. Wenn ich Zahnarzt bin, werde ich bei Kiefer ohnehin eher an den, nicht an die Kiefer denken.

Gestern im Gespräch mit Paikja fiel mir auf, dass Liebeskummer genauso funktioniert: Die Bahnen im Gehirn, die Wege zwischen den Synapsen, sind alle belegt mit dem Partner. Denk ich an Sex, denk ich an den Partner, denk ich an Zärtlichkeit, denk ich an den Partner. Kino, Essengehen, Geburtstag, immer denk ich an den Partner, weil ich ihn oder sie in der letzten Zeit ja tatsächlich oft mit diesen Dingen in Verbindung gebracht habe.

Synapsen
Wo ist die Liebe in diesem Bild?

So erklärt sich zweierlei: Zum Einen ist klar, warum es nach einer Trennung so unglaublich unvorstellbar ist, sich auf einen neuen Partner so einzulassen: Die Bahnen sind ja belegt. Meine Vorstellungen, also Phantasien, mit einer neuen Partnerin, schießen durch die Synapsen, aber treffen immer die alten Vorstellungen – und verlieren, denn die alten sind lebhafter, genauer, detaillierter und vor allem: realer.
Aber zweitens erklärt sich so, warum der Abstand so gut tut, und warum man mal was anderes machen sollte. Die Synapsen müssen sich erholen, und wenn man mehr erlebt, sind die Bahnen wieder frei. Das nennt man (obschon eigentlich nicht so langfristig gemeint) Refraktärzeit, und wenn sie um ist, kann man neuen Menschen ganz unvoreingenommen begegnen.

Vorher, das muss man wohl so hart sagen, haben sie wenig Chancen, und sind eher dafür gut, die Bahnen im Gehirn wieder freizuschießen.
Kein ganz schöner Sinn einer Beziehung, aber seid ehrlich: Übergangsbeziehungen, oder Trostpflaster, oder wie man sie nennt, sieht man oft. Oder erlebt sie sogar selbst. Und ich zumindest war tatsächlich immer dankbar für diese kurzen Beziehungen, wusste aber nicht so recht warum. Es war nie so richtig groß, und doch hatte ich das Gefühl, hat es mir so gutgetan.

Vielleicht, weil sie Synapsenputzer waren.

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