Archiv der Kategorie: Sex

Gelegentlich, eigentlich sogar oft, teilte ich aufregende Nächte mit Menschen, und aus irgendwelchen Gründen gab es Beschränkungen: Ich war in einer Beziehung. Sie war in einer Beziehung. Oder einer von uns war gerade sehr mit sich selbst beschäftigt. Wir waren befreundet. Wir wohnten zusammen. Ganz oft ist irgendwas, wodurch man nicht gänzlich frei ist.

Vorhin fiel mir auf: Es ist weder oft noch gelegentlich, es ist ausnahmslos. Sex unterliegt Beschränkungen, oder besser: Wir legen unserem Sex Beschränkungen auf.

Ich musste daran denken, wie ich nach meinem Studium sehr bewusst entschieden habe: Ab jetzt wird nicht mehr nur “der nächste Schritt” im Lebensllauf abgehakt, jetzt guck ich mal gerade, was ich will. Nicht “nach dem Zivi/ dem Diplom/ der Probezeit bin ich endlich frei” sondern: “Ich bin frei. Genau jetzt.” Aus diesem Geist heraus habe ich mich selbständig gemacht, was viele tollkühn bis dumm fanden, und es war eine der besten Sachen, die ich je gemacht habe.

Beim Sex, ahne ich, wird etwas ähnliches stattfinden. Nicht “bald mal jemand ohne Beziehung/ ohne Komplexe/ wo ich mich sicherer fühle”, sondern “Ich bin frei. Genau jetzt”. Diese ganzen Beschränkungen sind Einengung, Unsicherheit, sind lauter Kram, der einem eben das Leben schwer macht.

Jetzt nur noch trauen.

Natürlich ist gerade auch eine Phase, wo ich viel von Polyamory, freiem lieben und allem in Frage stelle, schlicht weil es so unglaublich schwer ist, und zumindest aktuell tue ich jemandem weh, den ich liebe.

Da tut es dann zwischendurch gut, sowas wie beim Streetgirl zu lesen, die als Prostituierte arbeitet:

Sylvia hatte mich telefonisch bestellt. Sie klang recht sympathisch und wir vereinbarten den Termin. Als ich hinkam, empfing sie mich auch sehr freundlich und entschuldigte sich, weil es noch ein paar Minuten dauern würde. [...]
Etwa eine Viertelstunde später klingelte es und Rainer kam nach Hause. [...] Freundlich begrüßte er mich und meinte anerkennend zu Sylvia, dass sie einen fantastischen Geschmack hätte.
Und 5 Minuten später verschwanden Rainer und ich im Schlafzimmer und Sylvia vor dem Fernseher.
via Streetgirl

Gibt’s also doch, Beziehungen frei von Eifersucht, und Sex frei von Aufladungen.

Großteil einer männlichen Emanzipation muss ein neues Selbstverständnis sein. Niemand wird den Männern neue Rollen zugestehen, wenn sie keine wollen, niemand wird die Männer respektieren, wenn sie sich nicht selbst respektieren.
Aus diesem Grund kann sich eine männliche Emanzipation nicht an der weiblichen orientieren, können neue Männer nicht das machen, was neue Frauen machen. Kind & Karriere ist kein valides Ziel mehr (wohl ein valider Lebensweg, dank der weiblichen Emanzipation).

Männer müssen eigene Wege gehen. Ganz klar. Ich sage ja oft: Es geht nicht darum, dass Männer endlich weinen können, es geht darum, dass Männer ihre Rollen frei wählen können.

Ein wichtiger Punkt daran ist, Sexismus gegen Männer zu erkennen. Ich werde oft belächelt, wenn ich das sage. Neulich beim Essen berichteten Freundinnen von mir, dass sie Einladungen zum Kaffee nur ungern annehmen, weil sie befürchten, der Mann wolle Sex. Nur Sex. Im Einzelfall mag das Intuition sein, Bauchgefühl, aber als gesellschaftliche Struktur ist es Sexismus gegen Männer. Aufgrund des Geschlechts wird meine Absicht, einen Kaffee zu trinken, aufgeladen. Das ist so, als wenn man Frauen, die Sex wollen, immer unterstellt, sie wollten einem ein Kind unterjubeln. Oder Frauen, die Nein sagen, unterstellt, sie meinten eigentlich Ja. Das mag im Einzelfall stimmen, aber es sollte keine Regel sein.

