Monatsarchive: Oktober 2005

15.10.2005 4:15
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Im österreichischen Film “Silentium” wird der Protagonist irgendwann gefragt: “Wie funktionierens eigentlich, hm? Über Geld net, über Anerkennung auch net…”.
In der Szene musste ich ganz schön schlucken, denn ich fühlte mich vorgeführt – ich funktioniere absolut über die Anerkennung. Man reiche mich auf eine Bühne, zack, schon geht’s mir gut. Selbst im übertragenen Sinn.

In “Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins” von Milan Kundera schreibt er irgendwann, dass man für bestimmte Berufe bestimmte Grundeigenschaften haben muss. Ein Arzt muss besessen sein vom menschlichen Körper. Ein Schauspieler muss gewillt sein, vor fremden Menschen sein Innerstes bloßzulegen.

Warum schreibe ich das?
Ich habe einen neuen Job, stehe jetzt an der Theke in einem kleinen Theater. Und heute, beim ersten Tag, bei der Premierenfeier, stellte ich fest, warum ich so gern hinter einer Theke stehe: Es ist eine Bühne. Da sind Menschen, die schenken mir (wenn es gut läuft) Anerkennung, ein Lächeln, mindestens ein Danke. Topp.
Noch dazu ist es eben ein Theater. Dutzende schöner Menschen, mit für die Bühne trainierten Körpern, vor allem aber mit für die Bühne trainiertem Ego, die sich zeigen, die, wie Kundera eben schreibt, ihr Innerstes schneller offenbaren als andere. Mit Tänzern, die sich eben bewegen wie Tänzer, mit Schauspielern, die… ich weiß nicht. Schauspieler fand ich schon immer spannend. Vielleicht ist es was psychologisches, was mich fasziniert: Die Fähigkeit, Persönlichkeiten einzunehmen, sich zu verstellen, mir, also wirklich mir, etwas vorzumachen, ohne dass ich es merke… fast wie ein kleines Spiel, Schauspieler gegen Psychologe, und ich muss das Spiel durchschauen… nur eben nicht “gegen”.

Wahnsinn. Die Atmosphäre da… ich hätte mehrmals juchzen können, und kann schwer sagen worüber genau… eine schöne Schauspielerin, ein gelobter Cappuccino, noch ein Becks bitte, ein Flirt mit einem Tänzer.
Juchz, juchz. Alles super. Baby.

14.10.2005 18:50
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Vor einiger Zeit frug ich im Chat eine Freundin, warum sie mich möge. Sie hat dann ein paar Dinge gesagt (unter anderem “Weil du schlau bist”, das hat mir natürlich gefallen), und am Ende sprach sie: “Und weil du mich magst”. Dann hat sie sich gewundert, dass das so ist, und ich mich auch, und wir kicherten virtuell und das war das, so im Groben.

Gerade fiel mir das nochmal ein, ich weiß gar nicht warum, und mir fiel beim Einfallen auf, dass das stimmt. Und das ich das auch sagen könnte.
In ganz fiesen, vermeidenswerten Fällen, ist das sogar der einzige Grund. Da wird man umgarnt, dem Ego wird geschmeichelt, und das täuscht über die mangelnde Substanz hinweg.

Aber in jeder Freundschaft gibt es diese “upward spiral”. Ich mag dich, weil du mich magst, weil ich dich mag, weil du mich magst.

Einerseits irgendwie komisch. Wer hat denn angefangen? Ist es so einfach? Einer fängt an, so, jetzt mag ich dich, und schon geht’s ab?
Das wäre ja komisch.

Andererseits natürlich irgendwie super. Das wird ja meinem Streben nach den “as is” Beziehungen gerecht.

This relationship is provided ‘as-is’, without any express or implied warranty.
In no event shall the regents or contributors be liable for any direct, indirect, incidental, special, exemplary or consequential damages.
Neuanwendung der BSD-Lizenz

Weil sich das einfach so ergibt.

Bin ich schon nett? Das ist ja einfach.

