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17.05.2009 23:37
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Leben
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“Der alte J. ist tot”, hat Cullawine zu mir gesagt, einige Wochen bevor wir entschieden hatten, uns knapp 3 Wochen nicht zu sehen. Sie sagte es, bevor ich dann am Ende dieser 3 Wochen entschieden hatte, dass ich mich trenne.

Wieder trenne.

Und doch – trotz der Wiederholung, der Möglichkeit zu einem Gefühl von Ausweglosigkeit und Stillstand – fühle ich mich gut. Etwas musste sterben, das haben mir auch die Karten gesagt. 3 Legungen habe ich rund um dieses Beziehungsende gelegt, und in zweien davon war die Quintessenz der Tod. Und tatsächlich: Gerade die Wiederholung, die Tatsache, dass ich die gleichen Sachen durchmache wie vor einem Jahr, zeigen mir: So geht es nicht. Ganz egal, ob die Ursachen für dieses Scheitern in mir, in ihr oder noch ganz woanders liegen, es funktionierte nicht, ohne dass ich krank wurde und immer neue Teile von mir schlecht finden musste. Zunächst war es nur eine Bindungsangst, die mich weiterhin aufrecht erhalten ließ, dass die Beziehung richtig wäre, aber eben schwer, später waren dann depressive Tendenzen. Muster aus meiner Kindheit.

Und versteht mich nicht falsch: Da ist überall was dran. Diese Aspekte gibt es. Aber ich konnte nicht mehr. Nicht so.

Cullawine meinte das damals anders mit dem “Der alte J. ist tot”, sie meinte meine Illusionen von einer Rückkehr in die Unbedarftheit, die mir vorher an mir so gut gefallen hatte. Und das stimmt, das geht nicht, Erfahrungen verändern einen, und ich bin ein anderer. Aber es ist noch ein anderer J. tot, nämlich der mit Illusionen von einer Rückkehr ins Glück mit Cullawine.

Mein Gott, klingt das hart. Aber so ist es. Etwas musste sterben, und es ist gestorben.

Manchmal juckt es mich wieder, dieses Blog mit meinen Erfahrungen zum Lieben zu füllen. Interessanterweise juckt es mich sowohl in Situationen, wo es besonders schlimm ist, aber auch in welchen, wo es besonders gut ist.

Dieses Wochenende ist ein besonderes Wochenende, weil es besonders gut ist.

Aber von vorn.

Prozesse sind gewaltig. Ich meine, ich kenne natürlich nur meine eigenen und ansatzweise die meiner Liebsten, aber ich bleibe dabei: Prozesse sind gewaltig. Die Schritte, die man auf dem Weg so geht, führen einen an erstaunliche Orte.
Seit einigen Wochen spreche ich dabei ungern über “Entwicklung”, denn diese Benennung bedeutet immer, dass man momentan “unterentwickelt” ist, und darin ist wenig Liebe für die Person, die man jetzt gerade ist. Diese Liebe ist aber wichtig.

Die Schritte jedenfalls sind heilig und wunderbar, zu jedem Zeitpunkt des Wegs ist man völlig in Ordnung, es gibt kein zu wenig oder zu langsam. Und gleichzeitig ist der Weg ebenso völlig in Ordnung – es ist wunderbar, ihn zu gehen.

Dieses Wochenende lerne ich Massage. Und obwohl ich schon ahnte, dass das ein besonderes Wochenende werden würde, dachte ich doch eher, dass ich eben Techniken lerne und ein bisschen über Energie lerne.
Dass mein Herz dabei die weitaus größere Rolle im Vergleich zum Kopf spielen würde, habe ich nicht erwartet. Mit der Massage kommt ein Zugang zu Menschen in mein Leben, der mir fundamental liegt. Es ist nicht die Berührung allein, die mir gefällt (jeder der mich kennt weiß, dass Berührung wichtig für mich ist), es ist an diesem Wochenende eher die Bewusstheit darüber, was es bedeutet jemanden zu berühren.

Ein Rücken (ich lerne nur Rücken, der Rest käme in der weitergehenden Ausbildung, wenn ich mich dafür entscheide) trägt viel, und jeder von uns hat ein paar Ecken am Rücken, die besonders sind. Wo wir merken, dass wir viel zu tragen haben. Viel auszuhalten. Wo wir einstecken, gegenhalten, und auflehnen, unflexibel sind oder uns nach Ruhe sehnen.
Und so ein Rücken liegt dann vor mir, mit all diesen Sachen, und ich gebe etwas hinein.

