Monatsarchive: November 2005

15.11.2005 1:48
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Kurzes Update: Alles in Ordnung. Der besagte Brief ist, aufgepasst, ein Service für Privatpatienten.

Ein Service.
Soso.

Also, wenn ich schon durch glückliche Umstände zur herrschenden Klasse gehöre, dann will ich wenigstens coole Privilegien. Panik gibt’s umsonst im Fernsehen, immer um 19 oder 20 Uhr.

Das muss ich denen nochmal erklären, glaub ich. Ein schlichtes “Dieser Brief ist ein Routineschreiben, seien Sie ohne Sorge” wäre ja wohl schon noch drin. Also wirklich.

12.11.2005 16:44
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Ein Freund und Gönner (hihi) hat mir vor einiger Zeit einen Link zu einem Arbeistpapier der “Bochumer Arbeitsgruppe für sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung” geschickt (auf der Seite: Arbeitspapiere: Nr. 8), in dem besagte Arbeitsgruppe über Beziehungsskripte schreibt, also über Normen, standardisierte Abläufe, Vor- und Nachteile sowie Wesensart davon.

Ich bin erst heute dazu gekommen, es zu lesen, und fand es sehr humorig… Allerdings ist das Ding ein 40-Seiten Arbeitspapier, und ich gehe davon aus, dass niemand den Link dorthin anklicken würde, einfach weil ich sage es ist interessant…
Deswegen zwei Zitate, die öffentlich zu machen ich mir erlaube, und die vielleicht das Interesse erhöhen.

In konventionellen Beziehungen gibt es vielfältige Pflichten und Skripte: Immer bei dem/r Anderen sein: „Nicht nichts ohne Dich!“; ist das Zusammensein einmal physisch nicht möglich, dann muß es wenigstens kognitiv hergestellt werden; fallen die Gedanken an die andere Person nur mal kurz aus, kommt schon die Sorge auf, ob wir ihn/sie überhaupt noch lieben; allgemeine Informationspflicht, Treue, Besitz, Verfügbarkeit etc.

So sieht’s mal aus. Übrigens finden die genau die Regeln und Funktionen von Funktionen, wie ich mir das vor einiger Zeit mal gewünscht habe.
Aber der Text wäre nicht so weit vorn, wenn er nicht Alternativen wüsste:

Wir stellen uns als Alternative vor, daß man/frau die Beziehung als eine mögliche Form von Sozialkontakt ansehen könnte, und daß bestimmte Bedürfnisse auch außerhalb der Beziehung erfüllt werden könnten.
So würde dann „Streit“ nur „Streit“ bedeuten und nicht das Zusammenbrechen der eigenen, ausschließlich über die Beziehung definierten, Persönlichkeit implizieren.

Das konstruktivistische Beziehungsmodell, das sie entwickeln, für das sie neue Skripte aufstellen und mit alten brechen, nennen sie AZ2GB-Modell, was für die wichtigen Punkte in der (konstruktivistischen) Beziehung steht.
Autonomie, Zuneigung, Gesten, Geschenke, Beziehung. Beginnt auf Seite 37, zumindest das schlage ich als Lektüre vor. Interessant, wie sich diese 5 Punkte mit jenen 5 vertragen, die sich in meinem Blogeintrag zur offenen Beziehung ergeben haben: Ehrlichkeit, Neidlosigkeit, Direkte Tatsächlichkeit, und durch Kommentare Rücksicht und Gegenseitigkeit.

Mehr Modelle! Neue Wege! Ab in den Dschungel!

12.11.2005 14:14
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Sehr geehrter Herr … ,
ihre Blutwerte sind soweit alle wieder zurück. Bitte melden Sie sich noch einmal bei uns zu einem Gesprächstermin mit dem Doktor.
Mit freundlichen Grüßen

*schluck*
Und das auf einem Samstag… Noch 44 Stunden zittern. Ist doch scheiße. Können die nicht kurz anrufen, wenn was ist?

11.11.2005 23:56
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Dossie Easton, eine der Autorinnen der “Polyamory-Bibel” (The Ethical Slut), hat auf der Konferenz die Wunderfrage gestellt; so heißt das zumindest bei uns in der Therapie, aber das ist egal. Sie hat jedenfalls (sinngemäß) gefragt

Wenn du entscheiden könntest, wie die Welt läuft, wenn alles so wäre, wie du es gern hättest: Was für eine Art von Beziehung würdest du führen?

