Monatsarchive: Juli 2005

05.07.2005 21:16
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Adressatenorientierte Kommunikation (aoK) ist, wenn man das zu Sagende auf sein Gegenüber abstimmt. Wenn ich weiß, jemand mag Computer, erkläre ich Bloggen anders, als wenn jemand nichts darüber weiß.
Interessant ist: Wenn mein Adressat zu meiner Ingroup gehört, also zu irgendeiner Gruppe, zu der ich auch gehöre, dann beeinflusst mich das wiederum in ganz bestimmter Weise.
Ingroup-Angehörige werden ohnehin als kompetenter und toller bewertet, und wenn ich so jemandem was erzähle (und es ja, wegen aoK, an ihn anpasse), dann glaube ich das nachher auch.

Es gibt Studien, in denen müssen Leute eine fiktive Person namens Donald beschreiben, und sie wissen entweder, ihr Adressat mag Donald, oder wissen, er/sie mag ihn nicht.
Wie erwartet passen die ihre Rede an, einmal loben sie, einmal lästern sie, aber wenn man ihnen sagt, ihr (ebenfalls fiktiver) Adressat gehöre zu ihrer Ingroup, dann findet man noch Wochen später, dass ihr Gedächtnis in Richtung ihrer Rede verzerrt ist.

Kurzform: Ich glaube, was ich jenen erzähle, die ich mag.
Dazu kommt noch der sogenannte “generation effect”, dass also selbst produziertes besser im Gedächtnis bleibt als nur rezipiertes (deshalb weiß man nach dem eigenen Referat so gut Bescheid – das wäre nicht so, wenn man es nicht halten würde, obwohl man die gleiche Vorbereitung hatte).

Natürlich dachte ich sofort an jene Leute, die man am liebsten mag. Wenn man also seinem Partner Dinge sagt, die man halt so sagt, selbst wenn man es selber gar nicht so in sich fühlt (z.B. “Du bist mein Himmel” oder “So etwas wie du ist mir noch nie passiert”), dann glaubt man das nachher.
Kaum sage ich “Ich liebe dich wie nie jemanden zuvor” ist es wahr, und alles vorher wird weniger.
Und so zeigt sich der von mir oft beschworene Zirkelschluss, dass die romantischen Ideen sich durch ihr Ausleben weiter fortpflanzen, wieder einmal neu, diesmal sogar mit Wirkmechanismus.
Gleichzeitig ist das hier natürlich auch der Wirkmechanismus, wegen dessen ich, je länger ich dieses Blog schreibe, umso stärker an diesen ganzen Kram hier glaube, ohne mehr als am Anfang zu “wissen”, ob da was Wahres dran ist.
Wenn ich sage “Ich liebe dich, und diese Liebe ist von allem verschieden, was ich sonst liebe, hat damit nichts zu tun”, dann ist das auch so.

Und es ist übrigens auch der Grund, warum ich die Tage doch mal eine Kommentarfunktion schreiben sollte… oder zumindest ein Gästebuch. Damit ihr auch mal in den Genuss des generation effects kommt, und ich hier so richtig dick ins Missionierungsbusiness einsteigen kann.

04.07.2005 14:30
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Fuß- und Fingernägel sind ja, wenn sie noch an Fuß oder Finger dran sind, eine feine Sache. Die sind manchmal hübsch hergemacht, manchmal von alleine hübsch, und noch manchmaler kratzen sie einen lüstern hie und da. Super.
Kaum sind sie ab, sind sie unglaublich eklig.

Körperflüssigkeiten jeglicher Art, sind, solange sie warm und körpernah sind (im Mund, auf dem Bauch) irgendwie sexy, aber schon kurze Zeit später will niemand auf der nassen Seite schlafen.
Auch Spuckeflecken auf Asphalt sind selbst von liebsten Menschen nicht so richtig geil.

Und Essen verwandelt sich, wenn der Mensch sich zurücklehnt und das Besteck hinlegt, innerhalb von ca. 20 Minuten in Müll.
Notwendige Bedingung: Man hat keinen Hunger mehr.

Offenbar hat es was mit der Repräsentation zu tun – je näher an dem, wofür es steht (den Menschen oder das Mahl), desto besser, desto weniger eklig.
Kaum verliert die Materie den Bezug zur Seele dessen, was es ist, zur Semantik, wenn man so will, ist es vorbei.
Same with death. Niemand mag Leichen.
Same with love. Keine Ahnung warum, ich wollte die Kurve noch kriegen. Aber irgendwie passt es sogar.
Wenn man lang genug sucht, hat alles mit der Liebe zu tun. Wenn nämlich der Mensch, den man liebte, nicht mehr geliebt wird, ist er, obwohl es der gleiche Mensch ist, irgendwie weniger toll. Bedeutend weniger toll.
So wie kalte Pommes oder Fußnägel.
Bitter.

