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Gestern sprach ich über die handfesten, unterschiedlichen Vorstellungen, die Cullawine und mir sehr erschweren, eine gemeinsame Beziehung zu führen.
In den letzten Tagen fällt mir immer mehr auf: Ganz so klar ist mein Standpunkt leider nicht. “Leider”, weil es natürlich sehr bequem ist, einen klaren, sicheren Standpunkt zu haben.

Ich hatte in der Beziehung immer das Gefühl, viel aufgeben zu müssen. Flirts, Zärtlichkeiten, wilde Nächte, Freiheit… Teile davon sind tatsächlich Punkte, von denen ich glaube, Cullawine hat da eine Schwäche und müsste lernen, lockerer zu sein.
Bei anderen Punkten, und die wilden Nächte gehören dazu, stelle ich fest: Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, würde mir das auch schwerfallen. Ich würde mich ebenso zurückgewiesen und ungeliebt fühlen. Bei Marveille war es auch so, dass über die vielen anderen wichtigen Menschen in ihrem Leben, mit denen es um Liebe und Sex ging, für mich irgendwann nicht mehr spürbar war, ob sie mich eigentlich auch liebt und begehrt. Dieses fehlende Gefühl hat dann für mich nach einiger Zeit den Ausschlag gegeben, den Kontakt abzubrechen…

Das ist natürlich seltsam: Ich selber habe ja sowohl Zugang zu meiner Liebe für Cullawine als auch zu meinem Wunsch nach sexueller Freiheit. Für mich ist ganz klar, dass letzteres für mich ersteres nicht schmälert. Aber doch weiß ich auch: Umgekehrt würde mir das ebenfalls wehtun.
Und dann wird für mich sogar verständlich, dass andere, kleinere Punkte ebenfalls schwierig für Cullawine werden, weil sie sich dann fragt: Ist das schon so viel wie das, was mir wehtut?
Wie soll sie denn locker sein, wenn sie weiß, ich möchte eigentlich Dinge, die schwer für sie sind?

Dieser Konflikt – ich habe das Bedürfnis nach sexueller Freiheit, und ich habe Verständnis dafür, dass Cullawine darunter leidet – ist nicht direkt auflösbar. Ich halte (rational) drei Wege für möglich, damit umzugehen.
Der erste ist: Da diese beiden Seiten nicht übereinzubringen sind, war die Trennung richtig, und eine Beziehung würde nicht gehen. Ging nicht, geht nicht. Punkt, aus, Ende der Fahnenstange.
Der zweite ist: Wenn ich doch verstehe, dass Cullawine unter bestimmten Punkten leidet, wenn ich selber auch drunter leiden würde – wie zur Hölle kann ich dann behaupten, man könne das verstehen? Dann müsste ich einsehen: Da passt irgendwas nicht.
Der dritte Weg ist: Wenn es in mir Verständnis für die Verletzlichkeit gibt, obwohl ich gleichzeitig doch auch weiß und spüre, dass sie unnötig wäre, muss es eigentlich einen Weg geben, das zu integrieren, sodass die Verletzlichkeit verschwindet. Dieser Weg hat vermutlich viel mit Kompromissen und mit Ehrlichkeit zu tun, und mit sehr viel Arbeit. Es ist wahrscheinlich der Weg, den wir die ganze Zeit versucht haben, und auf dem wir leider nicht weiterkamen.

Augenblicklich sind wir viel in Kontakt, sprechen viel, fühlen viel nach, bleiben offen. All das scheint mir in jedem Fall richtig zu sein.
Die Frage ist nur: Welcher Weg ist das?
Ein Ziel haben wir nicht. Noch ist der Weg also nicht klar. Wir folgen unseren Bedürfnissen, und das ist richtig so, aber vermutlich steht irgendwann doch einmal die Entscheidung für einen dieser Wege an.
Oder vielleicht gerade nicht, und was ansteht, ist schlicht, weiter zu gehen, ganz ohne Ziel?

Ihr seht, ich bin konfus.

06.04.2005 13:11
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Lieben

Enden drohen, Enden geschehen in meinem Umfeld. Manche verlaufen glimpflich, manche richtig schlimm, und ich bin versucht zu sagen “Gut dass ich solo bin…”. Aber eigentlich ist das Quatsch. Also, es ist gut, dass ich solo bin, ich bin sehr zufrieden damit, im Moment, aber das hat mit den Enden vielleicht gar nichts zu tun.

Gehört nicht das Ende dazu? Gewinnt nicht alles erst an Bedeutung, dadurch dass es begrenzt ist (dazu passt der Beitrag über die alten Menschen ganz gut), dass es nicht ewig ist?
Das gilt für das Leben in jedem Fall. Man kann ja sogar argumentieren, dass Fortpflanzung (ein gewissermaßen allegorischer Akt der Liebe) nur geschieht, damit etwas fortlebt (philosophisch) bzw. damit die Rasse nicht ausstirbt (biologisch).

Und bei der Liebe… Ich bin da ja nach wie vor nicht sicher. Einerseits glaube ich, dass die erste große Liebe so wichtig ist, weil man danach erst versteht, dass Liebe sterben kann.
Man ist nie wieder so blauäugig, kann sich nie mehr so sehr in eine Partnerschaft geben, weil man halt gemerkt hat, dass es irgendwann vorbei sein kann. Und wie sich das anfühlt.
Was natürlich die Entscheidung für ein erneutes “falling in” sehr viel größer macht, so wie eben auch das Wissen um die Vergänglichkeit das Leben irgendwie heller macht durch den Kontrast.

Andererseits bin ich der Meinung, dass Liebe nicht vergeht. Nie. Dass sie sich nur umwandelt, häufig leider in Hass, manchmal aber auch in Freundschaft. Oder einfach Liebe bleibt, freie Liebe eben, die nicht an die Bedingung der Gegenliebe geknüpft ist. Jedenfalls bleibt da immer etwas zurück. Etwas Schönes. Die Menschen aus meiner Vergangenheit sind nach wie vor etwas besonderes, und sie sind besonderer, je mehr ich sie geliebt habe. Manche liebe ich noch, und es ist okay. Sogar ganz schön, eigentlich.

Vielleicht stimmt ja beides. Vielleicht ist es ja wirklich wie mit dem Tod. Man kann zwar sterben, aber es gibt da etwas, was weitergeht. Sei es eine Seele, sei es der Himmel, sei es nur die Erinnerung in den anderen Menschen* – irgendetwas bleibt, trotz des Todes. Oder gerade deswegen.

Wenn man das ganz knallhart konstruktivistisch sieht, existiert man ohnehin nur in der Wahrnehmung all der anderen Menschen und der eigenen. Und dann fällt letztlich nur die eigene Wahrnehmung weg…