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Mir fällt auf, dass ich den Satz “Waiting is”, den ich gerade erwähnte, noch nie im Blog erklärt habe. Er stammt aus Heinleins “Stranger in a strange land“, das ich sehr schätze, und der über die Maßen weise Protagonist Michael Valentine Smith sagt ihn mehrmals, wenn er Dinge noch nicht “grokt”, noch nicht versteht, oder das Leben einfach noch nicht so weit ist, wie man das gerne hätte. Waiting is. Man kann das gar nicht richtig schön übersetzen in seiner Fundamentalität. Warten ist. Die Sache, die gerade IST, die jetzt gerade die Wirklichkeit darstellt, ist Warten.

Manchmal fällt dort auch der Satz “Waiting isn’t full”. Das Warten ist noch nicht voll. Auch das gefällt mir außerordentlich gut. Es macht Warten zu etwas Dinghaftem – sonst meint Warten oft, dass ein Ding noch nicht da ist, deshalb wartet man ja. Aber genauso könnte man sagen, dass das Ausatmen kein Ding ist, weil man aufs Einatmen wartet, oder dass Schlafen kein Ding ist, weil man es nur macht, während die Tage gerade nicht passieren.

Aber Warten ist sehr real, und nicht immer ist die Welt schon bereit für das, was wir uns wünschen, was wir zu können glauben oder was wir meinen, was dran wäre.

Ich muss das gerade lernen bei Inari. Ich selber würde gern weitergehen, würde gern gucken was passiert, wenn wir uns über die Schwelle trauen, die gerade vor uns liegt, aber es ist sehr deutlich, dass das für Inari gerade nicht dran ist, wohl aber irgendwann dran sein könnte. Aber, so schmerzlich das ist, jetzt gerade eben nicht.

Waiting isn’t full.

Ich habe jetzt “Stranger in a Strange Land” von Robert A. Heinlein gelesen – das Buch gilt als ein Wegbereiter für die Polyamory-Bewegung, und man versteht auch warum.

Michael Valentine Smith ist der Abkömmling von Marspionieren. Seine Eltern sind gestorben, und so wurde er von den Marsianern aufgezogen. Das bedeutet verschiedene Dinge. Zum Beispiel bedeutet das, dass Michael grundlegende ethische Fragen anders beantwortet als Erdlinge. Und, dass er Fähigkeiten besitzt, die hier niemand hat. Das wäre mir fast zu phantastisch geworden, wenn ich nicht an Erleuchtung glauben würde, und somit an ein jedem Menschen innewohnendes Potential, das unsere Vorstellungen übersteigt.

*** SPOILER: Stranger in a Strange Land! ***

Smith kommt dann auf die Erde, und schnell gewinnt er mit seiner gleichzeitig naiven wie weisen Art eine Menge Anhänger und Freunde: Water Brothers, wie er sie nennt, denn Water Sharing ist das marsianische Ritual für eine Seelenverbindung. Kein Wunder, Wasser gibt’s da ja in der Tat nicht so viel.

Smith ist selbstverständlich erstmal ziemlich überfordert von den Dingen, und wenn er etwas nicht versteht, verfällt er in eine Katalepsie, in der sein Puls auf ungefähr 2 geht und seine Atmung auf beinahe 0. He does that to ‘grok’. Grok ist eins der wichtigsten Worte in der marsianischen Sprache. Es bedeutet ein ganz grundlegendes Verständnis, ein “Trinken” von Wahrheit. Es bedeutet, um Rückbezug auf den Nacktheitsartikel hier zu nehmen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, ohne Masken und nix.

Einige Sachen ‘grok’t Michael nicht. Liebe zum Beispiel. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass sein Versuch, alles zu ‘grok’en schon Liebe ist, dass er also liebevoll mit der Welt ist, in ihr schwimmt, und insofern nicht verstehen kann, wie Liebe da noch was zu packen soll.
Auch das Konzept eines Gottes versteht er nicht. Der Versuch, ihm das zu erklären, bringt ihn dazu, freudestrahlend auszurufen (weil er glaubt, es verstanden zu haben):

“Thou art god! God groks!”

Im Laufe des Buches wird immer klarer, was er damit meint, und er erklärt es Jubal Harshaw, einem guten Freund, der den Kult, der sich um Michael entwickelt, skeptisch sieht, aber verstehen will. ‘Grok’en will.

“‘Thou art God.’ It’s not a message of cheer and hope, Jubal. It’s a defiance – and an unafraid unabashed assumption of personal responsibility.”

Das gefällt mir gut. Der Gedanke, dass Gott in jedem von uns steckt, ist nicht neu. Und ist auch so schon bedeutend überzeugender für mich als die Annahme irgendeiner externen Entität. Letztlich ist es auch der Gedanke der Buddha-Natur.

Aber in “A Stranger in a Strange Land” ist diese Annahme irgendwie stärker rübergebracht als sonst, weil da jemand ist, der völlig überzeugt sagen kann “I am God! You are God!” und es meint.

Du bist Gott. Verhalte dich entsprechend.

Und zu diesem Verhalten gehört genau der Versuch ‘to grok’, die Dinge ‘in fullness’ zu sehen, und zu entscheiden, ob sie eine ‘goodness’ oder eine ‘wrongness’ sind.
Und das ist, besonders wenn man versucht, sein eigenes Leben ‘in fullness’ zu sehen, wieder der Versuch, gut zu leben.

Das ist ne ganz schön philosophische Geschichte… und ich meine gar nicht das Buch.