Ich lade jeden hier ein, da wirklich mal für 10 Sekunden drüber nachzudenken. Frag dich jetzt: Wie wäre das wohl?

Ich bin nach wie vor nicht fertig mit dieser Überlegung. Die Normen von Zusammenleben sind so stark in mir, dass ich jedesmal an meine Grenzen komme, wenn ich mir das ausmale.

Sicher, ich habe Ideen. Viele. Aber irgendwann kann ich mir nicht mal mehr vorstellen, wie ich eine bestimmte Sache gern handhaben würde, weil sie, naja, so “unvorstellbar” ist, weil sie so neu ist. Da ist einfach ein großer weißer Fleck auf meiner Liebeslandkarte.

Aber das Gute ist: Ich fühle mich bereit für Expeditionen. Und ich bin neugierig. Und es ist mir scheißegal, ob ich Amerika entdecke, obwohl ich Indien suche, ich will weiße Flecken aufdecken.

Ich bin augenblicklich dabei, mich ganz sachte in 2 Frauen neu zu verlieben. Teils bestimmt, weil ich sie schon gut kenne. Teils sicher auch, weil ich gerade das Gefühl habe, sie teilen manche Ansichten, haben auch Lust auf Expeditionen. Aber warum auch immer, da passiert was in mir, und ich genieße es total.
Wie sich da so ganz heimlich ein Gefühl entwickelt, das als Verliebtheit zu benennen ich mich erst seit ein paar Tagen respektive Stunden traue, wie ich dieses Gefühl momentan doch ganz gut genießen kann, eben ohne zu wissen, wohin es geht.
Und wie meine Verliebtheit diesmal irgendwie auch nichts zurück will, sie möchte nur gern anerkannt werden…
Und wie sie, ganz natürlich, ohne dass ich es komisch fände, für 2 Frauen da ist.

In die eine war ich mal verliebt, wusste es, und es klappte nicht, und deswegen war es schlimm. Es gab Hindernisse, über die wir nicht rüberkamen, es gab Schwächen in jedem von uns, die dann zu Schwächen unseres Miteinander wurden. Aber jetzt sind viele dieser Schwächen zu Stärken geworden, und viele der Hürden sind kleiner. Oder wir kennen neue Wege.
In die andere, würde ich mittlerweile sagen, war ich auch mal verliebt. Aber ich wusste es nicht, habe mich viel zu sehr auf das konzentriert, was nicht war, statt auf das schöne Gefühl: Sie war nicht die Frau fürs Leben, sie war nicht die große Erlösung. Vor allem war ich in sie zur Abwechslung nicht unglücklich verliebt, und glücklich verliebt kannte ich nicht.
Das ist damals gescheitert, weil sie mehr wollte als ich. Anstatt die Schnittmenge zu leben, haben wir uns zerstritten.
Jetzt bin ich der, der mehr will, der ein bisschen zur Expedition drängt, die Tropenhelme schon gekauft hat, und jetzt muss ich abwarten, wo die Schnittmenge so ist. Ob es doch nicht die Tropen sind. Aber auch dieses Warten hat, jetzt wo wir darüber gesprochen haben, seinen Platz.

Und ich wünsche mir insgesamt so sehr, dass das Gefühl, dass ich jetzt gerade habe, weitergeht…dass ich es mir weiter erlaube, einfach verliebt zu sein, auch die Ungewissheiten zu ertragen, und dass ich beiden das Gefühl vermitteln kann, was ich jeweils für sie habe, dass das unabhängig voneinander ist und wunderschön. Beide lesen hier, und ich hoffe, hoffe, hoffe, es wird klar.
Ich fühle mich diesmal so viel besser ausgerüstet für… egal was. Die Dinge denen man halt so begegnet, wenn man die Liebe reitet. Und ich bin so gespannt, was man findet.