Ich hätte es nicht erwartet, aber die Dankbarkeit und Rührung sind groß, so etwas tun zu dürfen.
Der Space, der an diesem Wochenende aufgeht, mit den besonderen Menschen, die sich eingefunden haben, ist ebenfalls groß, und Dinge, die sonst wenig Platz in meinem Leben haben, nämlich Spiritualität (allgemein) und körperliche Nähe (in der Arbeit – privat hab ich sie und bin sehr froh darüber), geschehen darin.

Es ist heilig und wunderbar, es öffnet mich und trägt mich. Liebes Universum: Vielen Dank.

Gewisse Sachen gefallen mir nicht, und ich gerate darüber in unregelmäßigen Abständen in die Krise. Neustes ungewolltes Kind der Beziehung: Das regelmäßige Sehen.

Noch nie hab ich so funktioniert. Eine nicht abreißende Kette von Verabredungen, und am Ende der einen weiß man schon, wann die nächste sein wird, das geht mir gegen den Strich. Das ist schon organisatorisch für mich blöd, weil ich wirklich viele wunderbare Menschen kenne, für dich ich Zeit haben will, und mit denen ich immer recht spontan schauen will. Dafür brauche ich freie Zeit.

An sich alles kein Problem, könnte man meinen, muss ich ja nur so machen, und es Cullawine erklären, ist ja logisch dass man hie und da über Sachen sprechen muss.
Aber was passiert, ist kompliziert. Ich wehre mich gegen das mir verkrampft anmutende ständige Verabreden und stelle fest, dass Cullawine das nicht so gut behagt. Und sofort gehen die Gedanken los.

Was heißt das dann? Ist mein Wunsch falsch? Bin ich böse deswegen? Liebe ich Cullawine nicht genug? Das will ich nicht glauben, erstmal sind ja Bedürfnisse eben Bedürfnisse, und die sind immer in Ordnung. Es muss in Ordnung sein, wenn man nicht so ist, wie der andere ist.
Oder bin ich vielleicht einfach nicht für eine Beziehung gemacht? Gehört das möglicherweise zu einer Beziehung dazu, dass man seine Treffen plant, und wenn mir das nicht gefällt, dann gefällt mir eben Beziehung nicht?
Oder muss das nicht zu Beziehung gehören, und es ist eher eine Unstimmigkeit zwischen Cullawine und mir? Mit wem anders wäre das gar kein Thema. Und heißt das dann, dass ich besser mit wem anders dran wäre, oder dass das dann eben ein Thema für uns ist?

Diese Gedanken sind fürchterlich zermürbend. Sie sind ein direkter Weg zu Zweifeln an meiner Liebe, an unserer Beziehung, an meiner Bindungsfähigkeit. Ich denke oft an die Diskussion mit Schwinger zurück, in der er mir vorwarf, ich wolle die “Auseinandersetzung mit dem Partner nur solange wie sie meine Kreise nicht stört”.

Das war 2005. In gewisser Weise bin ich fast am gleichen Punkt… Nur dass ich mich jetzt auf die Auseinandersetzung eingelassen habe, meine Kreise gestört werde, und ich die Anstrengung merke und bezweifle, ob das alles so seine Richtigkeit hat. Vielleicht ist das ja ein großer Schritt.

Wow. Ich ging ins Blog, um einen Artikel zu suchen, und las nochmal den letzten. Der kommt genau richtig. Die Zweifel, gegen die ich die innere Wahrheit verteidigen wollten, sind gerade heute wieder stark, und sind es immer wieder mal.

Dabei muss ich ziemlich genau hinschauen, um rauszufinden, was eigentlich das verdammte Problem ist. Im Grunde ist ja alles ganz einfach: Wenn ich mit Cullawine nicht mehr zusammen sein will, mache ich Schluss. Dummerweise erscheint mir das aber nicht als Lösung, denn ich habe dummerweise nicht das Gefühl, dass Cullawine das Problem ist. Zwar zweifle ich an Tagen wie heute auch daran, ob wir überhaupt zusammenpassen, aber die Gefühle von Überforderung und “nicht-bei-mir-sein” hatte ich auch nach der Trennung. Die haben mit mir zu tun.

Was ich finde, ist etwas, das ein Freund von mir kürzlich das Freiheitsmotiv nannte. Es ist stark in mir (und auch in ihm), und tatsächlich erklärt das ziemlich genau, was in mir passiert. Ich fühle mich unfrei, und das stört mich. Das hat nur sehr sekundär mit Cullawine zu tun, denn es hängt eher an meiner Sicht von mir, an meinem Verhalten ihr gegenüber und meinen Gefühlen gegenüber.

