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Zärtlich, intensiv, authentisch und wunderbar” war die Beschreibung für die Beziehungen zu den beiden Frauen, die ich kennenlernen durfte.

Zweimal was ganz Eigenes” gehört aber zu der Beschreibung, denn sie sind eben nicht auf gleiche Art und Weise zärtlich und intensiv und so. Genau diese Eigenheit ist das Thema dieses Posts.

Ich habe ja immer behauptet, dass sich zwei Beziehungen schon allein deshalb nicht in die Quere kommen, weil sie völlig unterschiedlich sind. Jede Beziehung zu einem Menschen ist einzigartig und unvergleichlich. Und ich kann jetzt sagen:
Stimmt. Hab ich überprüft, kann ich bestätigen.

Mit Ava führe ich eine “Affäre” und genieße eine Art des Miteinanders, die den Idealen der Einfachheit und Selbstliebe folgt. Was will ich gerade? Was will der/ die andere? Das Ganze geschieht sehr praktisch, sehr direkt, und Ava hat sich sogar ausgebeten, weniger zu sprechen und mehr zu leben, mehr nachzuspüren, wie es gerade ist zwischen uns.

Mit Inari dagegen ist es primär die geistige Nähe und eine vorsichtige Zärtlichkeit, die uns verbindet. Wir sprechen stundenlang, begeistern uns an den gleichen Ideen und Werten, und sind uns Insel in dem Wust von feindlichen Definitionen.

Diese jeweilige Eigenheit zu erleben und anzuerkennen ist erstaunlich schwierig. Ich ertappe mich dabei, wie ich (mal so rum, mal so rum) denke: “Aber das ist doch jetzt eine richtige Beziehung, das andere ist doch irgendwie was anderes”. Oder ich verliere mich in dem Anspruch, beides müsste jetzt in irgendeiner Form gleich sein. So nach dem Motto: “Mist, gerade hab ich voll Lust auf ein Treffen mit Ava, hab ich eigentlich auch Lust auf Inari?”.
Aber immer wieder löst es sich auf. Immer wieder stelle ich fest: Genau so, wie es mit beiden ist, ist es perfekt. Und noch mehr: Jedes meiner Gefühle darf sein. Beide Beziehungen (!) sind anders – es geht nicht um die Unterschiede zwischen den beiden Menschen, es geht darum, dass auch meine Gefühle unterschiedlich sind. Ein Bestreben, sie gleich zu machen, läuft genau diesem Erleben der Eigenheit (= die andere Person als einzigartig und genau so richtig erkennen) zuwider.

Aber bei aller Schwierigkeit lerne ich sehr viel: Beispielsweise lerne ich (was mit der Eigenheit zusammen hängt), dass es ganz schön Kraft kostet, sich tatsächlich auf beide einzulassen. Zum Einen, weil ich emotional bei beiden richtig eingestiegen bin. Ich schwinge mit beiden mit, ich gehe da rein, und es ist eben schlicht die doppelte Menge an Emotion, wenn man so will. Zum Anderen erfordert es meine Aufmerksamkeit, mich jeweils neu einzulassen auf diejenige, die ich gerade treffe in all ihrer Einzigartigkeit.
Ich beginne bereits, mich in Ritualen wohl zu fühlen, die es mir ermöglichen, dieses Neu-Einlassen gut zu begehen. Zwischen Treffen mit den beiden brauche ich eine Pause, und wenn es nur eine halbe Stunde ist. Wenn ich mit Ava körperlich war, brauche ich unbedingt eine Dusche für mein Wohlgefühl. Ich möchte beiden fair begegnen, und dafür brauche ich Raum.

Heute beispielsweise brauchte ich einen Tag für mich. Auch das eine hilfreiche Lektion. Über die Feiertage gab es viel und unglaublich schönen Kontakt zu Ava wie Inari (wirklich mal ein Fest der Liebe, zur Abwechslung), was nicht nur meine Nächte kurz, sondern auch mein Leben reich gemacht hat. Jetzt brauchte ich Besinnung.

Und so komme ich über die reichliche Liebe, über die fantastische Begegnung, und über die Eigenheit der beiden zurück dahin, wo ich niemals weg wollte, und was ich doch mit Cullawine gelegentlich aus den Augen verlor: Zu mir und meinen Bedürfnissen.

Ich bin ein Geber.