Problematisch daran ist, dass Männer tatsächlich oft Sex wollen. Nur Sex?
Nein, das eben gerade nicht. Wenn ich so überlege, welche Frauen ich im letzten Jahr gefragt habe, ob wir mal einen Kaffee trinken wollen, dann stelle ich fest: Alle sexy. Alle schlau. Alle begehrenswert und interessant, und sicher hatten sie auch schöne weiche Haut. Dennoch wollte ich einen Kaffee. Wollte näher kennenlernen und mal sehen, wollte einen netten Nachmittag.
How is that wrong?

Das ist nämlich der zweite große Punkt: Warum ist es eigentlich schlecht, Sex zu wollen? Oder, jemanden sexy zu finden?
Ich sage euch warum. Weil darin mitschwingt, man wolle nur den Sex. Man fände jemanden nur sexy.

Aber das ist Sexismus. Lasst den Männern ihr Gefallen an den Frauen, es tut nicht weh. Wir sind so. Wir gehen durch die Stadt und sehen Schönheit, Schönheit, Schönheit, und Sex ist für uns einfach eine feine Sache (übrigens natürlich auch nicht für alle – ich selbst bin da gar nicht so scharf auf Penetration, aber ich spreche mal über Trends).

Darum erstens: Männer können sexy finden, und trotzdem erstmal reden wollen (immerhin können Männer auch denken, während sie einen Ständer haben).
Und zweitens: Sex gut zu finden, ist eine ziemlich gute Idee. Sexpositivismus ist eine wunderbare Sache, Körperbejahung sollte einziehen. Nicht nur Körper. Aber Sex ist nichts Schlechtes. Die puritanischen und katholischen Lehren sind Lügen.

Und das kann man von Männern lernen. Und natürlich müssen Männer auch genau das erstmal lernen, sich selbst gegenüber eingestehen und klar kriegen, um eine männliche Emanzipation auf die Beine zu stellen. Weil es nämlich eine Stärke ist.

Ich habe mir aus den USA meinen ersten Playboy bestellt! Der Grund dafür war ziemlich profan.
Es gibt jetzt, das hatte ich in Freiburg gesehen, ein Playboy-Buch, irgendein Jubiläum, genaues weiß ich nicht, und ich stöberte ein wenig in diesem Buch.

Das ist nicht unhumorig, weil es den Playboy ganz schön lange gibt, und das Buch lag aufgeschlagen irgendwo in den Siebzigern. Da war das Schönheitsideal doch noch ein anderes – nicht gänzlich, aber es gibt nette Unterschiede. Die Frisuren, ganz vorn, unrasierte Schamhaare, solche Sachen.

Jedenfalls fiel mein Blick auf ein Bild des mittlerweile verstorbenen Playboy-Photographen Richard Fegley, das mir sehr gefiel, und weswegen ich mir die Ausgabe Dezember 1972 bestellt habe.

Richard Fegley

Ganz schön! Zu sehen ist nur ein Teil des Bildes, das Ganze geht über ne Doppelseite – überall Leiber, die für mein Empfinden gar nicht besonders sexuell wirken, sondern vielmehr zärtlich. Schon lustvoll, aber eher cozy als hot.

Gefällt mir sehr.
Ich habe dann mal in den Artikel zum Bild reingelesen, und auch der ist ganz interessant: Dan Greenburg wird von seinem Editor gebeten, auf eine Orgie zu fahren und darüber zu schreiben.
Und Dan Greenburg ist ziemlich schüchtern, schreibt aber dafür ganz schön witzig. Ich werde deutlich weniger grinsen, wenn ich in Zukunft den Satz höre “Ja, klar hab ich Playboys, aber nur wegen der Artikel!”. Der war wirklich witzig.

Interessant daran sind einige Äußerungen von Interviewten bei dieser Orgie (die nichts anderes ist als ein Swingerclub, aber nur stellenweise so benannt wird) sowie einige Randkommentare:

The feeling is that members should be free to have one primary intimate love-sex relationship and a number of secondary ones, that the secondary ones won’t detract from the primary one but will make it even better

[Die Idee ist, dass Mitglieder eine primäre intime Liebes-Sex-Beziehung und einige sekundäre haben können sollte, dass die Sekundärbeziehungen der Primärbeziehung nichts wegnehmen sondern sie sogar besser machen]

Hu! Ich dachte Polyamory hätte sich in den 90ern rauskristallisiert. Das hier ist mal genau das gleiche Gedankengut. Und auch das weniger hierarchische Modell kommt vor. Herr Greenburg sucht Kontakte, um zu einer Orgie zu finden, hat aber wenig Glück:

He [der Kontakt] used to be very into the orgy thing, but no longer. He says he’s settled down to a fairly meaningful relationship with two chicks he really digs.