Das Freiheitsmotiv ruft nach uneingeschränktem Erleben. Es will alles tun können – möglicherweise will es nicht mal wirklich alles tun, es will es aber können.
Single sein hieß für mich, das erkenne ich gerade, immer, eine riesige Welt von Möglichkeiten um mich herum zu wissen. Jeder Moment konnte fließen, wohin er wollte. Jeder schöne Abend durfte zu einer schönen Nacht werden. Jede Umarmung durfte etwas länger dauern, an jeder schönen Frau in der Stadt konnte ich mich erfreuen und mir erbauliche Zeitvertreibe mit ihr ausdenken.

Dazu muss man sagen: Getan habe ich all sowas eher selten. One Night Stands hatte ich nie, und dass ich mal spontan irgendwo übernachtet hätte, wüsste ich auch nicht. Und, mal ehrlich, irgendwelche schönen Frau in der Stadt hinterherzugucken ist nun wirklich kein Privileg von mir und meinem Singlesein. Das ist ja Volkssport (was das über das Frauenbild im Volk und in mir aussagt, ist übrigens noch eine ganz andere Frage, mit der ich mich beizeiten mal beschäftigen muss). Es ging eben nicht ums tun, sondern um die Freiheit, es zu tun.

Nun gilt es herauszufinden und zu verhandeln, was dieses Freiheitsmotiv in einer Beziehung will und sein kann. Ich bin ja weiterhin ich, und für mich darf eine Beziehung das nicht einschränken. “Mein persönliches Glück ist mir wichtiger als die Beziehung”, hat der Freund auch noch gesagt. Und natürlich hat er Recht.
Es geschieht mir zu oft, dass ich mehr schaue, was “die Beziehung” braucht, was andere Paare so machen (nämlich sich sehr oft sehen), was Cullawine gern hätte (nämlich Liebesbeweise hie und da und gemeinsame Lebensplanung) und all so was, und muss ehrlicherweise sagen: Das erschreckt mich alles ganz fürchterlich.

Mir sind meine Gefühle für Cullawine viel näher als die Beziehung. Ich war nie scharf auf eine Beziehung, das ist strukturalistischer Überbau für etwas, was ganz im Herzen passiert. In den Momenten, wo es mir gelingt, einfach Cullawine als Cullawine zu sehen, geht’s mir total gut. Sie sagt dann, das wäre nicht anders als eine Freundschaft, aber das stimmt nicht. Oder irgendwie schon, weil auch das nur strukturalistischer Überbau ist, und entfernt man den, sind viele Sachen gleich, aber der Punkt ist doch der:
Wenn ich Cullawine als Cullawine sehe, dann bin ich doch nicht aus der Beziehung ausgestiegen, sondern maximal drin, nämlich maximal bei ihr.

Ich glaube, wie überstürzen da ein paar Sachen. Eigentlich sind wir ja unter der Prämisse zusammenzukommen, einen gemeinsamen Kurs zu finden, ganz wir selber zu sein und zu schauen, was sich daraus so ergibt. Gerade mache aber zumindest ich den Fehler, dass ich schon viel zu sehr wieder irgendeine Struktur bediene, die noch gar nicht mit mir abgestimmt ist. Und um den gemeinsamen Kurs zu finden, muss ich – glaube ich – ganz, ganz viel maximal bei ihr sein. Anstatt zu überlegen, wie oft man sich sehen sollte, wann man anrufen sollte. Was so die Rahmenbedingungen einer Beziehung sind. Das interessiert mich alles nicht.

Insofern: Vielleicht will das Freiheitsmotiv gerade wieder eine Welt voll Möglichkeiten haben, und das Problem ist nicht (oder zumindest nicht hauptsächlich), dass die Beziehung die Welt um mich rum verändert, sondern dass ich bislang die Beziehung noch nicht als Teil dieser Welt sehe. Auch die Beziehung soll eine Welt voller Möglichkeiten sein, soll frei sein von Struktur und Regeln, sondern soll authentischen Austausch ermöglichen.

Mal sehen, was sie so dazu sagt.

Ich habe Cullawine wiedergetroffen. Vor einigen Wochen hatte sie das ursprünglich einmal geplante Treffen abgesagt, sie wolle mich jetzt doch nicht sehen. In der Zeit darauf kam ich unklar. Das Gefühl von “Ich bin okay wie ich bin, ich darf ich sein” war mir nicht zugänglich, ich habe mich viel abgelenkt, und hatte natürlich auch sehr schöne Tage, aber immer, wenn ich zurück zu mir kam, bemerkte ich die Baustelle.