14.10.2005 13:28
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Auf der Titelseite der aktuellen Zeit steht die Konstruktion

…wider besseres Wissen…

Jetzt bin ich mal so freundlich, zu unterstellen, dass der Autor immerhin die flektierte Form im Akkusativ meint, so wie es bei gegen wäre, und nicht den Nominativ, aber ich muss doch wirklich sehr bitten!
Genau wie aufgrund oder wegen verlangt wider meines Wissens nach* immer noch den Genitiv.
Also: “Wider des besseren Wissens” oder eben “wider besseren Wissens”.

Wenigstens die Journalisten sollten sich an die Grammatik halten, Sprachwandel hin oder her. Wenigstens die. Sprache ist doch deren Job.

*und eben nicht: “verlangt mein Wissen nach”, mein Wissen verlangt nämlich nach Wachstum, aber “meines Wissens nach” verlangt der Genitiv nach Unterstützung.

PS: In den Kommentaren wurde ich doppelt belehrt: Einerseits, dass “wider” in der Tat doch den Akkusativ verlangt, und zweitens, dass ich besser recherchieren sollte… ich ziehe meine Einwände gegen die Zeit hiermit zurück :).

14.10.2005 12:40
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Ich weiß, ich weiß, ich bin eigentlich nicht so’n Softwareblogger. Ich bin auch gar nicht hart am Puls der Zeit, und ich nehme keine geworfenen Stöckchen auf.
Ich blogge alles in allem eigentlich ein bisschen anders.

Aber gerade freu ich mich, weil der neue Firefox in der Beta draußen ist, und endlich, endlich ist mein schönes div-Element hier per Mausrad scrollbar…

Das war eigentlich das einzige, was ich wirklich störend fand.
Hoffentlich kommt bald die offizielle Version, bis dahin nutz ich mal die Beta.

13.10.2005 14:25
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Viermal schon hat jemand seinen Freund mit mir betrogen. Gut, drei davon war immer die gleiche Person, aber dennoch. Viermal war ich der Seitensprung.
Und ich bin nicht stolz drauf. Einige Male habe ich mich sogar schlecht gefühlt (das hängt davon ab, wie stark ich den Einfluss auf die Beziehung einschätze, wie sehr ich den Partner mag, usw.) Es war immer schön, klar, aber im Grunde nicht wegen des Betrugs sondern trotz dem Betrug*.

Ich schreibe das also nicht, weil ich mich wie ein Wahnsinnshengst fühle, sondern weil ich mich gefragt habe, wie das kommt. Immerhin bin ich, was so “normale” Beziehungen angeht, also Kennenlernen, Schätzen lernen, Liebhaben, Schmusen, usw., nicht so sonderlich weitgekommen. Sowas hatte ich in meinem Leben insgesamt 3 Monate, und in denen war ich der Meinung, wir hätten eine Beziehung, sie sah das aber ganz anders. Nach 3 Monaten war die Spannung dann eben zu groß.
Mit Affären (as in: Man mag sich, genießt sich, hat Spaß, hat Sex, hat aber kaum Verpflichtungen) habe ich dagegen sicher anderthalb Jahre meines Lebens verbracht. Sechs Siebtel meines Liebenslebens sind Affären. Krass.

Wie kommt das?

Gestern im Bett dachte ich darüber nach. Glücklicherweise bin ich, auch durch das Entdecken der Poly-Bewegung, nicht mehr dabei, mich in Gedanken selbst zu kasteien, à la “Alter Luftikus, du bist halt nicht bindungsfähig, Schwerenöter, Taugenichts”, sondern frage mich, warum Frauen sich mit mir eher sowas vorstellen können (Warum ich mir das eher vorstellen kann, weiß ich, darüber geht das Blog). Und eigentlich ist es ganz klar.

Wir wollen ja oft das, was wir nicht haben. Und weil ich selbstverständlich viel eher Freiheit und Ungebundenheit ausstrahle als Sicherheit und Geborgenheit, wirkt das eher auf Menschen, die schon sicher und geborgen sind.
Das ist in der Konsequenz ein kleines bisschen bitter (es ist auch ganz schön, weil ich ja scheinbar ausstrahle, was mir wirklich sehr am Herzen liegt), weil, wenn die Theorie stimmt, die Menschen schnell das Interesse an mir verlören, wenn sie die Freiheit und Ungebundenheit erst erreicht haben und wieder ein bisschen Sicherheit wollen.
Da bin ich nämlich nicht so gut drin.

