Monatsarchive: Februar 2006

02.02.2006 18:59
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Film
Lieben

So, ich habe mir, nachdem mir von mehreren Seiten nur Gutes berichtet wurde, in der Tat die Träumer gekauft.

Nun bin ich nicht besonders gut in Filmkritiken. Oder Buchkritiken. Kann Amazon eh beides besser, die sind da ja auch für da. Erzählen, was passiert, tue ich eigentlich ungern, und wenn dann nur mit Spoiler-Warnung – die ich bereits gebe, wenn ich etwas jenseits von Seite oder Minute 60 schreibe, unabhängig davon, wie wichtig das für den Film ist.

Filme sind Flucht. Und da ich in letzter Zeit immer deutlicher merke, dass Flucht meine Strategie bei Problemen ist (Flucht in die Isolation, Flucht in die Verdrängung, Flucht in den Code), ist auch klar, warum ich Filme mag. Weg mit den hässlichen Menschen und dem alltäglichen Alltag, her mit Geschichten. Szenen. Ich wünschte, meine Tage wären Szenen. Ich kann’s auch nie schlimm finden, wenn mir jemand eine Szene macht…

Wie dem auch sei, eben weil Filme Fluchten sind, die ich wahrhaftig niemandem verdenken will, mag ich Leuten keine Anker setzen in die Realität. Wenn jemand mitten im Film daran denkt, dass ich ihm oder ihr diese Szene vorher verraten habe, ist man -zack- zurück in der Welt. Ganz egal, wie winzig die Info ist.

“Achja, da schlägt er jetzt den Nagel ein, stimmt, hat J. ja erzählt.”

Richtig verheerend ist es, wenn man dann darüber hinaus Dinge verrät.

“Das ist doch der Nagel, an dem er sich nachher aufhängt!”

Immersion futsch, Flucht futsch, Film futsch. Dann ist der Film nur noch eine Reihe von Bildern.

In die Träumer sind es ungefähr 165000 Bilder, und in ungefähr 100 davon spricht Matthew, einer der drei Protagonisten, den folgenden Satz:

“Ich will nicht ‘über alles’ geliebt werden. Ich will nur geliebt werden.

Und jetzt muss ich leider doch erklären, warum das so schön war. Also, konsequenterweise:


*** SPOILER-WARNING ***

Matthew zieht bei Isabelle und Théo ein, einem Geschwisterpaar, das unverschämt (sic) innig miteinander ist, und zwischen den dreien entwickelt sich eine große Liebe, eine große Zärtlichkeit, überhaupt etwas ziemlich Großes. Das Ganze hat noch andere Ebenen, die nicht alle schön und rein sind, aber die tun hier nichts zur Sache.
Jedenfalls ist Matthew in den erwähnten 4 Sekunden sehr berührt von all dem, und sagt zu Isabelle, was es zu sagen gilt, wenn es wirklich stimmt. “Ich liebe dich, Isabelle.”
Sie antwortet, schläfrig vom Bade, in dem die drei sich befinden: “Ich liebe dich auch, Matthew.”
“Ja, aber… Ich liebe dich wirklich”, beharrt Matthew, und erläutert, nachdem auch Theo bestätigt, dass sie beide ihn wirklich lieben, dass das eigentlich nicht das ist, was er hören wollte.
“Was wolltest du denn hören”, fragt Theo.
“Ihr solltet sagen ‘Ihr liebt mich’.”
Das geht dann ne Weile so hin und her, bis Isabelle sich irgendwann wieder einschaltet, etwas harsch und sehr bestimmt sagt

“Was hast du denn? Wir lieben dich über alles…!”
“Ich will nicht ‘über alles’ geliebt werden. Ich will nur geliebt werden.”
Isabelle und Matthew in “Die Träumer”

Das allein ist schon ganz wunderschön. Es klingelt dabei etwas in mir, als hätte man mein inneres Rentier geweckt. Ich kann kaum erklären, was es ist… klar, zum Einen ist deutlich, dass es nicht um eine Hierarchie geht, nicht um Versprechen von Unvergleichlichkeit und großen Mythos, sondern einfach um Liebe. Aber da ist noch mehr, so eine große, einfache, fast kindliche Wahrheit, die mich berührt.

Umso breitseitiger trifft mich dann Isabelles ruhiges Resümee seiner schönen Worte:

“Wenn jemand Liebe will, dann gibt es so etwas wie Liebe nicht, sondern nur Beweise der Liebe.”

Ich bitte, das kurz mal zu überdenken.

Mich trifft es.
Wenn ich darauf warte, wenn ich Liebe “will”, dann reduziert sich alles, was mir widerfährt, auf die Dichotomie “drückt Liebe aus – drückt keine Liebe aus”. Und dann gibt es nur noch die Dichotomie, und nicht länger die Liebe.

Es ist der Erwartungsgedanke, aber er ist endlich mal nackt.

02.02.2006 13:50
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Allgemein

Manchmal genügt es ja schon, dass man nicht alleine ist in all der Menschelei. Dann ist man das Problem nämlich nicht mehr selbst, dann ist es der Winter, das Schicksal oder die menschliche Natur.