Zwischendurch gab es immer wieder mal die bitteren, weinerlichen Tage, und es wurde immer klarer: So werde ich das nicht weitermachen. In mir geschah eine Veränderung, und irgendwann sprach ich einen Gedanken – der mich erschreckte – gegenüber der Wahlschwester aus, weil er immer wieder kam: Am liebsten würde ich einfach an Cullawines Tür kratzen, sie möge mich zurücknehmen.

Obwohl das sicherlich nicht die Wahrheit ist, und nicht der tatsächlich gute Kurs, so war darin doch ein Gefühl, von dem ich merkte, es nicht mehr lange verleugnen zu können. Nachdem ich lange versucht habe, mit mir selber auszumachen, wie es nun gehen soll, welcher Kurs ins Glück führt, wie ich ich selber bleibe und Cullawine nah sein kann, weil sie mir fehlt, merkte ich: Das kann man nicht mit sich selber ausmachen. Ich brauche dafür den Kontakt zu ihr.

Sonntag habe ich es endlich über mich gebracht, ihr zu schreiben, und wir hatten uns für letzten Mittwoch verabredet und uns getroffen, beide mit einer Riesenmuffe.

Als ich sie dann gesehen habe, bin ich fast wie ein junger Hund auf sie zu gesprungen, voller Adrenalin von der ganzen Angst, aber eben auch sehr glücklich, sie zu sehen, der Atem ging mir schwer und ich grinste, obwohl ich doch genau wusste, dass es ein ernstes, schwieriges Treffen ist.
Aber wir kamen doch ins Gespräch, und ich konnte die Dinge sagen, die ich erkannt habe: Dass ich verstanden habe, wie eine Beziehung auf einem Bündnis sicher steht, und wie ich Cullawine immer weggestoßen habe, weil ich Angst hatte, mich selber zu verlieren, wie ich tatsächlich auch das Gefühl hatte, sie akzeptziert bestimmte Seiten nicht an mir, wie ich aber auch wusste, dass sie mit offenen Armen da stand, und ich mich weggedreht habe.
Und, dass ich nach der letzten Zeit zwar immer noch keine Antworten auf die ganzen Fragen hätte, dass ich aber ziemlich sicher wäre, sie zu lieben. Denn das bin ich. Ich hätte gedacht, dass mehr Klarheit, wie ich sie schon erreicht habe nach der Trennung, dazu führen würde, sie weniger zu vermissen, aber das Gegenteil war der Fall.

Also wieder rein. Die Ängste kommen natürlich mit, und genau wie bisher ist es so, dass die Ängste eigentlich nur da sind, wenn ich mein Kopfkino fahre. Sobald wir uns sehen, spüre ich genau, warum das alles ein guter Kurs ist. Ich kann ein bisschen besser mit den Ängsten umgehen. Ich weiß jetzt, dass ich die Beziehung nicht in Frage stellen muss, nur weil ich Angst habe. Oder weil ich mal keine Lust habe, sie zu sehen. Oder weil mir auch mal andere Menschen wichtiger sind. Die Beziehung muss nicht jede Minute meines Lebens erfüllen, und ich befürchte, das habe ich letztes Mal gedacht. Was natürlich einerseits dazu führt, dass ich das ganz schön groß und erschreckend fand, und andererseits – weil das natürlich nicht klappt – immer mit einem Gefühl des Scheiterns einherging.

Wir haben uns jetzt auf die Fahnen geschrieben, dass jeder immer ganz bei sich ist, und wir wollen uns langsam annähern und mal sehen, was passiert.

Es ist der blanke Terror, und meinen Zweifeln und Ängsten wieder zu begegnen ist der letzte Scheiß, und doch weiß ich (und versuche mir zu merken) wie es sich angefühlt hat, sie wiederzusehen. Nämlich gut. Angekommen. Richtig und kongruent. Eine große Ruhe in dem Wissen, das richtige zu tun. Diese Wahrheit braucht ihren Raum, und ich werde ihn verteidigen müssen gegen die Zweifel. Ich hoffe, dass mir meine Erkenntnisse aus den letzten Monaten dabei helfen.

Uff. Die letzten beiden Tage waren schwer auf eine Art, wie ich sie lange nicht mehr erlebt habe. Nicht, dass sie besonders dolle schwer waren, nur schwer auf eine unübliche Art.