[Er (der Kontakt) stand eine Zeitlang sehr auf diese Orgiensache, aber jetzt nicht mehr. Er sagt er hat sich jetzt auf was Ernsthaftes eingelassen mit zwei Mädels auf die er ziemlich steht.]

Da schwingt zwar ein bisschen Astonishment mit, aber dieses V wird mal relativ locker erwähnt – Cool! Der Playboy ist ganz schön modern. Das ist mir im Übrigen auch aufgefallen, als es eine kleine homoerotische Verwechslung gibt und der Autor den Arm eines anderen Mannes knutscht. Läuft ja scheinbar alles sehr locker.

Dennoch ist deutlich, dass Polyamory damals (wie ja auch heute noch) nicht wirklich anerkannt war. Sehr aufschlussreich ist in dem Zusammenhang der Wortwechsel zwischen Dan Greenburg und einem Swinger (von denen sich ja manche Polys auch sehr bewusst distanzieren, aber darüber lässt sich trefflich streiten), in dem er den Swinger fragt:

“How do you feel when you know that your wife has had sex with another man?”
“Just great,” he says. “Matter of fact, I’m never so turned on to her as when she’s just got done making it with another guy”
“So do you sometimes just make love to her right then and there?”
“Oh, no,” says Freddie, as if explaining to a very small child that we do not make ca-ca in our pants.
“Why not?”
“Well, sir, we tend to frown on that sort of thing around here”

["Wie fühlt sich das an, wenn Ihre Frau gerade Sex mit jemand anders hatte?"
"Super", sagt er, "eigentlich bin ich nie so scharf auf sie wie in den Momenten, wo sie gerade mit jemand anderem geschlafen hat."
"Also haben Sie dann manchmal direkt danach Sex miteinander?"
"Nein, nein", antwortet er, als würde er einem kleinen Kind erklären, dass man sein A-A nicht in die Hose macht.
"Wieso nicht?"
"Naja, das sehen wir hier nicht so gern"]

Mit seiner eigenen Frau zu schlafen bei einem Swing wird also nicht gern gesehen. Unter anderem…

I ask Freddie what other types of things they tend to frown on at these shindigs.
“Well, we tend to frown on things like… oh, like more than two people making it with one another at the same time… on people watching other people while they’re making it… We tend to frown on people who come here without partners… We frown on homosexuality…

[Ich frage ihn, was sonst noch so nicht so gern gesehen wird.
"Naja, wir sehen nicht so gern... tja, wenn mehr als zwei Leute es miteinander tun... wenn Leute zuschauen während andere es tun... wenn Leute ohne Partner herkommen... Homosexualität".]

All das ist schon sehr aufschlussreich. Ganz schön spießige Swinger. Aber der Höhepunkt kommt zum Schluss, wie sich das halt gehört.

And we very definitely frown on somebody seeing somebody on the outside that they’ve met at one of our parties.”
“Why is that,” I ask, but I think I already know.
“Because,” says Freddie, “that’s adultery.”

["Und auf jeden Fall sehen wir es nicht gern, wenn jemand sich mit wem im Privatleben trifft, den er oder sie auf einer der Parties kennengelernt hat."
"Warum?", frage ich, aber ich glaube die Antwort zu kennen.
"Weil", sagt Freddie, "das Ehebruch ist."]

Verrückt.

Vor kurzem hatte ich ein Gespräch über One Night Stands, und darüber, wie man sie bekommt.
Ich hab keine Ahnung wie das gehen soll. Aber eigentlich weiß ich noch nichtmal, ob ich das gut fände.

Auch wenn ich sozusagen gelegentlich “Einzelnächte” mit jemandem hatte, waren es eigentlich doch meistens Menschen, die ich kannte und (in gewisser Weise) auch liebte. Zumindest war eine große Nähe da, ob sie jetzt auf seelischem oder körperlichem Harmonieren fußt. Ist ja beides schön.
Aber nun mit wem völlig fremden… im Gespräch wurde mit erklärt, dass das genau der Witz sei: Die Spannung, dass sich mit einem völlig Fremden wortlos so etwas ergibt, dass sich ein Knistern einstellt, was immer mehr wird, bis man sich dann irgendwann tatsächlich berührt oder küsst, und es dann immer weitergeht.
Konnte ich irgendwie auch verstehen. Da geht’s dann halt nicht um Nähe, sondern wirklich um Sex, und um Ego. Was ja vielleicht auch ganz nett ist.

