Monatsarchive: September 2005

03.09.2005 10:42
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Andererseits, so fiel mir gestern auf, haben alle Eltern eine Aufgabe vor oder schon hinter sich, die wahrhaftig schwierig ist: Das Kind gehen lassen.

Ich habe schonmal über Erwartungen geschrieben, darüber, wie schädlich sie sind, wie sehr sie die Sicht für das Schöne im Leben, also für die Liebe, einschränken. Momentan stecke ich gerade selber sehr drin, was mir auf der Polyliste und in den Kommentaren hier deutlich gemacht wird (und allein dafür hat sich die Kommentarfunktion schon gelohnt), erwarte viel von den Menschen zurück, erwarte, gerade seit Polyamory zu mir gefunden hat, sehr viel Respekt für diese Art zu lieben, will, dass man mir erlaubt, jemanden so zu lieben, und erwarte ganz außerdem eine Kontinuität in meinem Leben.
Dabei stellte ich Ansprüche, und stelle nun zähneknirschend fest, dass das so nicht geht. Ich war da schonmal weiter, kommt mir vor…

Das bringt mich jedenfalls zurück zu den Eltern. Wer schonmal ein Kind, ein ganz junges, ein sogenannes Kleinkind, auf dem Arm hatte, weiß um die Fürsorgegefühle, die man dann bekommt. So ein Kleinkind will man, völlig zu Recht, hegen und pflegen, nie alleine lassen, beschmusen und drücken.
Nun haben die meisten Kleinkinder die Angewohnheit, irgendwann Großkinder zu werden, und nachdem die Eltern sie umsorgt haben, ihnen Hort und Hafen waren und all das, gilt es dann, sie gehen zu lassen.
Ich merke das bei meinen eigenen Eltern. Aus verschiedenen Gründen, die alle nicht so schlimm sind, keine Angst, sind sie mir nicht sonderlich nah. Ich bin ihnen ungeheuer dankbar, sie sind nett, aber tatsächliche Familiengefühle habe ich kaum. Und ich erlebe zumindest bei meiner Mutter, dass sie das schade findet, dass sie mir gern näher wäre, und erlebe aber auch, dass sie mein Abwenden von der Familie als Hort und Hafen recht bedingungslos akzeptiert.
Im Grunde hat sie mir das beigebracht mit der Selbständigkeit, und das ist mal wirklich Freiheit und eben auch Freiheit von Erwartungen:
Dem Kind, das man liebt, das man schützen und behüten will, beizubringen, wie es einen selber verlassen kann.

01.09.2005 10:36
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Manchmal schaut man sich seine Eltern an, oder beliebige andere “richtige” Erwachsene, und stellt fest, dass sie weniger Freunde haben, oder gar keine.
Und wenn sie welche haben, dann treffen sie sich unregelmäßig oder selten und sprechen über dies und jenes, aber, so kommt es einem vor, nie über die wichtigen Dinge. Sie sprechen nicht über die Liebe, über das Leben, über Schmerz und Enttäuschung, auch nicht über großes Glück in kleinen Dingen oder kleines Glück in großen. Sie sprechen nicht von Überraschungen und Erwartungen, die sie lieber nicht hätten.

Ich habe mich immer gefragt, wie das kommt. Ob sie das wann anders tun, oder einfach nicht.
Und ich glaube, sie tun es nicht. Um genau zu sein, tun sie es nicht mehr.
Weil sie irgendwann gemerkt haben, dass das drüber reden auch nichts verändert, dass man mit dem Gefühl dennoch allein ist, weil man eben unverbindbar getrennt ist von den anderen Menschen.

Aber wenn “wir” so sind und “sie” so, dann muss es einen Weg dorthin geben, eine Entwicklung, und das macht mir manchmal ein bisschen Angst. Weil es bedeutet, dass jene Freundschaften, in denen ich über die großen Dinge spreche, was mir Freude macht, aussterben werden, irgendwann, dass sie wohl nicht für immer da sein werden, und dass sie vor allem ersetzt werden durch so seltsame, eher oberflächliche Freundschaften, in denen man viel lacht, etwas Rotwein trinkt und beim besten Willen wirklich leider, ach, nicht so viel Zeit hat, wir sollten das ja viel öfter, aber ihr wisst ja auch wie das ist, ja natürlich wissen wir das.
Und der Weg fängt ganz unmerklich an, das merke ich schon jetzt. Die Worte “bester Freund” und “beste Freundin” klingen hohl, klingen nach Schule, und ich würde sie nicht wieder vergeben, glaube ich.