Ich hatte mich ein bisschen verliebt in Kira, ohne genau zu wissen wo das hin sollte. Kira hat eine kleine Tochter, hängt emotional dem Kindsvater in ähnlicher Hinsicht hinterher wie ich Cullawine, und so richtig hatte ich nicht das Gefühl, irgendwohin zu wollen, sondern eher, es da zu mögen, wo ich bin. Wir verstehen uns gut, teilen eine große Vertrautheit und denken in vieler Hinsicht ähnlich. Ich fühlte mich wohl, verliebte mich, und das einzige, was mich störte, war meine etwas unbeholfene Art, die ich immer an den Tag lege, wenn ich verliebt bin und mich nicht traue, es zu sagen.

Vor kurzem sprachen wir mal wieder miteinander, und es ergab sich die Gelegenheit, mich endlich mal zu öffnen. Sie sei nicht verliebt (womit ich durchaus gerechnet hatte), und doch war es nach kurzer Seltsamkeit eigentlich besser, weil ich endlich wieder kongruent war, im Draußen das hatte, was ich im Drinnen habe, eben all die Sachen, die Ehrlichkeit und Authentizität möglich machen.

Seit gestern aber hänge ich in ganz doofen Gedanken von Einsamkeit und Sorge, ob das mit mir ein gutes Ende nimmt. Seit gestern fällt mir auf, dass um mich rum alle wichtigen Menschen in Beziehungen stecken, und plötzlich stört es mich.
Das ist überraschend für mich gewesen, also hab ich genauer hingeschaut.

Was passiert, ist in weiten Teilen Angst, wie mein Leben wird. Ich habe eine Vision vom guten Leben – eher diffus, aber sie ist da – und ich merke, sie ist schwierig zu erreichen. Sie ist insbesondere deshalb schwierig, weil andere Menschen dazugehören, und ich weiß weder, ob ich Menschen finde, die da mitmachen würden, noch, ob ich es schaffen würde, mich auf sie einzulassen. Meine Grenzen diesbezüglich habe ich bei Cullawine deutlich gemerkt.
Die Paare in meinem Freundeskreis, die ich betrachte, zeigen mir eines ganz deutlich: Sie sind Verbündete. Sie unterstützen sich bei ihren Visionen. Das löst zum Einen Neid aus in mir, aber zum Anderen ist gerade der Gedanke stark, dass all diese Menschen für Visionen mit mir nicht zur Verfügung stehen. Niemand dort würde gemeinsam mit mir irgendwohin ziehen, denn der Partner ist mit im Boot, und der Kurs wird dort entschieden. Ganz konkret überlegen Menschen, die mir unendlich wichtig sind, wo sie leben wollen, und ich komme in diesen Plänen nicht vor. Das finde ich schlimm, denn unter ihnen sind einige, mit denen ich gern planen würde.

Es ist ein Gefühl, als ob die anderen schon aufbrechen in ihren Booten, einer am linken, einer am rechten Ruder, und ich weiß nicht genau, ob ich noch wegkomme.
Banal nennt man das wohl Torschlusspanik. Aber es ist nicht so sehr die Frage, ob ich das zeitlich noch schaffe, sondern ob es (a) möglich ist, und (b) ist es gerade ein Gefühl, als ob ich Menschen verliere, die mir wichtig sind, weil sie anderweitig planen. Weil sie weggehen.

Das ist nicht rational, natürlich, und es erstaunt mich, dass dieses Gefühl gerade kommt. Es ist ein bitteres, schwaches und weinerliches Gefühl, und ich gefalle mir so nicht. Es ist, als wäre die heteronormative Matrix mich von hinten angefallen, und viele alte Ängste und Sorgen sind wieder da.

Unguterweise kommt Cullawine natürlich in diesem Gedankenzug ebenfalls vor, denn Cullawine war – so meine augenblickliche Interpretation – meine Chance für das Boot, war eine wunderbare Frau, die nach wie vor in meinem Herzen ist, und deren Entscheidung, mich nicht sehen zu wollen, mir wehtut, und war eben das Angebot: Hier, J., so würde es gehen. Jemand will dich.

Und ich konnte nicht wollen, mir war nicht wohl dabei. Und obwohl ich durchaus auch Zugang habe zu der Wahrheit, dass wir keine erfüllende Beziehung hatten, dass wir uns gegenseitig nicht gutgetan haben, so ist da doch auch das Gefühl von Scheitern sehr stark. Ich scheitere an dem, was all meinen Freunden gelingt, und das Vermissen von Cullawine kommt noch obendrauf.

Uff. Was für ein bitteres, schwaches und weinerliches Gefühl.