Dann also die zweite Frage. Wie geht das? Wir kamen dann darauf, dass es für Frauen leichter ist, weil sie, so hart das auch treffen mag, einfach zu irgendwem hingehen können. “Ich will dich knutschen” sagen und ab dafür. Zumindest wenn man ein bisschen schön ist.
Aber natürlich haben so rein statistisch genau so viele Männer One-Night-Stands wie Frauen, immerhin tun die sich ja in bestimmt 80% der Fälle gemischt zusammen, und auch auf der homoerotischen Seite dürften one-night-stands gleichverteilt sein, oder sogar bei Männern häufiger.
Wie also stellt man das an? Und geht es, ohne billige Tricks wie Hinschauen, Blick fangen, dann lange nicht gucken, ne Stunde später mal anlächeln, dann wieder ignorieren aber in der Nähe bleiben und irgendwann… tja. Anquatschen? Oder noch nicht mal das?

Ich weiß nicht ob ich das könnte (oder halt wollte). Ich mag’s doch so gern authentisch (weil das ja auch frei ist), und Rezepte zum Anmachen sind überhaupt nicht frei.

Warum kann man nicht einfach fragen, ob jemand auch Lust hat? Natürlich nicht so ins Blaue, aber wenn man ein bisschen geflirtet hat und ein Knistern spürt… Die Leute tun immer so, als wolle niemand Sex. Das ist aber Quatsch. Fast jeder mag Sex. Scheiß Tabus.
Ich hab übrigens meine ganze Pubertät lang gedacht, dass Männer Sex wollen und Frauen sich halt irgendwie breitschlagen lassen, aber eigentlich keinen Bock drauf haben. Fürchterlich. Dabei hatte ich ein recht liberales Elternhaus, aber offenbar sind die Geschlechterklischees doch überall.

Ich für meinen Teil will damit offener umgehen: Ich mag Sex. Noch viel lieber mag ich eigentlich diesen Nähe-Aspekt daran. Und Haut. Haut ist überhaupt das Allerbeste.

Freiheit und Ehrlichkeit sind Geschwister. Ich hab vor ein paar Tagen Fremdgehen sehr dekonstruiert. Das ist nur teilweise richtig.
Beziehungen zu Menschen sind irgendwie immer auch Verträge. Alle Beziehungen, auch Freundschaften. Da gibt es Sachen, die okay sind, und welche, die nicht okay sind.
Manchmal sind sich da die beiden Menschen nicht ganz einig, und es gibt Streit.

Das ist schlecht. Eine gute Freundin von mir ist ne Weile ziemlich oft “fremdgegangen”, und ich habe ihr damals immer gesagt, dass ich das (aus den im beschriebenen Gründen) nicht schlimm finde, aber irgendwie, so merkte ich dann ein paar Monate später, ist es doch schlimm, weil ihr Lieber das gar nicht so sah, und für ihn wäre es eben doch eine Veränderung an dem, was er mit ihr hat.
Das mag ich für Quatsch halten, für eine “dysfunktionale Kognition”, aber das ist seine Welt (Konstruktivismus und so), und deswegen auch wahr.

Und deswegen muss das immer klar sein. Sonst schränkt man den anderen nämlich in seiner Freiheit ein, und das wäre ja irgendwie wider die Idee.

Insofern schränke ich mein Plädoyer vom 4.1. ein bisschen ein :) .

Ich hatte gerade ein langes Gespräch über die Liebe. Eine sehr wichtige Freundin von mir wollte auch immer frei lieben, und hat auch frei geliebt, und hatte auch freien Sex. Jetzt gibt es da einen Mann, und irgendwie will sie nur noch Sex mit ihm, und will die Nr. 1 für ihn sein, weil er auch ihre Nr. 1 ist.
Interessant.

Eigentlich ist da ganz viel drin, was mir missfällt. Hierarchie. Vergleich. Einzigartigkeit.
Aber wir haben lange gesprochen, schon zum wiederholten Mal, und auch das, was sie jetzt hat, ist frei, weil sie das jetzt so will.
Und in diesem Gespräch fiel mir auf, dass ich auch hier im Blog falsch verstanden werden könnte.
Dies ist keine Missionierung. Liebt wie ihr wollt.