* Ja, an dieser Stelle muss der Dativ stehen. Eigentlich. Es ist eine der wenigen Situationen, in denen der Genitiv auf dem Vormarsch ist, und man “trotz des Betrugs” sagt, aber ursprünglich nahm man den Dativ. Deswegen heißt es ja auch “trotzdem”.
Ich gebe aber trotzdessen zu, dass sich der Dativ hier spleenig anhört.

13.10.2005 14:10
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Vor kurzem schrieb ich einen Beitrag, in dem ich die These vertrete, Eifersucht sei schlicht ein Urgefühl, das man, im Vergleich zu anderen Urgefühlen, nie verlerne. Beziehungsweise den Umgang damit eben nie lerne.

Meine Beispiele dort waren Angst, die man eben irgendwann rationalisieren kann, und Wut, die man anderweitig rauslässt oder auch nochmal reflektiert.

In einem Gespräch vor kurzem ergab sich ein besseres Beispiel:
Kindliches Besitzdenken

Es ist besser, weil es so schön nah an der Eifersucht ist. “Du hast MEINE Freundin angefasst!” ist auf sehr vielen Ebenen genau dasselbe wie “Du hast mit MEINEM Bagger gebaggert”.

Die Analogie ist einleuchtend, denke ich. Interessant wäre jetzt der nächste Schritt: Wie genau haben wir als Kinder gelernt, davon loszulassen? Und ginge das auch für die Eifersucht?
Ein Drawback ist in jedem Fall, dass wir natürlich niemals komplett das Besitzdenken aufgegeben haben. Der Kapitalismus stellt uns viele Konstrukte zur Verfügung, die dieses Besitzdenken halt schön sozial machen. Mietverträge, die für beide Seiten bestimmte Nutzungsregeln haben, Arbeitsplätze, deren sozialer Wert sich über den Verdienst bemisst (oder deren Verdienst sich am sozialen Wert misst?), wie Müllmensch* oder Arzt.

Aber trotzdem sind wir ja bedeutend lockerer als damals mit dem Bagger.
Vielleicht, weil wir einfach nur eine Norm gelernt haben. Man teilt!
Vielleicht haben wir aber auch wirklich verstanden, dass der Bagger nicht weniger wird, wenn jemand anders damit spielt. Besonders, wenn man selbst gerade eh an den Bauklötzen sitzt.
Oder wir haben verstanden, dass das eigene Spiel mit dem Bagger halt einzigartig ist. Das Gefühl, das man selbst beim Schaufeln hat, kann einem niemand nehmen, es ist die ureigene Qualia.
Vielleicht haben wir sogar verstanden, dass, je mehr andere Kinder mit dem Bagger spielen dürfen, desto mehr Freude im Kindergarten herrscht, weil alle Kinder zufriedener sind.

Oh! Das geht nicht, oder? Wie sagt man politisch korrekt zu Müllmann?

12.10.2005 2:20
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Soeben hatte ich mit meinem Mitbewohner ein spannendes Gespräch über Normen, Evolution und Sinn und Zweck von Poly- und Monogamie.

Jetzt will ich versuchen, da Struktur reinzukriegen.

Also, Monogamie ist weit verbreitet und ausgesprochen häufig. Sie ist die Norm. Warum eigentlich?
Erst fragten wir uns, wie rum das ganze wohl funktioniert: Ist Monogamie in den Menschen verankert, und hat deswegen den Weg zur gesellschaftlichen Norm gefunden, oder ist es irgendwie anders zur Norm geworden, und jetzt wird die Norm den Menschen beigebracht in der Wiege.