Beim Essen gab es ja noch die Prämisse, dass man keinen Hunger mehr haben darf… da kommt dann wohl Sex mit dem Ex ins Spiel.

04.07.2005 2:40
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In einem Gespräch über eine Dreieckskonstellation, wie ich sie ja eigentlich gerne hätte, wurde mir die Ehre zuteil, das freie Lieben als neue Perspektive aufzuwerfen, dem Mädchen, was zwei Jungen mag, nicht zu sagen “Entscheide dich für einen” oder derlei, sondern eben “Entscheide dich erstmal für dich”.

Das war schön, erstens weil ich dieses Gedankengut, was ich für ziemlich ansteckend halte, gern verteile, zweitens weil ich glaube, ihr eine neue Perspektive aufgezeigt zu haben, und drittens weil ich gemerkt habe, wie sehr ich das mittlerweile glaube, wie sehr ich wirklich meine, dass man mit dieser Einstellung glücklicher ist.
Ich ruhe sehr darin. Noch immer bin ich nicht sicher, ob das für jeden und jede was ist, und wo genau das alles so lang läuft, aber erstmal bin ich sehr glücklich damit.
Je öfter ich darüber spreche mit Menschen, die das interessiert oder die das sogar kennen, umso heimischer fühle ich mich darin.
Was mich wiederum bestärkt, mein blogging-Coming Out zu machen. Aber noch nicht.

Übrigens war das Gespräch auch deshalb interessant, weil ich ja eigentlich von Powergirl das umgekehrte Ende kennengelernt habe: Da war ich einer der beiden Jungen. Ich war froh, dass ich offenkundig mittlerweile genug Abstand habe, um jemandem in Powergirls Position Rat geben zu können, ohne für einen der Jungs Partei zu ergreifen.
Andererseits hätte ich mich natürlich bei ihr damals sehr gefreut, wenn ihr jemand den Rat gegeben hätte “Lieb doch beide”… Hm. Naja. Gegenwart, Gegenwart.

03.07.2005 17:03
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Ein weiteres Ergebnis der Recherche. Tantra. Hmmm. Er schreibt am Anfang, dass alle bei Tantra an hemmungslosen Sex denken, und das stimmt, das dachte ich auch zuerst. Aber was er da so schreibt gefällt mir gut…

Zunächst einmal möchte ich erwähnen, was Liebe nicht ist:
Liebe ist nicht Bedürfnisbefriedigung, auch wenn die meisten Liebesbeziehungen zum Zwecke der
Bedürfnisbefriedigung eingeggangen werden.
Liebe hat nichts damit zu tun, Erwartungen zu erfüllen oder erfüllt zu bekommen. Erwartungen sind Stolpersteine auf dem Weg zur Liebe.
Liebe ist nicht Wohlbefinden, obwohl viele Menschen Liebe suchen, um sich wohl zu fühlen. Liebe stellt sich nicht ein, wenn wir unserem Unwohlsein chronisch ausweichen.
Liebe ist nicht Zweisamkeit, obwohl unsere Kultur vorgaukelt, daß Zweisamkeit der Gipfel der Liebe sei. Die romatische Falle, Liebe für eine Person reservieren zu wollen, ist einer der Hauptgründe für das verbreitete Elend in sogenannten Liebesbeziehungen.
Liebe ist nicht Erotik oder Sexualität. Sexuelle Anziehung als solche ist anonym, archaisch und rücksichtslos. Sie wird erst durch die Verbindung zum Herzen eine Angelegenheit von Ich und Du. Sexualität ist blind, sie wird erst durch die Liebe sehend.
Liebe ist auch nicht Glück. Aber Glück ist ein ebenso weites Feld…

03.07.2005 16:52
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In unregelmäßigen Abständen googele ich (mein Neuverb des letzten Jahres, übrigens… super) nach irgendwas mit Liebe und Freiheit, teils weil ich wissen will, ob man mich irgendwie findet, teils weil ich weiß, dass ich so immer auf interessante Seiten zum Thema stoße.
Heute bei der Recherche fand ich ein pdf, was mir teils suspekt war, weil es ein bisschen nach Werbung für die Diakonie klingt, teils aber auch gefiel.
Dort werden folgende Thesen aufgestellt:

  1. Freiheit erfordert Bereitschaft
    und Fähigkeit zur Entscheidung.
  2. Entscheidung setzt Information
    voraus.
  3. Und: Entscheidung ist nie ohne Risiko des Irrtums.
  4. Freiheit liegt zwischen den Eckpunkten: Ich werde beeinflusst – Ich entscheide – Ich trage die Konsequenzen.
  5. Freiheit ist also von Verantwortung nicht zu trennen.
  6. Sie ist die Lebensform des erwachsenen Ich, das für sein Tun und Lassen einstehen kann und will.

