Monatsarchive: April 2006

06.04.2006 12:20
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Auf dem Bild ist das aktuelle Lautsprechersystem von Bang & Olufsen zu sehen. Sieht seltsam aus, nicht?

Bang & Olufsen ist eine Firma aus Dänemark, die seit 1925 Elektrogeräte herstellt, und dabei Design und Funktion zu verbinden suchen, und die vor allem primär an den Menschen und nicht so stark an die Technik denken, wenn sie entwickeln.
Der Chefgestalter (der auch die Lautsprecher entworfen hat – witzig übrigens, wie mir im Traum nicht einfiele, “Boxen” zu sagen) David Lewis will mit der Form den Inhalt fortführen. Dieser Gedanke ist angeblich Bauhaus, ist aber vor allem sehr schön.

Und dieser Gedanke ist es wohl auch, der B&O eine Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art eingebracht hat.

Wow!

Ich meine, hey, das ist ne Firma, eigentlich sind die marktwirtschaftlich verpflichtet, das genaue Gegenteil der Kunst. Aber ich gebe zu, zwei meiner drei Kriterien für Kunst sind erfüllt.

  1. Die Geräte werden von Menschen gemacht.
  2. Die Geräte lösen Gefühle aus.

Das mag jetzt eventuell überraschen, aber ich habe diesen Artikel gelesen und gejuchzt vor lauter Innovationsfreude und Menschennähe.

B&O hat auch ein Handy gemacht, und Torben Sorensen hat Schönes dazu zu sagen:

“Bei den Klingeltönen haben wir uns beschränkt. Man kann zwischen Glocken aus verschiedenen Metallen wählen und den Tönen eines Xylophons”

Wunderbar.

Das dritte Kriterium meiner Kunstdefinition hat übrigens mit der Semantifizierung des Nicht-Semantischen zu tun. Und ich glaube, zumindest die oben angesprochenen Lautsprecher erfüllen dieses Kriterium, dürfen also ins Museum.

Die messen nämlich ihre eigene Wirkung, und passen ihren Klang an die Innenarchitektur an. Sie legen also Wert auf ihre Wirkung.

Meine Damen und Herren, jemand hat arrogante Lautsprecher erschaffen.

Manchmal, wenn ich nicht weiß, warum Geld wichtig sein sollte, denke ich über Bang & Olufsen nach, und verdammte Axt, das reizt mich. Ein so schön gewandeter Kapitalismus macht mich wirklich schwach.
Dumm nur, dass man dafür nicht nur eine große Wohnung und passenden Bilder an der Wand braucht, sondern, beispielsweise für die Boxen 15 000 $.

05.04.2006 23:45
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Nachdem ben_ letztens ein ganz wunderschönes Photo geschossen hat, und ich ja mittlerweile Besitzer eines Palms mit Photofunktion bin, ging ich heute etwas anders zur Arbeit.

Ich nahm, ohne irgendwas zu photographieren, viele der Eindrücke mehr als Motiv wahr, war aufmerksam dafür, ob irgendetwas ein gutes Bild wäre. Dann sind Spiegelungen auf einmal gerahmte Welt, und Ecken sind Kontrast. Schön ist das, hab ich da gedacht, und: So muss ein Photograph die Welt wohl immer sehen.

Ich bin kein Photograph. Ich werde wohl ein bisschen mit meinem Palm knipsen, weil ich Schnappschüsse mag, aber das Auge des Photographen ist mir nicht gegeben.
Ich habe dafür ein bisschen das Ohr des Musikers. Es fällt mir auf, wenn im Fitnessstudio jemand im Takt der (fürchterlichen) Musik seine Turnschuhe auf das Laufband platschen lässt, und gleichzeitig Gewichtsscheiben aus einer anderen Ecke immer auf die 1 klappern. Oder wenn S-Bahn-Kreischen und Autoverkehr zwei Spuren sind. Solche Sachen.

Das ist ein anderer musischer Sinn. Wie schön, die Welt so zu sehen! Wunderbar! “Fake it till you make it” hat mein amerikanischer Ausbilder (Psychotherapie) letzte Woche gesagt – ich glaube, ich würde gern öfter so tun, als hätte ich jene musischen Sinne.

Würde die Welt eben mit dem Auge eines Photographen sehen. Mit der Nase eines Gourmets würde ich riechen, wie die Schokolade des Jungen neben mir sich mit dem chinesischen Geruch des Imbisses dort hinten verbindet, und wie das auch ein Gericht wäre.
Mit dem Gleichgewichtssinn eines Tänzers würde ich spüren, wie der Wind mich bewegen möchte, und meine Zehen mich zurückhebeln.
Mit dem Tastsinn eines Bildhauers würde ich die metallenen Geländer spüren, und die Menschen, die zu berühren mir vergönnt ist, würde in ihren Gliedern Formen erkennen.
Mit dem Temperatursinn eines Pantomimen würde ich spüren, dass just wo der Wind nachlässt, es erst noch einmal kälter unter meiner Jacke wird.

