Monatsarchive: Juli 2007

07.07.2007 13:25
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Und wenn Jankel sagte, er sei bereit, für Brod zu sterben, dann meinte er es durchaus ernst, doch nicht für Brod war er bereit zu sterben, sondern für seine Liebe zu ihr.
J. S. Foer, Alles ist erleuchtet

Das passiert öfter, als man es gern hätte. Auch bei Liebeskummer zum Beispiel trauert man nicht um die Person, sondern um die Liebe, weil das Gefühl so schön war.

In umfassenderer Form beschreibt Foer das einige Seite vorher:

Wenn wir [Brods] Tagebuch [...] an einer beliebigen Stelle aufschlagen würden, fänden wir in irgendeiner Form die folgende Feststellung: Ich bin nicht verliebt.
Also musste sie sich mit der Idee der Liebe begnügen: die Liebe zu Dingen zu lieben, an deren Existenz ihr gar nichts lag. [...] Sie liebte sich selbst als Liebende, sie liebte es, die Liebe zu lieben, so wie die Liebe das Lieben liebt…

Der Titel dieses Beitrags stammt aus dem selben Kapitel.

05.07.2007 12:10
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Schäuble erklärte “auf einer Sicherheitskonferenz in Berlin die Unterscheidung zwischen Völkerrecht im Frieden und im Krieg nicht mehr für zeitgemäß. [...] Gemäß dem Vorbild USA müssen seiner Ansicht nach Terror planende oder verbreitende “Kombattanten” wie Guantánamo-Häftlinge ohne reguläre Rechte behandelt werden, um den “asymmetrischen” Herausforderungen der neuen Terrornetzwerke zu begegnen.”
Heise.de

Jetzt ist es soweit. Das unheilige Wettrüsten zwischen Staaten und Terroristen berührt das Völkerrecht. Der Staat (hier verkörpert durch Satan Schäuble) will die gleichen Möglichkeiten wie die Terroristen, welche jene allerdings genau dadurch erhalten, dass sie sich einen Dreck um Menschen und ihre Rechte scheren.

Genau das möchte Herr Schäuble.

Ich sag’s nicht gern, aber wenn Satan Schäuble noch heute tot umfällt, bin ich heilfroh. Der richtet hier alles zugrunde.

04.07.2007 17:37
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Gute Nachrichten! Die Bewegung bewegt sich wieder ein kleines Stück, oder eigentlich versucht die Bewegung, alle anderen ein kleines Stück zu bewegen, und zwar hin zu mehr Akzeptanz.

Vom 5.7.07 – 8.7.07 finden in Oldenburg die Poly-Filmtage statt. In der Kulturetage Oldenburg gibt es das “Cine k”, und ebendort laufen auch die Filmchen. Hier das Programm:

Lieben jenseits der Zweierkiste – Facetten polyamoren L(i)ebens

  • Do, 5.7.07, 20:30
    Kurzfilm: Sommerkleid (François Ozon)
    Hauptfilm: Obsession (Peter Sehr)
  • Fr, 6.7.07, 19:00
    Kurzfilm: Von der Hingabe (Maike Mia Höhne)
    Hauptfilm: Head in the clouds (John Duigan)
  • Sa, 7.7.07, 20:30
    Doku: Women in Love (Karen Everett)
    Doku: When two won’t do (David Finch & Maureen Marovitch)

Drumherum gibt es natürlich Workshops, eine Lesung, einen Vortrag und vermutlich viele wilde Diskussionen (und übrigens, geneigte Leserschaft, aller Wahrscheinlichkeit nach keine wilden Orgien – das ist ein Vorurteil).

Oh, ich hoffe ich kann das einrichten… ich kenne keinen der Filme, und insbesondere die Spielfilme interessieren mich sehr.

Alle Infos gibt’s beim Cine k-Kino (ausgesprochen gelungene Seite, man fühlt sich tatsächlich wie im Kino) oder auf polyamory.ch (PDF).

04.07.2007 16:24
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Gibt es eigentlich schon Fan-T-Shirts für das Bundesverfassungsgericht? Die Klage einiger Bundestags-Abgeordneter, die ihre Nebentätigkeiten nicht offenlegen wollten, wurde jetzt abgewiesen.

Von Nebentätigkeiten wie etwa in Aufsichtsräten gehe “eine besondere Gefahr für die Unabhängigkeit” der Abgeordneten aus, heißt es im Urteil. Das Volk habe deshalb “Anspruch darauf” zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld entgegennehmen. Das Interesse der Abgeordneten an einer Vertraulichkeit der Daten sei demgegenüber “nachrangig”.
Bundesverfassungsgericht, via Tagesschau.de

Wunderbares Urteil. Obwohl ich ja sonst immer auf Datenschutz poche, und hier natürlich die Privatsphäre beschnitten wird, finde ich das richtig – diese Menschen vertreten uns schließlich, sind als Person öffentlich, wie man nur öffentlich sein kann (nochmal ganz anders als meinetwegen ein Schauspieler), und deshalb finde ich die Entscheidung goldrichtig.