Ein anderes Wort, das mir häufig dafür begegnet, ist “Helfer-Komplex”. Aber es bleibt dabei, ich gebe gern, gebe vor allen Dingen “mich” gern. Ich öffne mich gern, vertraue gern, berühre gern, bin gern da für jemanden. Ich gebe Energie. Daraus erschließt sich eine ganze Menge: Die Wahl meiner Hauptberufe (Psychotherapie und neuerdings Massage) oder auch meine Tendenz, Menschen gern zu berühren und zu streicheln (denn das wünschen sich die meisten). Letztere Eigenschaft von mir hat Cullawine in einem Streit einmal zum Anlass genommen, mir zu sagen, ich würde mich benutzen lassen. Ich wäre für lauter Leute eben eine praktische Quelle von Zärtlichkeit oder Anerkennung, und wenn diese Leute das bräuchten, wäre ich ein willkommener Gast. Es wäre aber nicht fair, ich würde dabei benutzt.

Das saß. In dieser Deutung fehlt mir zwar ein bisschen, dass mir das Berühren und Streicheln natürlich gefällt, was das Ganze weniger einseitig wirken lässt, aber es ist was Wahres dran. Das Gefühl, wenn es nicht so ist, wenn ich einfach nur geliebt werde, habe ich mit Cullawine erfahren, und es ist ein wundervolles Gefühl.

Mir fällt dieses “Benutztwerden” erst auf, wenn ich selbst in bedürftigen Phasen bin, oder wenn sich irgendwelche Rahmenbedingungen ändern. Dann merke ich: Hoppala, die zärtliche Ebene, die wir hatten, war ja gar nicht stabil. Plötzlich ist da ein neuer Partner/ eine größere Zufriedenheit, und die Nähe, körperlich wie emotional, ist weg. Und ich frage mich: Oh, war ich gar nicht gemeint? Ging es nur um das Fehlen von Partner und Zufriedenheit, und ich war guter Ersatz, ein Flicken?
Das tut dann weh.

Ähnlich ist es auch, wenn ich selbst dann einmal Nähe brauche, und feststelle: Sorum ist es scheinbar nicht okay.

Und jetzt wird das Ganze etwas knifflig. Gerade ist eine Phase, in der ich bedürftig bin. Ich will geliebt werden, und ich spüre deutlich den Wunsch in mir, dass da jemand ist, der unbrechbar hinter mir steht, mich ehrt und schätzt und begehrt.

Gleichzeitig spüre ich aber auch: Das bleibt aber innerhalb des bestehenden Musters, ich suche gerade Flicken für Löcher, die in mir sind. “Wenn jemand Liebe will, gibt es keine Liebe mehr, sondern nur noch Beweise der Liebe”. Es ist im Grunde wie mit den Menschen, von denen ich mich benutzt fühlen könnte, nur eben mit getauschten Rollen: Es geht um ein Ganz-Machen. Derjenige zu sein, der als Flicken benutzt wird, ist nur der Spiegel zu dem, dem etwas fehlt.
Beide Rollen bleiben in der Idee: Man muss komplett werden, man hat nur einen Flügel und muss sich umarmen um zu fliegen.

Aber es kann nicht aus dem Außen kommen. All die Sicherheit, Liebe und Gelassenheit wird nicht gegeben, sie kann nur gespürt werden. Es ist Selbstliebe.

Das sehe ich, und mein Yoga gestern hat mich darin bestärkt. Aber mein Gott, was ist das knifflig umzusetzen. Es ist ja ohnehin schon schwer, aus sich selbst heraus die Löcher zu stopfen, an die man sich über die Jahre gewöhnt hat, aber es ist noch schwerer, beim Stopfversuch nicht alle auszusperren.

Das ist mir nämlich auch schon öfter passiert: Während ich gut dabei war, ganz bei mir zu sein, und aus mir selbst heraus Stabilität und Sicherheit zu finden, fielen mir plötzlich meine Liebsten aus dem Boot. Den Kontakt zu ihnen zu halten, ihn zu genießen und sich dran zu freuen, und sie dabei nicht als Flicken zu missbrauchen, das ist richtig richtig schwer.

Und zu allem Überfluss haben die ja genau die gleichen Sachen am laufen, und möglicherweise sind sie selber schwer dabei, einen Flicken zu suchen, oder eben selbst zu stopfen und dabei weniger in-Beziehung-sein können.

Sachdienliche Hinweise werden liebend gern angenommen.