Beim Wäschezusammenlegen legte ich auch mein T-Shirt zusammen, auf dem steht “Monogamie ist keine Lösung”. Ich merkte: Das glaube ich nach wie vor. Die Krise im Moment scheint mir nicht auflösbar durch ein Verleugnen meiner Wünsche.
Es ist mehr die Frage nach der Umsetzbarkeit dieser Wünsche als die Frage nach der Richtigkeit, mehr die Frage “Schaff ich das?” als “Darf ich das?”.

Immerhin.

Die therapeutische Frage, die ich mir selbst dazu stellen würde, wäre: “Was würden Sie denn brauchen, um diese Wünsche umzusetzen”. Die Antwort ist noch dabei, zu kommen, aber ich hoffe, sie braucht nicht mehr lang.

Sicherer sein, dass ich okay bin, dass mein Weg okay ist.

Das war die Wahrheit im letzten Monat. Sie ist schwerer als gedacht.

Herrgott, was war ich gestern auf einer wunderbaren Feier. Eine so große Seligkeit, ein solcher Frieden, ich war noch heute die ganze Zeit wie besoffen von der Zufriedenheit.

Eine gute Freundin von Paikja macht immer mal wieder eine kleine Feier, diesmal anlässlich ihres Geburtstags, und besagte Freundin kennt einfach nur wunderbare Menschen. Zarte, fühlige, ehrliche Menschen, die sich nicht schämen, und die sich von vielen Zwängen schon befreit haben.
Da kann geweint werden und gelacht, geschmust und getanzt, es wird geküsst und geredet, und alles fließt ineinander, wie es eben ineinander fließen muss, wenn alles frei fließt.

Ungefähr diese Art des Miteinanders ist mein Traum, darin sind die Dinge, die ich mit “freies lieben” umschreibe, realisiert. Unabhängig von der Anzahl der Partner oder der Form der Beziehung: Diese Art zu leben ist ziemlich genau das, was ich erreichen will.

Ich glaube, eine der Frauen hätte mich auch gern mit nach Hause genommen, und der Grund, dass ich dazu keine Lust hatte (ganz egal ob ich die Signale richtig gedeutet habe oder nicht), reiht sich in die schönen Seiten des Abends perfekt ein: Ich war bereits so voller Liebe und Glück, dass die Aussicht auf eine zärtliche Nacht zu zweit mir nicht als Steigerung erschien, sondern fast wie ein banales Ende einer unglaublich schönen Nacht, so als wäre all die Zärtlichkeit und Nähe nur ein Weg hin zu Sex.

Ist natürlich irgendwie Quatsch, die Nacht wäre sicher völlig traumhaft geworden. Wunderbare Frau. Aber das Gefühl war eben wie es war.

Außerdem war ich müde.

Mr Review sorgt sich, das finde ich nett, und so komme ich seiner Bitte nach und melde mich nochmal. Tatsächlich fällt die Bitte in eine Phase, in der ich von mir selber sage: Es hat sich was getan.

Cullawine und ich hatten in der Zwischenzeit noch mal ein Gespräch, in dem deutlich wurde: Hier ist etwas kaputtgegangen. Vorher, als wir innerhalb der WG täglich miteinander umgehen mussten, war für diese Erkenntnis kein Raum, da war das “Es ist schwer” sehr im Vordergrund. Nach diesem Gespräch war, das traurig war, aber auch fair und ehrlich, wollten wir uns erstmal nicht sehen. Was folgte, war bei mir erstmal eine Weile Trauer und Hilflosigkeit. Es ist ja leider nicht so, als wäre die Entscheidung gegen die Beziehung so eindeutig in mir gewesen, wie ich sie habe durchziehen müssen. Denn die schlechten Sachen, die ich loszuwerden hoffte (Schuld, Enge, Kopfkino, Erwartungen), gingen natürlich einher mit vielen guten Dingen. Nähe, gemeinsamer Alltag, und schlicht und einfach: Sie. Sie fehlt mir immer noch. Zwar glaube ich auch, dass ich mich richtig entschieden habe – zu einer Beziehung gehört einfach doch auch Übereinstimmung in den Vorstellungen, und nicht nur Liebe, aber natürlich blieb eine Trauer.

Danach kam eine große Ablenkung, eine Art Urlaub von dieser Trauer. Ich hatte vermutlich schlicht keine Kraft mehr, mich weiter damit zu beschäftigen, und – aus den Augen, aus dem Sinn – Cullawine war innerlich weiter weg.

Irgendwann kommt man sich bei sowas aber selbst auf die Schliche, und stellt fest: Man lenkt sich von sich selber ab. Seit einigen Tagen sind die Gedanken an Cullawine wieder öfter da, aber durchaus ein bisschen verändert. Anstatt “Wie komm ich wieder klar?” ist da wieder mehr Platz für ein “Wie kommen wir wieder klar?”.