04.04.2006 20:00
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The question isn’t about eliminating piracy, it’s about increasing sales.

GalCiv II – Forum

Galactiv Civilizations II ist ein neues Spiel einer kleinen Firma, das nicht kopiergeschützt ist. Kein DRM, keine Sicherheitsscheiße.
Deswegen haben sie ein Problem mit illegalen Downloads, behandeln das Ganze aber ruhig und mit obigen Worten.

Das gilt auch für Musik.

Statt “Wie hindern wir die Leute ohne Geld daran, uns zu brennen?” wäre “Wie bringen wir die Leute mit Geld dazu, uns zu kaufen?” angebracht.
Tja. Der Weg könnte die Qualität sein.

02.04.2006 13:41
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Mit ausreichend Abstand verlieren Dinge ihre Relevanz. Beispielsweise mein World of Warcraft Account.
Noch als ich mich ingame verabschiedete, war ich ohne Flachs gerührt, habe (in character) große Worte gemacht, von Lebt wohl und Wiedersehen, und war fast sicher, dass ich relativ bald mal wieder einen Monat buchen würde, um dann komprimiert ein wenig zu spielen.
Aber jetzt, wo das Abo seit ungefähr 3 Monaten gekündigt ist, hat es seinen Reiz verloren, es hat nicht mehr viel mit mir zu tun.

Man kennt das auch von Hobbies, die andere Leute haben. Es ist dann sehr deutlich zu spüren, dass da irgendwas dran sein muss, was wirklich ungeheuer spaßig zu sein scheint, aber der Abstand ist etwas zu groß, um es nachvollziehen zu können.

Das passt in gewisser Weise gut zum Gedanken, dass man sich selbst näher kommen will, dass irgendwo “nah an einem dran” der Sinn des Lebens wartet, und bringt mich zu der Vermutung, dass Sterben deswegen leichter sein könnte als gedacht.

Die psychologische Distanz zum Leben wächst, je näher man dem Tod kommt, man selbst hat immer weniger zu tun mit dem, was das eigene Leben war, und vielleicht wird man gar nicht mehr so recht nachvollziehen können, dass man da mal so dran hing.
Das finde ich beruhigend.
Alles hat seine Zeit, und jede Zeit ist wohl auch mal vorbei. Solange man darüber nicht die Zeit abwertet, die augenblicklich Präsens ist, sondern nur mit jenen Zeiten abschließt, die vergangen sind, ist der Gedanke hilfreich.

Mir hat die Distanz, also die innere Distanz, in den letzten Monaten mindestens zweimal geholfen, um einen neuen Zugang zu den Geschichten mit Powergirl und Marveille zu finden, weil sich in beiden Fällen viel verändert hatte, und ich anhaftete. Das gefiel mir nicht, und der Weg aus der Anhaftung war die Distanzierung.

Wichtig ist dabei, nicht trotzig wegzusehen, sich dauerhaft zu entfernen, sondern sich von dem zu verabschieden, was war, um dann erneut auf das zuzugehen, was ist, ohne falschen Stolz, ohne Reue oder Sehnsucht.

Es gibt ja nur die Gegenwart.

Ich zumindest schätze diese unprätentiöse Sicht auf das Jetzt, das nicht aufgeladen ist von Schmerzen oder Hoffnungen aus der Vergangenheit, wobei ich auch sagen muss, dass das ganz schön schwer ist.
Sowohl, den Abstand zu finden, sich von einer Sache oder Person zu distanzieren, die man mag, wie auch, dann nicht in die Isolation zu gehen, sondern stattdessen neu hinspüren, was neu da ist, wenn das Alte sich entfernt hat.

Diese Gratwanderung zwischen Isolation und Nähe, zwischen Freiheit und Bezug, die mich eigentlich wirklich schon seit mindestens 7 Jahren begleitet, wird das auch noch in Zukunft tun.

Das Blog ist übrigens gerade auch Teil davon. Teils schätze ich es, hier Gedanken zu formulieren, und vor allem schätze ich das Wissen, dass die Gedanken gelesen werden, dass Google den Leuten mit meinen Worten die Welt erklärt (verzeiht die Hybris), aber zum Anderen habe ich in den letzten Tagen so wenig geschrieben, dass der Abstand zum Blog gewachsen ist, und, wie gesagt, mit mehr Distanz verlieren die Dinge die Relevanz.

Mal sehen, was eine neue Relevanz sein kann.