Vielleicht wäre das meine Antwort auf die Frage von Dossie Easton. Ich hätte Beziehungen, die Expeditionen sind, Safaris, die durch Savannen ziehen, manchmal schwitzen, manchmal dursten, aber eben auch manchmal Elefanten sehen und Löwen. Sich manchmal gegen Geier wehren müssen, die Schilder in ihren Klauen hätten auf denen stünde: “Du bist kein guter Partner” oder “Du bist ganz egal für die Expedition”, aber manchmal an Wasserfällen halten, an denen man kitschigen Sex hätte.
Und manchmal fände man eine schöne Wasserstelle, da würde man ein Häuschen bauen und könnte dorthin zurückkehren. Vielleicht würde man manchmal Menschen auf die Safari einladen. Vielleicht müsste ich damit leben, dass mein Geld nicht regelmäßig für ein Ticket reicht, und ich manchmal zuhause bleiben muss, während andere eine Expedition machen. Das würde schwierig. Dann würden sie Dinge entdecken, die ich auch gern kennen würde, und mir müssen dann die Dias reichen.
Die beiden haben eh schon viel mehr Dias als ich von so manchen Sachen…
Vielleicht zeigen sie mir mal die Schauplätze davon, irgendwann, oder erzählen mir weiter so spannende Geschichten.

11.11.2005 2:25
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Wenn ich als Künstler, beispielsweise als Musiker, in einem Gefängnis auftrete, und dann alle, sagen wir, Mörder rausschicke, sie also vom Konzert ausschließe.
Bin ich dann unethisch?

11.11.2005 2:00
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Ganz im Gegenteil zu L’auberge espagnol 2 ist Keine Lieder über Liebe ein tipp topp Film.
Er weiß auch nicht so recht Antworten auf die alte Frage: Warum klappt das so schlecht mit der Liebe?
Aber er tut auch nicht so.
Er versucht nicht hinterrücks, doch den romantischen Schnickschnack zu verkaufen.

Er kapituliert.

Und in der Kapitulation verbirgt sich klammheimlich, ganz am Schluss des Films, die Lösung.

***SPOILER: Keine Lieder über Liebe***

Da läuft nämlich Tobi seiner Freundin aus der Disco nach, mit der er sich vor einigen Tagen furchtbar zerstritten hat. Und man erwartet so die klassische Szene. Aber die kommt nicht. Er sagt nichts. Irgendwann fragt sie ihn dann:

“Und?”
“Naja. Ich wollt eigentlich gar nicht reden. Ich wollt nur n Stück mit dir gehen.”

Und dann hört der Film eigentlich auf. Sie fragt nochmal nach: “Warum willstn du jetzt mit mir gehen?”, und er weiß es nicht, und darum geht sie.

Aber für mich war dieser Satz Fazit genug.
Ich hab erstmal noch ein Lied geschrieben. Natürlich nicht über Liebe. Sondern über Filme. Oder so.

10.11.2005 1:34
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L’auberge espagnol 2 ist fürchterlich nichtssagend. Aber, und das hat der Film mit der aktuellen Neon gemein: Es zeigt sich immer öfter die grundsätzliche Unzufriedenheit mit dem Monomodell.

Ewige Liebe? Fühlt sich nicht aufrichtig an.
Versprechen geben? Hat noch nie geklappt.

Aber im Film wie in der Neon wird nur geklagt. Es gibt keine Lösungsvorschläge. Gut, im Film gab es so ein dahingeschnäbeltes “Leb im Jetzt”, aber Carpe Diem war schon im Club der toten Dichter ein alter Hut. Ist natürlich trotzdem wahr.

“Love it, leave it or change it” sagen die lösungsfokussierten Therapeuten. Das sind immer die Optionen aus der Krise. Ich möchte dazu einladen, so auch die eigene Ethik, speziell: die eigene Liebesethik zu betrachten.
Man hat diese drei Optionen. Glücklich damit werden, den Glauben an die Liebe verlieren, oder an andere Arten zu lieben glauben.

Sie sind herzlich eingeladen. Amüsieren Sie sich.

08.11.2005 13:10
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Update: Der Firefox ist nicht mehr in der Beta: Endlich in div’s scrollen… RSS-Feeds von Seiten in Frames abonnieren können…
Lohnenswert!