Ich habe in der Zwischenzeit begonnen, morgens eine Meditation zu machen (ein Freund von mir konnte mich darin anleiten), weil ich das Gefühl hatte, bestimmte Gedanken und Gefühle viel zu schnell durch die Kopfmaschine zu schicken. Aus einem “Ich vermisse Cullawine” wurde unmittelbar ein undurchdringliches Gewirr von “Liebe ich sie noch?”, “War es falsch die Beziehuung zu beenden, hätten wir es schaffen können?”, “Stopp, J., geh nicht dorthin zurück, du machst dich unfrei”, “J., du kannst nicht immer so hin und her, du tust ihr damit weh” und was weiß ich nicht alles.
Die Meditation erschien mir als gute Übung, um Gefühle und Gedanken erstmal zu haben, bevor man sie analysiert.

Das ist natürlich ein Weg, vermutlich eher ein langer als ein kurzer, und in den Überlegungen, wieder Kontakt aufzunehmen, gehen die Gedankenketten schon wieder eher los. Aber immerhin ist wieder Raum für diese Überlegungen, der Schutzwall wird langsam weggeschaufelt, und ich bin ja ausgebildet, kleine Veränderungen wahrzunehmen.

Ich glaube, ich weiß sogar, was ich bräuchte, damit es weitergeht (und wie ich soeben lese, wenn ich den Beitrag hier drunter anschaue, wusste ich es auch Anfang April schon): Mehr zu mir stehen. Sicherer sein, dass ich okay bin, dass mein Weg okay ist, dass meine Liebe zu Cullawine okay ist aber eben auch meine Entscheidung, keine Beziehung mit ihr führen zu wollen.
In meiner Vorstellung sehe ich uns irgendwann miteinander reden, und beide stabil sein. Wenn sie weint, will ich mit ihr fühlen, aber keine Schuldgefühle haben. Wenn ich weine, will ich das tun können, ohne Rationalität und Gedanken über Berechtigung, zu weinen.

Noch bin ich nicht da, das merke ich, aber immerhin – die Schuldgefühle nehmen ab, ich traue mich wieder öfter, meine Gefühle zu haben und manchmal sogar, stolz darauf zu sein. There is a path.

Ich hoffe und wünsche sehr, dass bei Cullawine auch gute Dinge geschehen. Auch darum wächst das Bedürfnis, von ihr zu hören, denn ich fände es so schön, wenn es ihr besser ginge. Ich hab sie immer am meisten geliebt, wenn sie stark war.

Jetzt, wo die Trennung und der Auszug geschehen sind, kümmere ich mich mehr um mich. Nach wie vor bin ich zwar froh, dass Cullawine und ich in Kontakt bleiben, wir einen gemeinsamen Umgang suchen, aber ich stelle auch immer mehr fest, was bei mir so alles passiert ist, und dass ich mich darum kümmern muss und möchte.

Das vorrangigste und schlimmste: Dinge, die mich ausmachen, sind aufgeladen mit Schuld und dem Gefühl, sie wären falsch. Solche Setups machen einen ganz schnell psychisch krank, also schnell da ran.

Vorweg: Ich werfe Cullawine nichts vor. Auch sie kann nicht aus ihrer Haut, und ich habe mich selber entschieden, ihre Erwartungen zu erfüllen zu versuchen. Aber jetzt stehe ich da und will da raus.
Immer noch meldet sich ein schlechtes Gewissen, wenn ich Menschen nah komme, sowohl körperlich wie seelisch. Die Hemmung sitzt tief.
Es kommt der Impuls, jemanden zu küssen, einfach flüchtig auf die Wange, weil es ein schöner Moment ist und Liebe in mir ist, und das schlechte Gewissen kommt mit. Es sind Gedanken von Vergleich (“Darf ich hier lieben, wenn es mir bei Cullawine nicht gelungen ist?”) und Schuld (“Wenn Cullawine das wüsste, wäre sie verletzt”), die sofort wachwerden, und ich will sie nicht haben.
Ich will sie nicht haben, weil ich die Liebe in mir für etwas Gutes halte, so pathetisch das klingt. Ich will sie äußern können, will sie leben können. Ich lese von Mehrfachbeziehungen von Liebe ohne Eifersucht, davon, dass Menschen ganz (wirklich ganz) sie selbst sein können, und mein Herz geht mir auf. Das ist mein Weg.