1, 2 und 3 finde ich ziemlich einleuchtend, auch auf das Thema Liebe sind sie leicht anzuwenden. Man muss sich trauen, zu sich zu stehen, und das Scheitern schonmal umarmen.

Punkt 4 ist schon zum Nachdenken. Ich entscheide ist klar, ich trage Konsequenzen ist eigentlich Punkt 3 nochmal allgemein, aber wie kommt ich werde beeinflusst da rein?
L = f(entsch x kons x einfluss)
Aber wie sind die gewichtet? Ist Einfluss etwas, das mich einschränkt, ist es also negativ gewichtet?

Punkt 5 ist interessant, weil mir ja oft so halb vorgeworfen wird, ich würde schlicht den einfachsten Weg gehen, und in der Tat, wie ich in der Diskussion mit Bettgeflüster (bloggt auch) schrieb, ist das Kriterium für mich immer das persönliche Glück.

Vor ein paar Tagen sprach ich mit meiner Mitbewohnerin über dieses Thema, über Entscheidung und Arbeit. Ich konnte ihr zustimmen, dass Entscheidung (Punkt 1) total wichtig ist, für mich eben auch zur Freiheit gehört – irgendwann wird irgendwo in der Seele entschieden, sich drauf einzulassen. Das geht leichter, wenn man sich Punkt 3 klarmacht, und bedarf einer Zeit des Kennenlernens (Punkt 2), aber dann kommt das.
Die Arbeit aber… sie sagte, dass eine (jedwede) Beziehung wächst, nachdem es schwer war, und in der Tat wäre ich wohl eher geneigt, schnell aufzugeben. Vielleicht. Mit Powergirl habe ich es schon ziemlich lange versucht, habe schon an meiner Eifersucht gearbeitet, an meiner Toleranz, an meiner Liebe. Aber es ist eben nichts gewachsen (oder halt Tomaten statt Brombeeren), und deshalb bin ich jetzt zurückhaltender.
Da bin ich unschlüssig. Vielleicht steckt die Arbeit auch in der oben benannten Verantwortung gar nicht drin, ich bin jetzt nur drauf gekommen.
Sie hängt halt mit den Entscheidungen und den Konsequenzen (und hoffentlich nicht mit Sequenzen von Scheidungen…) zusammen, denn wenn ich fehlentscheide, muss ich eben ausbügeln.

Punkt 6. Für sein Tun und Lassen einstehen. Tja. Auch das Aufgeben ist ein Tun, nämlich ein Lassen. Und kann ich dazu immerstehen? Gilt es, meinen Freiheitsbegriff etwas mehr in Richtung Verantwortung zu korrigieren?
Immerhin heißt es doch, wie ich auch oft zitiere,

Die Freiheit des Einen hört da auf, wo die Freiheit des Anderen beginnt.

Wie passt das zu “Was du willst“?

01.07.2005 14:02
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“Nichts bereuen” von Benjamin Quabeck sortiere ich so grob in die Anfangszeit meiner ideologischen Neuerfindung, wenn man so will.
Ich finde ihn, nicht nur wegen unglaublichem Soundtrack und verspielter Kameraeinstellungen, und trotzdem er im Grunde die Geschichte der “Einen” erzählt, unglaublich gut, weil er so authentisch bleibt, weil er eben nicht romantisiert.

Jetzt sah ich ihn wieder, und war sehr in die Szene verliebt, in der Daniel und Maria die ersten Aufregungen erlebt haben und gemeinsam Schwebebahn fahren.
“Wohin fahren wir eigentlich?” fragt er.
“Wir fahren einfach”.
Sie reden dann ein bisschen über die Liebe, darüber, dass (so Daniel) das ganze von so viel abhängt, von den richtigen Worten, der richtigen Frisur, sogar dem Wetter. Und dass das nämlich wie ein Lottogewinn ist.
Diese Einstellung ist mir natürlich nicht so recht, ist zu fatalistisch und fremdgesteuert, und für mich steckte all das in Marias Antwort.
“Hm”.

Daniel merkt das auch, damit kommt er nicht an, und er fragt, weil er das bei Luca, seiner “Einen” so toll fand,
“Kannst du eigentlich im Stehen pinkeln?”
“Bähh!”
sagt sie, und auch das trifft total.
“Ich bin nicht sie”, heißt das übersetzt, niemand ist sie, und sie ist nicht du. Immer wieder neu.

Der alte Mann, den Daniel beim Zivi betreut, sagt es am Ende: “Mach doch einfach was du willst.”