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Freiheit und Ehrlichkeit sind Geschwister. Ich hab vor ein paar Tagen Fremdgehen sehr dekonstruiert. Das ist nur teilweise richtig.
Beziehungen zu Menschen sind irgendwie immer auch Verträge. Alle Beziehungen, auch Freundschaften. Da gibt es Sachen, die okay sind, und welche, die nicht okay sind.
Manchmal sind sich da die beiden Menschen nicht ganz einig, und es gibt Streit.

Das ist schlecht. Eine gute Freundin von mir ist ne Weile ziemlich oft “fremdgegangen”, und ich habe ihr damals immer gesagt, dass ich das (aus den im beschriebenen Gründen) nicht schlimm finde, aber irgendwie, so merkte ich dann ein paar Monate später, ist es doch schlimm, weil ihr Lieber das gar nicht so sah, und für ihn wäre es eben doch eine Veränderung an dem, was er mit ihr hat.
Das mag ich für Quatsch halten, für eine “dysfunktionale Kognition”, aber das ist seine Welt (Konstruktivismus und so), und deswegen auch wahr.

Und deswegen muss das immer klar sein. Sonst schränkt man den anderen nämlich in seiner Freiheit ein, und das wäre ja irgendwie wider die Idee.

Insofern schränke ich mein Plädoyer vom 4.1. ein bisschen ein :) .

Ich hatte gerade ein langes Gespräch über die Liebe. Eine sehr wichtige Freundin von mir wollte auch immer frei lieben, und hat auch frei geliebt, und hatte auch freien Sex. Jetzt gibt es da einen Mann, und irgendwie will sie nur noch Sex mit ihm, und will die Nr. 1 für ihn sein, weil er auch ihre Nr. 1 ist.
Interessant.

Eigentlich ist da ganz viel drin, was mir missfällt. Hierarchie. Vergleich. Einzigartigkeit.
Aber wir haben lange gesprochen, schon zum wiederholten Mal, und auch das, was sie jetzt hat, ist frei, weil sie das jetzt so will.
Und in diesem Gespräch fiel mir auf, dass ich auch hier im Blog falsch verstanden werden könnte.
Dies ist keine Missionierung. Liebt wie ihr wollt.

Aber ich hatte schon oft das Gefühl, dass Leute mit den klassischen Konzepten unglücklich waren, ohne recht zu wissen, warum. “Warum verliebt sich niemand in mich?”. “Warum mag sie ihn lieber als mich?”. Usw.
Und das ist der springende Punkt. Glück ist das Ziel. Wenn man glücklich ist, ist alles gut. Wenn man sie dazu noch frei entschieden hat, für welchen Weg auch immer, ist das noch besser.
Die nicht-so.klassischen Konzepte sind auch nicht von Pappe.

Ich muss außerdem genauso aufpassen, dass ich nicht zu rigide bin in meiner Freiheit. Dass ich mir eingestehe, dass ich traurig bin, wenn man sich gegen mich entscheidet, dass ich auch wissen will, woran ich bin, dass ich das Gefühl haben will, wichtig zu sein. All diese Gefühle sind real. Auf einer kognitiven Ebene aber glaube ich zu wissen, dass danach noch etwas kommt, etwas wo ich hinstreben will.
Beide Ebenen, die augenblickliche, emotionelle, echte, und die anzustrebende, momentan noch kognitive, wahrhaftige* müssen da sein dürfen, und beide gleich wichtig. Ich vernachlässige die erste oft…

Passt gut zu meiner Legung von Neujahr. Nicht zu hart im Wollen und zu halbherzig im Fühlen sein…

*Wie weiß ich eigentlich, dass das was Wahrhaftiges ist? Verdammt.

Freies Lieben hat für mich sehr, sehr viele Facetten. Alle denken sofort an Sex, und das kann ich gut verstehen, denn Sex ist ne feine Sache, aber eigentlich steht das gar nicht so im Vordergrund.
Deswegen hier der erste Teil dieser Definitionsversuche.

Freies Lieben ist Allgegenwärtiges Lieben
Liebe ist nicht exklusiv. Bei Freunden ist das den meisten Menschen sofort einsichtig. Warum soll ich nicht mehrere Freunde haben? Immerhin sind sie alle unterschiedlich, und jeder und jede von ihnen hat bestimmte Eigenschaften, die sie sehr besonders machen, wegen derer ich sie liebe.
Auch in der Familie oder bei Tieren und Pflanzen wird nie gefordert, dass man sich auf ein Liebesziel beschränkt.
Wenn ich eine Frau liebe, aber schon… komisch.

Das ist für mich der eine Aspekt von freiem Lieben als allgegenwärtigem Lieben. Es gibt keine Einschränkung, wen man alles liebt.

Der andere Aspekt ist umfassender. Ziel ist für mich eine liebevolle Einstellung gegenüber allem und jedem. Klingt unkritisch, aber in gewisser Weise sind alle Menschen toll. Das kann man auf unterschiedliche Weise umreißen. Wenn ich das zum Beispiel konstruktivistisch sehe, dann baue ich mir durch meine Wahrnehmung meine eigene Welt (von der ich nie weiß, ob sie der Realität, wenn es eine gibt, entspricht). Demnach sind alle Menschen, die ich wahrnehme, ein Teil von mir. Wenn ich mich selbst liebe (und das ist wichtig), dann liebe ich auch sie.
Oder man sieht das Ganze holistisch. Diese Menschen sind genauso Teil der Welt, wie ich es bin, wir sind zusammen Teil der Menschheit. Dadurch sind wir uns ähnlich.
Oder man betrachtet es relativistisch. Jeder Mensch wird von irgendwem geliebt. Zumindest irgendwann mal. Also muss es etwas liebenswertes an ihm geben. Das zu sehen ist dann mein Job.

Hat ein bisschen mit meinem Praktikum zu tun (s.u.), wo ich ja genau das gut schaffe, weil man den Menschen so nahe kommt, ihren Gefühlen so nah ist, dass man mitfühlt (Achtung! Nicht mitleidet – wichtiger Unterschied), und so versteht, wer sie sind. Und im Kern sind sie alle sehr liebenswert.

Und diese liebenswerten menschen sind überall. Vielleicht hätte man, wenn das eigene Leben etwas anders verlaufen wäre, einige von ihnen kennengelernt. Wer weiß,
Und auch gegenüber anderen Lebewesen sollte man meiner Meinung nach diese Haltung entwickeln.

Im Wald geht das besonders gut. Da geht man hin und liebt einen Baum.
Der übrigens nichts zurückgibt. Aber das ist ein anderes Kapitel.