Die These, Monogamie sei im Menschen, haben wir schnell verworfen. Immerhin gibt es zig Seitensprünge. Zwar gibt es zeitgleich die Forderung nach Treue, aber offensichtlich scheint es keinen besonders starken Trieb zu geben, sich auf einen Partner zu beschränken.

Dann also andersrum: Die Menschen lernen eine Norm*, die irgendwie anders zu einer Norm geworden ist. Aber wie?

Gern bemüht: Die Evolution. Die Nuss ist schwer zu knacken, aber wir haben ein paar Ideen gehabt. Nehmen wir an, es gibt drei Arten von polygamen Beziehungen in unserem Stamm aus 90 Menschen (das sollen 100% sein, aber mit 90 geht’s grad leichter).
30 Leute haben Beziehungen mit 1 Frau und 2 Männern.
30 Leute davon haben Beziehungen mit 1 Mann und 2 Frauen.
30 Leute davon haben gleichgewichtete Beziehungen (also 2 zu 2 oder 3 zu 3).
Die ersten beiden Gruppen sind leider ausgestorben. Die mit Männerüberschuss hatten nur eine Frau, kriegen also seltener Kinder als Monopärchen (weil der eine Mann zu viel niemanden schwängern kann).
Die mit Frauenüberschuss hatten nur einen Mann, und wenn man den evolutionären Thesen Glauben schenkt, dass Männer gejagt und beschützt haben, hatte der halt zu viel zu tun. 2 Frauen mit je einem Kind zu schützen und mit Nahrung zu versorgen ist halt zu hart.
Also hat das nicht gut geklappt. Das würde auch erklären, warum es dann zu einer Norm wurde. Die weisen Stammesältesten haben dann immer gesagt: Jeder nur 1 Partner, sonst verrecken uns die Kinder.

So weit, so gut. Das wäre die evolutionäre These. Eher monogame Menschen wurden also heran gezüchtet. Alle paar Geburten haut die Evolution dann natürlich nochmal sowas raus wie mich, um zu schauen, ob das nicht allmählich doch mal klappt mit dem Poly-Leben :).

* Im Übrigen vertrete ich ja eigentlich sogar die These, dass die Menschen nicht so sehr die Norm “Monogamie” lernen, sondern einfach nicht lernen, dass es auch anders geht. Darüber sprachen wir auch, das blog ich morgen.

09.10.2005 13:17
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Gestern war ich auf einem Konzert mit vorausgegangener “Diskussionsrunde”. Freunde der Grammatik bemerken sofort die unpassenden Anführungszeichen, aber halt!
Es war nämlich keine Diskussion – im Grunde haben 5 Gleichgesinnte eine Bühne organisiert und über Deutschland geredet, darüber, dass Pop sich stärker nationalisiert, und das man das natürlich nicht mit “hartem” Nationalismus vergleichen könnte, aber wir lassen beides mal so im Raum stehen.
Und wer sich mit dem Begriff der “Nation” arrangiert, arrangiert sich auch mit dem Völkermord. So diese Schiene.

Alles in allem halt dieser Linksdünkel, der so allgemein und diffus ist, dass einem jeder Widerspruch gleich als Faschismus angelastet werden kann.
Ich habe natürlich dennoch widersprochen, ich bin grad in Frankfurt, mich kennt hier eh keiner.

Soweit die unheilige Vorgeschichte.

Eigentlich soll es hier aber um Musik gehen. Mir fällt nämlich oft auf, dass linke Musikfreunde, nein, eigentlich sogar linke “Musikfreunde” mit Musik eigentlich auch ein bisschen faschistisch umgehen.