Ich muss ihn jetzt freischaufeln. Sein, wer man ist. Zu dem stehen, was man will. 2008 wird das Jahr sein (hoffe ich), in dem ich Entscheidungen treffe, die mich näher zu mir führen. Immer wieder überlege ich, treuer zu mir zu stehen. Das würde vor allem bedeuten, mich mehr mit Gleichgesinnten zu umgeben. Es strengt so an, immer wieder anders zu sein, die eigenen Gefühle nie in einer Normalität aufgehoben zu fühlen. Kein Wunder, dass sich bestimmte Dinge falsch anfühlen…

Gestern sprach ich über die handfesten, unterschiedlichen Vorstellungen, die Cullawine und mir sehr erschweren, eine gemeinsame Beziehung zu führen.
In den letzten Tagen fällt mir immer mehr auf: Ganz so klar ist mein Standpunkt leider nicht. “Leider”, weil es natürlich sehr bequem ist, einen klaren, sicheren Standpunkt zu haben.

Ich hatte in der Beziehung immer das Gefühl, viel aufgeben zu müssen. Flirts, Zärtlichkeiten, wilde Nächte, Freiheit… Teile davon sind tatsächlich Punkte, von denen ich glaube, Cullawine hat da eine Schwäche und müsste lernen, lockerer zu sein.
Bei anderen Punkten, und die wilden Nächte gehören dazu, stelle ich fest: Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, würde mir das auch schwerfallen. Ich würde mich ebenso zurückgewiesen und ungeliebt fühlen. Bei Marveille war es auch so, dass über die vielen anderen wichtigen Menschen in ihrem Leben, mit denen es um Liebe und Sex ging, für mich irgendwann nicht mehr spürbar war, ob sie mich eigentlich auch liebt und begehrt. Dieses fehlende Gefühl hat dann für mich nach einiger Zeit den Ausschlag gegeben, den Kontakt abzubrechen…

Das ist natürlich seltsam: Ich selber habe ja sowohl Zugang zu meiner Liebe für Cullawine als auch zu meinem Wunsch nach sexueller Freiheit. Für mich ist ganz klar, dass letzteres für mich ersteres nicht schmälert. Aber doch weiß ich auch: Umgekehrt würde mir das ebenfalls wehtun.
Und dann wird für mich sogar verständlich, dass andere, kleinere Punkte ebenfalls schwierig für Cullawine werden, weil sie sich dann fragt: Ist das schon so viel wie das, was mir wehtut?
Wie soll sie denn locker sein, wenn sie weiß, ich möchte eigentlich Dinge, die schwer für sie sind?

Dieser Konflikt – ich habe das Bedürfnis nach sexueller Freiheit, und ich habe Verständnis dafür, dass Cullawine darunter leidet – ist nicht direkt auflösbar. Ich halte (rational) drei Wege für möglich, damit umzugehen.
Der erste ist: Da diese beiden Seiten nicht übereinzubringen sind, war die Trennung richtig, und eine Beziehung würde nicht gehen. Ging nicht, geht nicht. Punkt, aus, Ende der Fahnenstange.
Der zweite ist: Wenn ich doch verstehe, dass Cullawine unter bestimmten Punkten leidet, wenn ich selber auch drunter leiden würde – wie zur Hölle kann ich dann behaupten, man könne das verstehen? Dann müsste ich einsehen: Da passt irgendwas nicht.
Der dritte Weg ist: Wenn es in mir Verständnis für die Verletzlichkeit gibt, obwohl ich gleichzeitig doch auch weiß und spüre, dass sie unnötig wäre, muss es eigentlich einen Weg geben, das zu integrieren, sodass die Verletzlichkeit verschwindet. Dieser Weg hat vermutlich viel mit Kompromissen und mit Ehrlichkeit zu tun, und mit sehr viel Arbeit. Es ist wahrscheinlich der Weg, den wir die ganze Zeit versucht haben, und auf dem wir leider nicht weiterkamen.

Augenblicklich sind wir viel in Kontakt, sprechen viel, fühlen viel nach, bleiben offen. All das scheint mir in jedem Fall richtig zu sein.
Die Frage ist nur: Welcher Weg ist das?
Ein Ziel haben wir nicht. Noch ist der Weg also nicht klar. Wir folgen unseren Bedürfnissen, und das ist richtig so, aber vermutlich steht irgendwann doch einmal die Entscheidung für einen dieser Wege an.
Oder vielleicht gerade nicht, und was ansteht, ist schlicht, weiter zu gehen, ganz ohne Ziel?

Ihr seht, ich bin konfus.