Wobei ich die Bedenken von Herrn Merz im oben verlinkten Artikel durchaus auch nicht dumm finde (obwohl ich Herrn Merz politisch verabscheue). Er befürchtet nämlich, dass aus diesem Grund möglicherweise irgendwann nur noch Beamte und Berufspolitiker im Bundestag sitzen, und eben keine Leute, die auch im “wahren Leben” Geld verdienen. Speziell bei Anwälten, Ärzten oder Therapeuten ist die Darlegungspflicht natürlich wirklich sehr pikant.
Da kommt es dann sehr auf das Procedere an. Namen von Klienten müssen natürlich Tabu sein, aber Höhe und Herkunft der Einnahmen ist ja nicht zuviel verlangt.
Muss jeder normale Bürger bei einer Steuerprüfung übrigens auch offenlegen, da kommt dann auch keiner mit “informationeller Selbstbestimmung”. Weil: Ein Teil meines Geldes gehört nun mal allen (sprich: dem Staat), und bei Politikern ist es eben auch und noch mehr so: Ein Teil des Geldes und vor allem des Gewissens eines Politikers, gehört allen.

03.07.2007 20:17
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Ha! Heather Rupp vom Kinsey-Institut zeigt, dass Männer doch keine Schweine sind. Teilweise zumindest. Entgegen dem allgemeinen Glauben, schauen Männer nämlich keineswegs nur auf Titten und Ärsche.
Tatsächlich schauen Frauen, bietet man ihnen Bilder von Paaren beim Sex dar, viel länger auf die Action, wohingegen Männer deutlich länger auf’s Geschicht schauen.

Wer hätt’s gedacht? Und der Grund ist angeblich ein evolutionärer (da bin ich ja immer skeptisch, aber erstmal macht es Sinn): Frauen können, das können wir sicher alle bestätigen, ziemlich einfach und eindeutig erkennen, ob ein Mann Lust auf Sex hat. Die Körpermitte spricht eine deutliche Sprache. Männer dagegen haben’s da schwerer.

Kim Wallen, der Kollege von Frau Rupp drückt das wie folgt aus:

“It’s cryptic, but facial expression is one way of showing an indication of interest in and enjoyment of sex”
Kim Wallen, Emory University

Jaja, kryptisch. Man hat’s nicht leicht. :)

Rupp, H.A., & Wallen, K. (2007). Sex differences in viewing sexual stimuli: An eye tracking study in men and women. Hormones and Behavior, 51, 524-533.

02.07.2007 13:57
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Das Wort “Argument” stammt ab von lateinischem “argumentum”, was da bedeutet: Beweis, Beweismittel, Grund.
Wenn ich mich zum Beispiel um einen Laib Brot streite, und anführe, ich hätte mehr Hunger, ist das ein gutes Argument, denn größerer Hunger ist ein verdammt guter Grund, das Brot dringender essen zu wollen. Ein schlechtes Argument wäre zum Beispiel “Ich bin ein besserer Mensch” oder “Ich sehe besser aus” oder “Brot schmeckt gut”. Das könnte zwar möglicherweise stimmen, täte aber nichts zur Sache. Aber ich brauche ja einen Grund, ein Beweismittel.
Die Inquisition oder auch die Stasi haben da anders gearbeitet: Die hatten ja eh recht, wer sich also gegen sie stellte, war automatisch schon verbrecherisch – so wie in der Szene in “Das Leben der Anderen”: “Sie trauen der DDR zu, dass sie unbescholtene Bürger grundlos festhält? Wenn Sie das glauben, hätten wir ja schon Grund genug, sie hierzubehalten“. Da kommt man nicht raus, das sind Generalargumente, die Widerworte nicht ermöglichen.

Nun also zum Ursprung meines heutigen Ärgers:

Nur wenn man weiß, was sie vorhaben, kann man es verhindern. Deswegen brauchen wir die gesetzlichen Grundlagen, um Kommunikation durch Telefon, durch Handys, aber auch durch Computer überwachen zu können.
Wolle Schäuble, mal wieder

Hach, ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.
Das ist ein Scheißargument!
Also, kurz von vorne: Ja, natürlich kann man nur etwas verhindern, wenn man davon weiß. Aber dieses “Argument” kann nicht als Grund für irgendwelche Maßnahmen dienen, denn es hat nichts mit der Maßnahme als solcher zu tun. Es fehlt ein logischer Schritt, so wie “Wir müssen wissen was sie tun”, “Das müssen wir im rechtsstaatlichen Rahmen tun”, “Die beste Möglichkeit rechtsstaatlicher Ermittlung ist die und die”.

Diese Art der Beweisführung ist im Übrigen eine übliche rethorische Figur in politischen Diskursen: Man nimmt einen Sachverhalt, dem nun wirklich niemand widersprechen kann (“Nur wenn man weiß, was sie vorhaben, kann man es verhindern”), und baut darauf irgendeine Forderung auf.

Das kann man auch spitze zuhause nachspielen (man achte auf den jeweils nur scheinbaren Zusammenhang zwischen dem ersten und zweiten Satz. Der erste stimmt zwar, hat aber mit dem zweiten nicht direkt was zu tun):

“Die soziale Kälte in Deutschland muss ein Ende haben. Die Rentenversicherungsbeiträge müssen endlich fallen.”

“Deutschland braucht mehr Arbeitsplätze, und dafür müssen wir alle etwas tun. Die Kürzungen beim Kindergeld sind notwendige Schritte hin zu einer besseren Situation.

“Die Situation in Afghanistan wird gefährlicher, nicht nur für die Soldaten dort. Aus diesem Grund brauchen wir die Erlaubnis, dort endlich scharf zu schießen, notfalls auch auf scheinbare Zivilisten.”

“Was die Terroristen tun, ist ungesetzlich. Deswegen brauchen wir gesetzliche Grundlagen, die uns erlauben, sie alle unschädlich zu machen, notfalls mit Gewalt.”

Bislang hat’s niemand gesagt, das kommt aber alles noch.