Halt, Gang zurück. Eins will ich vorwegschicken. Jeder darf Musik genießen wie er mag. Mitsingen ist klasse, Lieder wiedererkennen ist klasse, das ist alles in Ordnung. Man findet sogar hirnphysiologische Reaktionen bei bekannten Melodien, das ist völlig normal.
Ich will nur werben für einen anderen Umgang damit, weil Musik eben mehr ist, zumindest mehr sein kann, als “Hey, cool, das kenn ich” oder “Die CD hab ich” oder sogar “Die CD hatte ich schon ’96″,

Ich meine, da passiert doch was auf der Bühne, bei jeder Musik. Von barockster Mucke zu neudeutschestem Pop, irgendwas geschieht da, hinter jedem Instrument steckt ein Mensch, der dieses Etwas fühlt, sich einschwingt, auf die anderen Menschen und ihre Musik, und jede Musik birgt etwas der Menschen.
Da find ich’s irgendwie befremdlich, wenn dann alle auf dem Boden sitzenbleiben und sich kein bisschen drauf einlassen, dass da gerade was passiert, vielleicht ungewöhnlich, auf jeden Fall aber halt Musik. Musik erzählt manchmal Geschichten, macht Scherze, zeigt Widersprüche in sich, macht Mut, macht traurig, was weiß ich alles…

Aber Nein, wir tanzen nur zu dem, was wir kennen, beginnen zu feiern, wenn Markus Wiebusch nur den nächsten Song ansagt. So viel Jubel kriegt die Vorband nichtmal nach einer Stunde Vorspiel.
Ich meine, da läuft doch was falsch, gerade wenn das so linksalternative (leider, zumindest gestern, nur mittelmäßig reflektierte) Kids sind, die immer Akzeptanz und Offenheit predigen, die dann aber nur für die eine Band, die sie halt kennen, die sie (als CD) besitzen, jubeln.
Das ist doch auch nicht anders, als CDU zu wählen, weil man das eben immer gemacht hat, oder Ausländer scheiße zu finden, weil die früher nicht hier waren, oder dem Kapital nachzulaufen, weil man halt viel davon hat.

Musikfaschisten, hat unsere Schlagzeugerin das mal genannt. Alle wegen der gleichen Band da, der Anführerband, alle durch die Band-Shirts uniformiert, und wehe man sagt was dagegen.
Aber vorher noch Deutschland verrecke in neue Zeilen gießen und Popnationalismus beschwören.

Diskutieren oder Thematisieren hätte ich echt spannend gefunden, Pop ist mächtig, und Nation ist in der Tat wie Gender ein Konstrukt, nicht mehr, aber eine Beschwörung, die nur gutheißt, wer eh schon der gleichen Meinung ist…
das stößt mir übel auf.

07.10.2005 23:04
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Messer links, Gabel rechts, beinahe alle Regeln einer Gesellschaft sind willkürlich. Du bist ein Mann, ich bin eine Frau, das ist grün, das ist blau, das ist gut, das ist schlecht. Alles halt festgelegt.
Deswegen haben bestimmte Leute (vorwiegend Nazis und anderes Gesocks) so ein Problem mit fremden Kulturen, da gibt es andere Regeln.
Unser Blau kann in Italien Azurro oder Blu sein, in Japan ist man mit Stäbchen. Huch!

Auch in Liebesdingen gibt es zig solche gesellschaftlichen Regeln. Wann man sich küssen darf, was man beim ersten Date fragen darf, wielange man als 15-jähriger bei einer Beziehung warten muss, bis man Sex hat. Solche Sachen.

Und natürlich gibt es auch Regeln, wie Leute, die lieben, mit anderen Menschen umgehen dürfen. Wenn der Süße anruft, dann spricht man selbstverständlich mit ihm, sogar wenn Weihnachten ist und die Großeltern zu Besuch sind. Allerdings dürfte man beispielsweise nicht am heiligen Abend die Simpsons gucken, oder vorm Weihnachtsauflauf eine SMS schreiben. So ist das eben.
Und am Wochenende, wenn ich die Wahlschwester besuche, werde ich auf dem Boden schlafen und ihr Lieber mit ihr in einem Bett.
So ist das eben.
Das ist auch gar nicht das Problem. Es klingt vielleicht ein bisschen enttäuscht, weil ich in der Tat Angst habe, dass ich verglichen werde (und verliere), aber eigentlich handhabt die Wahlschwester das ganze Thema sehr gut und liebevoll, und meine Angst ist halt irrational.

Aber zurück zur Sache: Ein Problem hat man immer dann, wenn man andere Regeln fühlt, als die Gesellschaft um einen rum so für richtig hält, klar. Dann ist man nicht Teil der Kultur der Gesellschaft, sondern Subkultur.