Aber ich hatte schon oft das Gefühl, dass Leute mit den klassischen Konzepten unglücklich waren, ohne recht zu wissen, warum. “Warum verliebt sich niemand in mich?”. “Warum mag sie ihn lieber als mich?”. Usw.
Und das ist der springende Punkt. Glück ist das Ziel. Wenn man glücklich ist, ist alles gut. Wenn man sie dazu noch frei entschieden hat, für welchen Weg auch immer, ist das noch besser.
Die nicht-so.klassischen Konzepte sind auch nicht von Pappe.

Ich muss außerdem genauso aufpassen, dass ich nicht zu rigide bin in meiner Freiheit. Dass ich mir eingestehe, dass ich traurig bin, wenn man sich gegen mich entscheidet, dass ich auch wissen will, woran ich bin, dass ich das Gefühl haben will, wichtig zu sein. All diese Gefühle sind real. Auf einer kognitiven Ebene aber glaube ich zu wissen, dass danach noch etwas kommt, etwas wo ich hinstreben will.
Beide Ebenen, die augenblickliche, emotionelle, echte, und die anzustrebende, momentan noch kognitive, wahrhaftige* müssen da sein dürfen, und beide gleich wichtig. Ich vernachlässige die erste oft…

Passt gut zu meiner Legung von Neujahr. Nicht zu hart im Wollen und zu halbherzig im Fühlen sein…

*Wie weiß ich eigentlich, dass das was Wahrhaftiges ist? Verdammt.
04.01.2005 21:00
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Sex

Das Wort ist mir heute begegnet, und irgendwie gehört es ja auch zu freiem Lieben. Oder halt eben nicht.
Mein etymologisches Wörterbuch erklärt das “fremd” darin recht diffus als “außerhalb der gewohnten Umgebung”.
Man geht also irgendwo ungewöhnliches hin. Stimmt. Aber ist das schlecht?

Ich hatte schon Nächte mit Menschen, die irgendwo noch wen liebten, oder mochten, oder Sex* mit wem hatten, und ich hatte auch schon Nächte mit Menschen, während ich selbst noch wen anders liebte, mochte, oder Sex* mit ihr hatte.
Glücklicherweise war das immer okay, weil immer für alle klar war, dass besagte Nächte nichts an dem ändern, was mit den anderen Menschen ist. Sie wurden durch unsere Nacht nicht hässlicher, langweiliger oder weniger liebenswert. Sie hatten damit nichts zu tun.
Außerdem waren die Leute auch nie fremd (was für ein Quatsch, auch. Warum soll ich Fremde streicheln, ich will doch Leute streicheln die ich mag).

Ich frage mich doch, ob Fremdgehen dann okay ist, oder ob es dann überhaupt kein Fremdgehen ist. Letzteres erscheint mir plausibler, weil Fremdgehen an sich schon so nach Enge klingt, nach “Hier ist deine gewohnte Umgebung, hier bleibst du”. Viel zu eng, viel zu käfig**. Für mich. Und Gewöhnung klingt auch schon scheiße. “Das hier ist meine Freundin, an die hab ich mich gewöhnt, weil sie sehr gewöhnlich ist. Für gewöhnlich bleiben wir in unserer gewohnten Umgebung. Es geschieht nichts ungewöhnliches.”

Also: Wenn ihr mit mehr oder minder fremden Menschen eine schöne Nacht hattet, bedenkt zwei Dinge:

  1. Es muss nichts ändern an dem Gefühl für die dritte Person.
  2. Es ist etwas ungewöhnliches. Vielleicht ein bisschen selten. Vielleicht ein bisschen kostbar. Wie Gold.

PS: Eine Einschränkung der Thesen hier ist mir ein paar Tage später auch noch aufgefallen. Der Vollständigkeit halber hier der Link dorthin.

*Sex ist für mich ein ziemlich dehnbarer Begriff und hat beinahe nichts mit Penetration zu tun. Fast alles, was zwischen zwei Lebewesen passiert und Lust auslöst, ist für mich Sex. Manchmal sage ich auch Körperlichkeiten, um das deutlicher zu machen.
**Ich habe soeben ein neues Adjektiv erfunden. Lustig, bündig, käfig. Nicht zu verwechseln mit käferig.