Ich habe den Anspruch an mich selbst, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, es zu gestalten. Nicht gelebt zu werden, sondern eben zu leben. Die Gedanken aus dem hervorragenden hard science-fiction Roman “Parable of the Sower” passen sehr gut dazu. Darin entwickelt die Protagonistin eine sehr glaubbare Religion um dem zentralen Satz: God is change. Gott ist Wandel. Und die angemessenste Form des Dienstes an diesem Gott ist, den Wandel zu gestalten, Teil des Wandels zu sein.

Pray to focus your thoughts,
still your fears,
strengthen your purpose.
Respect God.
Shape God.

Diesem Gestalten meines Lebens steht einiges entgegen. Immer zwischendurch erscheint mir das alles zu groß, zu schwierig, zu viel für ein armes kleines Menschlein allein. Oder ich fühle mich einfach zu faul, möchte mich zu gern einrichten in den Status Quo in dem naiven Wunsch, irgendwie wird es schon alles, und ich möchte nicht ständig ackern.

Wie will ich wohnen? Wie will ich leben und lieben? Das steht gerade an, und ich merke, die Gestaltung dieser Lebensbereiche ist quite challenging. Zwei Frauen, die ich liebe, mit denen gerade mehr eingestiegen wird in die Prozesse (von mir und ihnen), was mich umso mehr in die Situation bringt, es gestalten zu wollen, ja: gestalten zu müssen. Die Energie in diesen Prozessen ist wie eine Flut: Wenn ich keine Kanäle grabe, läuft sie sonstwohin und überschwemmt alles, was mühsam großgezogen wurde. Aber ich will die Prozesse kultivieren, ich brauche gute Gräben, ich will keine Auenlandschaft und dann mal sehen wie’s wird. Wasser ist gut, aber es muss gelenkt werden.

The Self must create
Its own reasons for being.
To shape God,
Shape Self.

Ich weiß gar nicht, wo ich hin will mit diesem Artikel. Ich glaube, ich will einmal deutlich machen:

Alter, alles muss gestaltet werden, alles muss gebaut werden, das eigene Leben wartet nicht im nächsten Tag, es wird in jedem neuen Heute aus dem Boden gestampft, und verdammtnochmal, das ist aber oft auch wirklich eine harte Arbeit.

Nicht, dass ich das gerne anders hätte. Es ist richtig, genau wie es ist. Ich wünschte nur, ich hätte ein bisschen mehr Power dafür, und könnte es besser.

As wind,
As water,
As fire,
As life,
God
Is both creative and destructive,
Demanding and yielding,
Sculptor and clay.
God is Infinite Potential:
God is Change.

5 Kommentare zu “Gestalten.”

  1. ben_ sagt:

    Hmm … da muss ich ja ein wenig widersprechen. Das läuft ja dem Lehrsatz entgegen, den ich ja von Dir habe. “Ich bin eigentlich gerade ganz zufrieden mit mir. Ich muss gar nicht besser werden.”

    Und irgendwie scheint es auch in Widerspruch zu dem ganzen Zen und Yogakram zu stehen, mit dem ich mich gerade wieder beschäftige. Kopfausschalten. Einatmen. Ausatmen. Mehr ist nicht nötig.

    Und zum dritten widerspricht es meinem Ilysium, das daraus besteht, den Rest meines Lebens jeden Tag aufzustehen, Kaffee zu kochen und vor meinem abgelegenen Kotten den mit dem Kaffee am Computer zu sitzen. Ich schreibe oder programmiere oder so. Und ab und zu kommen Freunde vorbei. Wir reden dann, spielen Brettspiele und trinken Whisky. Irgendwann stolpere ich dann über einen Stein im Hof und breche mir beim Stutz das Genick. Mit 80 oder so.

  2. ava sagt:

    Ich finde den “Widerspruch” gar nicht so schlimm. Ich glaube, die wichtigen Dinge, die es im Leben zu lernen gilt, funktionieren im Paradox. Das hier ist wahrscheinlich eines davon. Andere Paradoxe sind zum Beispiel: “Ich bin ganz alleine selbst für mich und mein Wohlergehen verantwortlich” und “Ich bin auf andere angewiesen und komm alleine nirgendwohin”. Oder dass ein gutes “Wir” nur aus zwei selbständigen “Ichs” bestehen kann.
    Ich glaube, beides ist wichtig: zu erkennen, dass ich gestalten muss wenn ich will, dass mein Leben so ist, wie ich es will und gleichzeitig loszulassen und zu erkennen, dass da oft auch Sachen passieren, die nicht in meiner Hand liegen und damit im Frieden zu sein. Ich mag in dem Zusammenhang übrigens Sartre sehr gerne, der davon spricht, dass es nicht geht, sich nicht zu entscheiden. Und natürlich ist das oft auch einfach die Entscheidung für eine Sichtweise oder Einstellung; will ich mein Leben lang nach Glück suchen oder beschließe ich, es hier und jetzt zu finden?

  3. j. sagt:

    Illustre Runde, hier im Blog. Geil.

  4. j. sagt:

    @ben: Ach, auch noch inhaltlich: “Ich muss mich nicht verbessern” ist kein Gegensatz zu “Ich möchte mein Leben aktiv gestalten”. Der erste Satz wehrt sich nur gegen den Druck, die eigene Persönlichkeit ständig optimieren zu wollen, über die Gestaltung der eigenen Umstände sagt er nüscht.

  5. ben_ sagt:

    Ok. Ich glaub ich sehr den Punkt. Im Zweifel ist halt sind auch Nichtstun und Alles-so-tun-wie-immer bewußte Entscheidungen FÜR etwas, nech?

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