Jedenfalls werden ja diese Regeln einer Gesellschaft allüberall eingespeist. Und letztens hatte ich großen Spaß mir auszumalen, wie Filmszenen aussähen, wenn sie die Normen im Hintergrund hätten, die ich so fühle.
In vielen Filmen ist ja die jeweilige Liebesgeschichte nur hintergründig, die könnte man leicht ändern, ohne dass der Film sich groß ändert.
Dann hätte Marty McFly eben nicht nur Lorraine in der Gegenwart sitzen lassen, sondern vielleicht auch Mary-Jane.
Und Benjamin Braddock hätte, während er an die Fensterscheibe in der Kirche klopfte, statt “Elaine!!” eben “Elaine!! Marsha!!” gerufen. Oder es wäre noch anders gekommen, und Elaine und Carl hätten den Priester kurz gebeten, ob Ben mitmachen könnte.
Und vielleicht hätte Rose Dewitt Bukater doch noch Jack Dawson retten können, wenn ihr noch jemand geholfen hätte…

Über die Lieder wage ich gar nicht nachzudenken…
I want to marry two lighthousekeepers,
whom I could see in turns…

07.10.2005 16:51
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Auf einer deutschen Nachrichtenseite fand ich gerade Informationen über eine Homepage, die ich sehr bedenklich finde. Schlimm, eigentlich. Richtig schlimm. Deswegen werde ich sie auch nicht verlinken, und möchte darum bitten, dass auch in den Kommentaren keine Links dahin gesetzt werden.

Jedenfalls können auf dieser Seite betrogene respektive sich betrogen fühlende Frauen die betrügenden Männer anschwärzen. Mit Name und Photo. Damit auch ja niemand mit diesem “Mehrschweinchen”, wie sie auf der Nachrichtenseite hübsch beschrieben werden, verbredet. Hier ein Auszug aus den AGB:

We recognize that privacy is an important issue, so we design and operate our services with the protection of your privacy in mind.

Das ist ganz schön zynisch. Man möchte regelrecht weiterschreiben:

Of course, their privacy doesn’t matter to us at all. Along with their other fundamental rights, it is forfeit since their unspeakable deeds, that, although never having been put to trial, can be deemed worth of every conceivable punishment. So here we go.
Please browse their images, names and adresses now!

Abgesehen von den datenschutzrechtlichen Bedenken, die wohl keiner weiteren Diskussion bedürfen, finde ich das aus 2 weiteren Gründen schlimm:

  1. Alle dort ausgestellten Männer sind automatisch Mehrschweinchen. Ich habe mich selbstverständlich sofort gefragt, ob nicht zumindest ein gewisser Prozentsatz poly ist, und das, zugegeben, ein bisschen schief auslebt, aber im Grunde eher Opfer der Gesellschaft und nicht Täter an ihr ist. Für jene Polys steht der schwarze Teil der Fahne.
    Ich meine, klar sind viele auf dieser Seite sicher Arschlöcher, aber doch eben nicht alle. Und nicht alle gleich.
  2. Und wenn es Arschlöcher gibt, was ich nicht abstreiten will, warum können dann nur Frauen da posten? Und bitte nicht das Argument “Aber die Männer könnten ja auch so ne Seite aufmachen”. Zweimal Kacke gibt immer noch kein Gold.
    Das ist Sexismus par excellence.

Abgesehen von der Tatsache also, dass hier Existenzen zerstört werden (wie viele Firmenchefinnen in den Staaten, die diese Seite kennen, schauen wohl bei Bewerbern mal nach?) durch eine Selbstjustiz die in ihrer Casualness ihresgleichen sucht, werden also zwei schlimme Vorurteile bestärkt:
(Nur) Männer sind Schweine.
Wer viele Frauen liebt / Sex mit ihnen hat ist in jedem Fall auch ein Schwein.

Ich spucke auf so ne Scheiße. Wirklich. Ich spucke grünen Schleim auf so ne Scheiße.