07.11.2005 15:39
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Ich habe gerade bei meiner unregelmäßigen Liebesrecherche ein Blog gefunden, dass für mich exakt das ganz, ganz Schreckliche an Monogamie darstellt.
Der Autor wurde von seiner Freundin verlassen, mit der er “4 Jahre lang eine eheähnliche Beziehung führte”, und schreibt ihr nach der Trennung einen Brief. Einen sehr vorwurfsvollen, verbitterten.

Auf einer persönlichen Ebene habe ich Mitgefühl für den Autor – dem geht’s dreckig, das ist schlecht. Hoffentlich geht’s ihm bald besser.
Als soziologisches monoamory-Beispiel aber ist es wirklich abschreckend, und Schuld- sowie Besitzkonzepte sind allgegenwärtig.

Dein Egoismus hat mich ins Elend gestürzt [...]
Handle endlich so wie es eine liebende Frau tun sollte.

Own your feelings, will ich dem armen Mann zurufen.

Auch das sehr traurige binäre Denken ist sehr stark:

Ich vermute fast, du hast mich nie geliebt.

4 Jahre sind nichts mehr wert, nur weil sie vorbei sind… Das macht mich regelrecht fertig.

Das ist, für mich, der entgegengesetzte Pol auf dem Liebeslebenkontinuum. Und, bevor es jemand anmerkt: Ich bin mir bewusst, dass auch viele Monos das als übertrieben bewerten würden. Trotzdem ist es ein gutes Beispiel für die Verstrickungen, die in mononormativen Beziehungen möglich sind.
Bui.

07.11.2005 2:57
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So, die Weltenseele hat mir heute, im Theater, ein Stück beschert, das sich exakt mit dem Männerthema auseinandersetzt.
Es war ein Stück über Männer, über ihre Rollen. Ich habe mich ein bisschen mit dem Intendanten und einem der Tänzer unterhalten, und mir schien es, als ob das Stück selbst weniger geschlechtspolitisch gemeint war, als ich es begriffen habe, aber so ist das eben: Kunst ist, was ihr draus macht.

Jedenfalls war es spannend, eine tänzerische Interpretation der aktuell wählbaren männlichen Rollen zu sehen: An Schnullern nuckelnde Männer in Bodybuilding-Posen. Männer die Seile boxen oder sich an ihnen reiben. Männer, die in den Seilen hängen.
Das klassische, scheinbare starke, Männerbild ist eines von Infantilität, Stärke/Gewalt und Sex. Und eines von Hilflosigkeit, wenn sie jener Mittel beraubt sind.

Zeit für ein neues Bild.

Ben_ hat im verlinkten Artikel kommentiert, man könne ein Bild nicht ersetzen durch die Freiheit, sich ein Bild auszusuchen.
Ein bisschen widerspreche ich. Wer heute Bauernsohn ist, wird nicht automatisch Bauer. Wer heute Frau ist, wird nicht automatisch Hausfrau. Es sind exakt die Wahlmöglichkeiten, die das neue Bild ausmachen. Eben: Desorientierung ist zeitgeisty, wie gesagt im ersten Artikel zum Weltmännertag.
Ein bisschen stimmt es aber auch. Weil man natürlich die Optionen kennen muss. Es muss eine Galerie von Lebensentwürfen geben, aus denen ich mich bedienen kann.

Ich werde mal aufmerksam sein für Lebensentwürfe von Männlichkeit.
Werde mir die nächsten Wochen mal notieren, was mir an modernen Männern auf- und gefällt, derer ein paar zu kennen mir glücklicherweise vergönnt ist.
Kann ja nicht sein, dass der neue Mann einfach nur irgendwie unmännlich wahrgenommen wird, und, kaum passt einer nicht ins Bild, eine neue sexuelle Orientierung gefordert wird, wie beim angeblich ersten Metrosexuellen Beckham.
Ist doch hanebüchen, auch wenn ich es lustig finde, sich ständig neue sexuelle Orientierungen auszudenken. Hält die Leute schön auf Trab. Ich bin glaub ich nächste Woche anthroposexuell. Oder retrosexuell? Nein, lieber mentosexuell*.

Ich kenne sogar eine Person, die sich durch eine neugewählte Netzidentität gut mit Mentosexualität identifizieren könnte… Sexy Grüße an dieser Stelle, LB!